Streikrecht von Berufsgewerkschaften: Tarifeinheitsgesetz nicht gestoppt
Drei kleine Gewerkschaften, darunter Cockpit, scheitern mit einem Eilantrag vor dem Verfassungsgericht. Eine Entscheidung fällt erst Ende 2016.
Das Tarifeinheitsgesetz ist seit Juli in Kraft. Es will vermeiden, dass in einem Betrieb zwei unterschiedliche Tarifverträge gelten. Wenn es keine freiwillige Einigung gibt, dann soll künftig nur der Vertrag der Gewerkschaft wirken, die im Betrieb mehr Mitglieder hat. Die Gesetzesbegründung geht davon aus, dass Arbeitsgerichte Streiks von Minderheitsgewerkschaften künftig als unverhältnismäßig verbieten werden - da deren Tarifverträge eh wirkungslos bleiben.
Dagegen haben mehrere Berufsgewerkschaften geklagt, die sich in ihrer Existenz bedroht sehen. Drei Gewerkschaften haben auch einen Eilantrag gestellt: Die Ärztegewerkschaft Marburger Bund, die Pilotenvereinigung Cockpit und der Deutsche Journalisten-Verband (DJV).
Der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts lehnte eine Aussetzung des Gesetzes nun ab. Die Verfassungsbeschwerden seien zwar weder unzulässig noch unbegründet, für die vorläufige Aussetzung eines Gesetzes bis zum Urteil müssten jedoch besonders schwere Nachteile drohen, die nicht oder nur sehr schwer revidiert werden können. Erforderlich wäre zum Beispiel, dass eine Gewerkschaft keine Tarifverträge mehr schließen könnte oder dass sie so stark an Mitgliedern verliert, dass ihre Tariffähigkeit gefährdet ist. Die Gefahr derartiger Entwicklungen konnten die klagenden Gewerkschaften nicht aufzeigen.
Die Richter wiesen jedoch darauf hin, dass die betroffenen Berufsgewerkschaften jederzeit einen neuen Eilantrag stellen können, wenn sich Konflikte zuspitzen. Faktisch hat Karlsruhe die Arbeitgeber und die großen DGB-Gewerkschaften damit aufgefordert, das Gesetz bis zur Entscheidung im nächsten Jahr möglichst wenig anzuwenden.
(Az. 1 BvR 1571/15 u.a.)
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