Streik an Berliner Krankenhäusern: Nicht leichtfertig
Krankenhausmitarbeiter:innen haben diese Woche gestreikt – für Entlastung und gleichen Lohn für gleiche Arbeit. Ihr Mut ist bewundernswert.
W enn ich wegen einer Verletzung ins Krankenhaus muss, will ich nicht von überarbeiteten Pfleger:innen versorgt werden, sondern von solchen, die auf meine Bedürfnisse eingehen können, die Zeit haben, um mal in Ruhe ein Pausenbrot zu essen, solchen, die selbst ohne Schuldgefühle krank werden können. Doch Pfleger:innen und andere Krankenhausmitarbeiter:innen sind überarbeitet und finden kaum Zeit, sich Patient:innen in Ruhe zu widmen.
Deswegen streikte diese Woche das Personal an Berliner Krankenhäusern. Es sieht sich nicht imstande, seine Arbeit so auszuführen, dass sie den Patient:innen gerecht wird. Es streikten unter anderem Auszubildende, Hebammen, Mitarbeiter:innen in den Küchen und Laboren und Pfleger:innen, die bei Vivantes, der Charité oder ihren Tochtergesellschaften angestellt sind.
Sie gehören zur Berliner Krankenhausbewegung, die Entlastung und gleichen Lohn für die gleiche Arbeit fordert. Denn im Moment verdient man bei den Tochtergesellschaften wesentlich weniger.
Vivantes erwirkte gegen die Streikenden zwei einstweilige Verfügungen, der Streik von Mitarbeiter:innen wurde kurzzeitig untersagt – bis das Berliner Arbeitsgericht am Dienstag bestätigte, dass gestreikt werden darf.
Gefährliche Arbeitsbedingungen
Das ist wichtig, weil sich wohl kaum jemand besser für die Mitarbeiter:innen im Krankenhaus einsetzen kann als diese selbst. Die Wut über ihre Arbeitsbedingungen ist berechtigt, ihr Arbeitskampf ist seit Mai absehbar. Der Mut, die Arbeit zu bestreiken, um Forderungen durchzusetzen, ist bewundernswert: Diejenigen, die jetzt streiken, haben sich dagegen entschieden, wie andere Kolleg:innen den Beruf zu verlassen. Sie kommunizieren ihre Grenzen klar und zeigen Handlungsoptionen auf, die sie motivieren, weiterhin das zu machen, worin sie jahrelang ausgebildet wurden. Niemand lernt einen Beruf, damit er ihn hinterher aufgibt.
Die Streikenden verlassen ihre Arbeit dabei nicht leichtfertig. Intensivpflegerin Sultan Yologlu sagte über die Frage einer möglichen Gefährdung von Patient:innen durch Streiks in der RBB-Abendschau: „Das, was vorher war, das war gefährlich. Dass ich drei Patienten, vier Patienten auf einer Intensivstation versorge, das ist gefährlich.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Anbrechender Wahlkampf
Eine Extraportion demokratischer Optimismus, bitte!
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“