Streit der Woche: Braucht Deutschland Killerdrohnen?
Unbemannte Flugobjekte mit der Lizenz zum Töten. Das könnte es auch bald in der Deutschen Bundeswehr geben. Zukunftsmusik oder Horrorszenario?
„Früher war der Krieg noch menschlicher“, hat mein Geschichtsprofessor im Unterricht gesagt, wenn er von den Punischen Kriegen erzählt hat. Soweit Krieg „menschlich“ ist. Da hat man noch mit der Lanze selbst zustechen müssen und dem Sterbenden noch ins Gesicht geschaut. Ein persönlicher Krieg. Von Mann zu Mann. Aber mein Geschichtsprofessor hat einen Denkfehler gemacht: Menschlich ist nämlich nicht der Krieg, sondern der Erfinderreichtum. Der Mensch, das denkende Wesen.
Mit der Zeit wurden Lanzen durch Feuerwaffen ersetzt und Feuerwaffen weichen immer mehr ferngesteuerten Zerstörungsmaschinen. Die Kriegsführung ist längst technologisiert und dem Feldzug entwachsen. Heute kann per Knopfdruck observiert, anvisiert und unschädlich gemacht werden. Sogenannte UAVs machen das möglich. "Unmanned Aerial Vehicle" – also Drohnen.
Was in den USA in Form von bewaffneten Drohnen seit längerem zu militärischen Operationen in Afghanistan, Pakistan oder dem Yemen gehört, könnte in Zukunft auch bei Einsätzen der Deutschen Bundeswehr bald Realität werden. Verteidigungsminister Thomas de Maizière von der CDU macht nun Druck.
„Ab 2014/2015 brauchen wir eigene unbemannte Luftfahrzeuge, die sofort verfügbar und einsetzbar sind“, sagt de Maizière. Seit die Bundeswehr in Afghanistan zu Aufklärungszwecken drei unbewaffnete UAVs gesteuert hat, soll es nun einen Schritt weiter gehen, hin zu bewaffneten Drohnen. Aber warum braucht Deutschland diese Drohnen?
Den kompletten Streit der Woche lesen Sie in der sonntaz vom 16./17. Februar 2013. Am Kiosk, eKiosk oder gleich im Wochenendabo. Und für Fans und Freunde: facebook.com/sonntaz.
„Wenn es eine gefährliche Situation gibt, kann sehr präzise sofort eine Rakete so abgefeuert werden, dass unsere Soldaten geschützt werden“, so der Verteidigungsminister. Damit wären auch Zivilisten geschützt. Eine höhere Treffsicherheit bedeutet eine niedrigere Opferquote. Pragmatismus und Effizienz auf der ganzen Linie. Der Kurs der SPD ist dem der CDU sehr nahe.
Pragmatisch, praktisch – gut?
Kritiker kommen vor allem aus der Linkspartei. Bewaffnete Drohnen sind Killer-Maschinen die automatisiertes Töten ermöglichen, sagen sie. Grüne und FDP halten sich im Hintergrund der Diskussion. Der Mensch wird vom Kriegsschauplatz weggeführt, um eine emotionale Distanz zur Tätigkeit zu schaffen. Das ermöglicht nüchternes Agieren. Krieg per Joystick – wie in den USA schon lange üblich.
Ferngesteuerte Flugwaffen bedeuten immer eine Ambivalenz aus Kontrollgewinn und Kontrollverlust. Koordinaten, Zielberechnungen und Einsätzpläne ermöglich Präzision. Aber auch Abstand. In der Psychologie wird von „Aggressionshemmung“, auch Tötungshemmung, gesprochen, wenn Menschen Mitleid empfinden. Ein Mechanismus, der durch persönlichen Kontakt entsteht. Und durch Abstand aufgehoben wird.
Aus militärischer Sicht ist die Drohne eine brauchbare Waffe. Und laut Verteidigungsminister de Maizière nicht unbedenklicher als andere eingesetzte Waffen. Torpedos etwa werden auch ferngesteuert. „Ein unbemanntes Flugzeug ist rechtlich, ethisch, technisch genauso zu behandeln, wie ein bemanntes. Das Grundrecht muss eingehalten werden und wir brauchen einen Mandatsbeschluss von Bundesregierung und Bundestag“, sagt er.
Was sagen Sie? Braucht Deutschland bewaffnete Drohnen?
Diskutieren Sie mit! Sind bewaffnete Drohnen positiv oder negativ zu bewerten? Die sonntaz wählt unter den interessantesten Kommentaren einen oder zwei aus und veröffentlicht sie in der sonntaz vom 16./17. Februar. Der Kommentar sollte etwa 900 Zeichen umfassen und mit dem Namen, Alter und der E-Mail-Adresse der Autorin oder des Autors versehen sein. Oder schicken Sie uns bis Mittwoch, 13. Februar, eine Mail an: streit@taz.de
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Debatte um SPD-Kanzlerkandidatur
Schwielowsee an der Copacabana
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
BSW und „Freie Sachsen“
Görlitzer Querfront gemeinsam für Putin
Papst äußert sich zu Gaza
Scharfe Worte aus Rom
Wirtschaftsminister bei Klimakonferenz
Habeck, naiv in Baku
Hype um Boris Pistorius
Fragwürdige Beliebtheit