Textiler Schutz vor Drohnen: Die Klamotte zum Verstecken
Für den Kampf gegen Big Brother haben der Designer Adam Harvey und seine Kollegin Johanna Bloomfield eine extravagante Kollektion entworfen: „Stealth Wear“.
Der Einsatz unbemannter Fluggeräte bei Großdemos oder Fussballspielen ist längst keine Zukunftsmusik mehr. Eigentlich sollen sie nicht über Menschenmassen fliegen, da sie eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstellen. Daran hält sich die Polizei nicht, wie der Drohnen-Flug beim Castortransport 2010 beweist.
Wenn also Sicherheitsorgane oder private Unternehmen sich dieser Technologie vermehrt bedienen, um zu beobachten, was auf den Straßen so passiert, dann ist es an der Zeit, sich zu schützen. Ein ziviler Drohneneinsatz führt schnell zu einer Datenschutzverletzung, auch wenn die Polizei glaubt, damit Straftaten zu verhindern.
Was also gegen diese totale Überwachung tun? Entweder werden die Dinger vom Himmel geholt oder es muss sich nach friedfertigeren Alternativen umgeschaut werden.
Der Modedesigner Adam Harvey hat sich mit seiner Kollegin Johanna Bloomfield ernsthafte Gedanken zur textilen Sicherung des Datenschutzes gemacht. Im Januar präsentierten sie in London das Ergebnis dieser Zusammenarbeit: „Stealth Wear“. Harvey und Bloomfield haben drei verschiedene Ich-verstecke-mich-Kleidungsstücke, sowie ein T-Shirt und eine Handy-Tasche für diese Kollektion entwickelt. Die Intention der beiden Künstler ist es, die Menschen mit diesen Gewändern der Überwachung von Drohnen zu entziehen.
Inspiriert von islamischer Bekleidung sind der Schal und die Burka - nur eben in metallenen Farben. Der Hoodie, Kernstück dieser Kollektion, sieht eher aus wie eine Kapuze für Waldläufer im Jahr 2984. Weniger futuristisch wirken T-Shirt und Handy-Tasche.
Aufgrund einer speziellen Metalllegierung aus Silber, die die beiden Künstler entwickelt und in die Fasern der Kleidung verarbeitet haben, wird die Thermalsignatur der TrägerInnen vor den Infrarotkameras der Drohnen versteckt. Das T-Shirt schützt vor Röntgenstrahlung - sehr hilfreich bei Bodyscannern.
Zielgruppe: Politische AktivistInnen
Wer nun denkt, sich gänzlich vor den Kameras der Drohnen verstecken zu können, wird allerdings enttäuscht. Unsichtbar werden Menschen durch die Kleidung nicht. Bei Tageshelligkeit können sie trotzdem von den Kameras der unbemannten Flugobjekte erfasst werden. Aber die Wärmebildfotos auf der Homepage des Künstlers sollen beweisen, dass die Klamotten tatsächlich die thermische Strahlung des Körpers größtenteils verbergen und seine TrägerInnen dadurch nachts schwerer auszumachen sind.
Die Handy-Tasche „OFF Pocket“ ist wasserdicht, lässt Funksignale weder raus noch rein. Handys, die in dieser Tasche aufbewahrt werden, können von entsprechenden Technologien nicht geortet und ausspioniert werden. Trotzdem sie totale Abschirmung garantiert, ist die Tasche aus einem flexiblen Material gefertigt und nicht starr oder klobig.
Vornehmlich sei seine „Stealth Wear“ ein Kunst- und Modeartikel, betont der New Yorker Designer gegenüber der britischen Tageszeitung The Guardian. Ihm sei bewusst, dass seine Kreation der Zeit voraus ist. Es werde sich noch herausstellen, wer nun wirklich diese Kleidung kaufen wird, und das hänge mit den künftigen Einsatzarten der Drohnen zusammen, so Harvey. Eine mögliche Zielgruppe wären politische AktivistInnen. Doch können die sich tatsächlich die „Stealth Wear“ leisten? Sie wird bestimmt nicht günstig sein.
Bevor er seine Anti-Drohnen-Kleidung entwarf, hat Adam Harvey das Camouflage-Make-up entwickelt. Es handelt es sich um ein Styling, das es in Kombination mit Make-up und spezieller Frisur möglich macht, sich der Gesichtserkennung auf öffentlichen Plätzen zu entziehen. Harveys Mode für den totalen Überwachungsstaat wird bestimmt demnächst vom Bundesdatenschutzbeauftragten empfohlen - und auch selbst getragen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Prozess zu Polizeigewalt in Dortmund
Freisprüche für die Polizei im Fall Mouhamed Dramé
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Proteste in Georgien
Wir brauchen keine Ratschläge aus dem Westen
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Kohleausstieg 2030 in Gefahr
Aus für neue Kraftwerkspläne
Syrien nach Assad
„Feiert mit uns!“