piwik no script img

Strategiepapier zur RüstungspolitikSPD für europäische Armee

Die SPD-Fraktion will den Weg für eine „Vereinigte Armee von Europa“ ebnen. Eine Arbeitsteilung bei den militärischen Fähigkeiten sei „ohne Alternative“.

Problembehaftete Rüstungsprojekte seien vermeidbar, wenn die beteiligten Staaten auf nationale Sondermodelle verzichten. Bild: dpa

BERLIN dpa | Die Bundeswehr sollte nach dem Willen der SPD bei Rüstungsprojekten und der Verteidigung noch viel enger mit den Armeen anderer EU-Staaten zusammenarbeiten. In einem Positionspapier zur „Europäisierung der Streitkräfte“, das der verteidigungspolitische Sprecher der Bundestagsfraktion, Rainer Arnold, am Donnerstag in Berlin vorstellte, wird ein ständiges militärisches Hauptquartier der EU gefordert. Dadurch soll die „ständige Einsatzbereitschaft“ der europäischen Streitkräfte sichergestellt werden.

Weitere notwendige Schritte seien die Schaffung einer europäischen Militärakademie, ein Marinehauptquartier Ostsee, der Ausbau der europäischen Gendarmerie und mehr gemeinsame Manöver. Bei all diesen Maßnahmen sei die enge Abstimmung mit Frankreich enorm wichtig. „Die Vereinigte Armee von Europa - das ist unsere langfristige politische Vision“, hieß es aus der SPD-Fraktion.

Angesichts knapper Mittel in allen europäischen Verteidigungshaushalten sei eine Arbeitsteilung bei den militärischen Fähigkeiten „ohne Alternative“, betonte Arnold. Eine weitgehend national ausgerichtete Rüstungsindustrie sei nicht mehr überlebensfähig. Es gebe derzeit allein mehr als 20 europäische Programme für gepanzerte Fahrzeuge und sechs verschiedene U-Boot-Programme. Dies seien „kostspielige Überschneidungen“.

Aus für Nationale Sondermodelle wie „Eurofighter“

Im Verteidigungsministerium und bei der Truppe gibt es Bedenken - nicht zuletzt, weil Frankreich außen- und verteidigungspolitisch ein sehr hohes Maß an Selbstständigkeit demonstriert. Aus französischer Sicht waren es zuletzt allerdings eher die Deutschen, die eine deutlich engere Zusammenarbeit behindert hatten. Unvergessen ist beim Nato-Partner die deutsche Entscheidung, sich nicht an „Awacs“-Aufklärungsflügen über Libyen zu beteiligen.

Kritiker warnen außerdem vor dem Aufbau eines ständig besetzten EU-Militärhauptquartiers, weil dies enorme Ressourcen verschlingen würde. Zudem waren mehrere multinationale Rüstungsprojekte der vergangenen Jahre besonders langwierig und problembehaftet - vom „Eurofighter“-Kampfjet über das Transportflugzeug A400M bis zu den NH90-Hubschraubern. Diese Probleme seien vermeidbar, wenn die beteiligten Staaten auf nationale Sondermodelle verzichteten, sagte Arnold: „Ich habe mir geschworen, meine Hand geht nicht mehr hoch, wenn verschiedene Versionen gebaut werden sollen.“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

5 Kommentare

 / 
  • 4G
    4845 (Profil gelöscht)

    Das ist mal wieder zu Kurz gedacht. Was Europa braucht ist eine europäische Konföderation mit eigenem, unabhängigen Verteidigungsbündnis ohen USA/NATO und ohne Rußland!

  • Seltsam, das! DIE SPD (vermutlich sind es wieder eher ihre "führenden Köpfe") scheint sich eher um die Restwelt und deren Bewohner zu scheren als um Deutschland und die da verbliebenen Wähler. Wobei die Restwelt ausschließlich eine Frage für SPD-Militärstrategen zu sein scheint. Dass ausgerechnet in dem Zusammenhang das Merkel-Mantra von der Alternativlosigkeit übernommen wurde, wundert nicht.

     

    Erstaunlich finde ich bloß, dass die SPD-Bundestagsfraktion ihren Sprecher ausrichten lässt, 20 europäische Programme für gepanzerte Fahrzeuge und sechs verschiedene U-Boot-Programme wären "kostspielige Überschneidungen" und gehörten abgeschafft. Wie das zum sonst so wichtigen Ziel der Sicherung von Arbeitsplätzen in der Rüstungsindustrie passt, ist mir echt ein Rätsel. Vermutlich ist die SPD sich ziemlich sicher, dass Waffen Made in Germany auch künftig allen anderen den Rang ablaufen werden. Vor allem den französischen. Falls doch nicht, wird man im Willy-Brandt-Haus immerhin das gute, sichere Gefühl besitzen, auf Seiten der künftigen Wettbewerbssieger gestanden zu haben. Wiel man ja alles Geld, das künftig noch für Waffen ausgegeben wird, auf einen möglichst großen Haufen kippt in Euroland. Der MIK hat wohl bisher noch nicht genügend Macht. Zumindest seiner Ansicht nach. Und aus der Sicht der SPD, die sicher schwören kann, dass es ihn gar nicht gibt.

     

    [Die Moderation: Kommentar gekürzt.]

  • Die Diktatur des Proletariats hilft nun auch wenig, die ja auch nur zur Diktatur des Apparates wurde.Die europäischen imperialen Streitkräfte werden nun auch mithelfen die Interessen europäischer Großkontenbesitzer global durchzusetzen, d.h das Ruhe herrscht in der jeder seinem Geschäft nachgehen kann das der Erde, den Menschen Land, Ressourcen und Zukunft entreißt, regionale Strukturen zerstört und eine Giftmülldeponie hinterlässt.

    Möge die Fäulnis mit euch sein.

  • Ungeschminkte historische Fakten zur sozialfaschistischen Konvergenzpartei der Finanz-, Rüstungs- und Monopolbourgeoisie:

     

    I.) Die (historische) sozialdemokratische Führung für die militärische Aufrüstung und für den Krieg 1914 (im Ergebnis: I.WK).

     

    II.) Die sozialdemokratische Partei und Gewerkschaftsführung für die widerstandslose Übergabe der Staatsmacht an die Kapitalfaschisten 1933.

     

    III.) Die SPD-Fraktion im Deutschen Bundestag für die (offene) Vorbereitung eines III.Weltkrieges (?) -- mit Nuklearwaffen. *

     

    * [Damit auch für ein Ende der Geschichtsschreibung.]

  • So völlig neu ist die Idee aber auch nicht. Es war ja schon mal im Gespräch, dass sich die EU-Staaten gewisse militärische Kapazitäten zusammenlegen oder sich einander aushelfen, wodurch z.B. nicht jeder EU-Staat Kampfpanzer braucht oder kleinere EU-Staaten auf eine vollwertige Luftwaffe verzichten können.

     

    Das größte Problem sehe ich aber darin, dass diverse Staaten (wie im Artikel schon angesprochen) Angst um ihre Souveränität haben, weil so kann man nicht mal eben auf eigene Faust irgendwelche Militär-Abenteuer durchziehen wie Frankreich in Mali oder so.

     

    Ich muss auch an diesen taz-Artikel von 2010 denken, bei dem es um den gemeinsamen Betrieb eines Flugzeugträgers von Frankreich und GB ging. Was ist aus dem Projekt eigentlich geworden? http://www.taz.de/!57787/