piwik no script img

Stichwahl um Präsidentenamt in PolenDuda offenbar Wahlsieger

Der amtierende Präsident Andrzej Duda hat nach Angaben der Wahlkommission gewonnen. Er liegt knapp vor seinem liberalen Herausforderer.

Andrzej Duda, der alte und neue Präsident von Polen Foto: Andrzej Iwanczuk/Reporter/imago

Warschau ap/rtr/afp/taz | Bei der Stichwahl um das Präsidentenamt hat Amtsinhaber Andrzej Duda offenbar gewonnen. Wie die Nationale Wahlkommission am Montagmorgen bekannt gab, entfallen auf Duda, der von der nationalkonservativen PiS-Partei unterstützt wird, 51,2 Prozent der Stimmen. Sein Herausforderer Rafal Trzaskowski von der liberalen Bürgerplattform erhielt demnach 48,8 Prozent der Stimmen.

Das sei der Stand nach der Auszählung von 99,97 Prozent der Wahllokale. Die noch nicht ausgewerteten Stimmen würden das Ergebnis nicht mehr maßgeblich ändern, teilte die Nationale Wahlkommission in Warschau mit. Die Endergebnisse sollten später verkündet werden, sagte der Chef der Wahlkommission, Sylwester Marciniak. Möglicherweise werden sich die Zahlen noch etwas ändern, da Duda aber fast eine halbe Million mehr Stimmen als Trzaskowski bekam, dürfte sich an Dudas Sieg nichts mehr ändern.

Zuvor hatte es stets geheißen, mit offiziellen Ergebnissen sei erst im Laufe des Tages zu rechnen. Bei einem knappen Wahlausgang könne es sogar bis Dienstag dauern, weil dann auch die Stimmen der zahlreichen im Ausland lebenden Polen ins Gewicht fallen.

Der Konservative Duda wird von der Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS) unterstützt und strebt eine zweite fünfjährige Amtszeit an. Trzaskowski kandidiert für die liberale Opposition.

Bereits kurz nach Schließung der Wahllokale am Sonntagabend hatten erste Prognosen Duda äußerst knapp vorne gesehen. Demnach entfielen 50,4 Prozent der Stimmen auf den Amtsinhaber, Trzaskowski erhielt 49,6 Prozent.

Duda feiert sich schon am Abend

Andrzej Duda feierte seinen Wahlsieg allerdings schon am Sonntagabend und lud den angeblich Unterlegenen zusammen mit dessen Frau zu sich in den Präsidentenpalast ein. Noch vor Mitternacht wollte er Trzaskowski versöhnend die Hand reichen und vor laufenden Kameras zeigen, dass „wir auch normal miteinander umgehen“ können. Trzaskowski, der noch immer Chancen auf einen Sieg hatte, reagierte reserviert. Auf Twitter antwortete er, dass er das Endergebnis der Wahlen abwarten wolle.

Zudem, so fügten Kommentatoren hinzu, müsste Duda sich zunächst bei Trzaskowski entschuldigen, bevor er sich mit diesem versöhnen könne. Den brutalen und dreckigen Wahlkampf, bei dem der Gegner immer wieder aufs gröbste beleidigt und gedemütigt wurde, könne nicht einfach ungeschehen gemacht werden. Unfair sei es auch gewesen, dass die Nationalpopulisten von der Recht und Gerechtigkeit (PiS), die sowohl die Regierung stellen als auch die absolute Mehrheit im polnischen Abgeordnetenhaus innehaben, mit Milliarden an Steuergeldern den Wahlkampf ihres Kandidaten finanzierten.

Duda selbst hatte das Gesetz unterschrieben, mit dem der Fernsehsender TVP zwei Milliarden Zloty Zuschuss für seine PiS-Propagandasendungen erhielt. Polens Premier Mateusz Morawiecki fuhr tagelang durchs Land und verteilte angeblich Schecks von der PiS an Kreise und Gemeinden, dabei handelte es sich in Wirklichkeit um EU-Gelder, die Polen noch gar nicht zuerkannt wurden.

Geradezu unverschämt war auch eine Rede der First Lady Agata Kornhauser-Duda am Wahlabend. Man werfe ihr oft vor, dass sie in den vergangenen fünf Jahren niemals das Wort in für die Gesellschaft wichtigen Fragen ergriffen habe. Dabei habe sie doch die ganze Zeit geredet – allerdings nicht mit den Medien, sondern mit Polen und Polinnen. Kornhauser-Duda spricht also polnischen Journalisten und Journalistinnen ihre Zugehörigkeit zur polnischen Nation ab, so wie ihr Mann Andrzej Duda im Wahlkampf immer wieder Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Transgender (LGBT) die Menschlichkeit abgesprochen hatte.

Auch wenn die Wahlbeteiligung mit über 67 Prozent außerordentlich hoch war, war diese Präsidentenwahl kein „Fest der Demokratie“. Hass, Lügen und Demütigungen haben ihre Spuren hinterlassen. Grün und blau geschlagen liegt der große Verlierer dieser Wahlen am Boden: Polen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

2 Kommentare

 / 
  • Gestern hui - heute pfui

    Zitat: „Die PiS und Duda sind wegen eines Sozialprogramms beliebt, das die Situation von vielen Familien und Älteren insbesondere auf dem Land verbessert hat.“

    Also weniger wegen ihres anti-europäistischen Paläo-Nationalismus‘. Das führt zu der Frage, was die EU-Liberalen unter Tusk daran gehindert hat, als sie an der Macht waren ein ebensolches Sozialprogramm zu verfechten. Ökonomische Rationalität kann es nicht gewesen sein, wie alle relevanten Daten belegen: Unter dem PiS-Regime wurden Wachstumsraten erzielt, von denen Länder wie Italien, Spanien usw. nur träumen können, und die Weichsel fließt immer noch in die Ostsee...

    Im übrigen wird gern unterschlagen, daß das EU-fromme „Tusk-Lager“ als auch das „Kaczyński-Lager“ gleichermaßen Fleisch vom Fleische der Solidarność sind. Dabei gab es diese Zweiteilung de facto auch schon in deren „Kampf- Phase“ unter dem PVAP-Regime. Mit einem chemisch reinen radikal-liberalen und EU-kompatiblen a-sozialen Transformationsprogramm hätte „Solidarność“ damals keinen Blumentopf gewinnen können, da bedurfte es des klerikal-nationalistischen Kostüms mit sozialem Antlitz. Dies war der Part der-Fraktion der Kaczyński-Brüder, die gleichsam als Chefideologen in Wałęsas Solidarność den Takt vorgaben. Damit wäre zugleich daran zu erinnern, daß die ideologische Verve dieses klerikalen, „antimodernen“, nationalistischen, konservativen und v. a. russophoben Hauptstromes der antikommunistischen Opposition die unverzichtbare und entscheidende politische Schubkraft war, ohne die das Ganze schnell hätte wieder im Sande verlaufen können. Wieso stört heute den Westen ein ideologisches Programm, das ihm damals sehr willkommen war?

    • @Reinhardt Gutsche:

      "Wieso stört heute den Westen ein ideologisches Programm, das ihm damals sehr willkommen war?"

      Ganz einfach: Weil es von gestern ist. Oder würden Sie generell Programme, die vor über 30 Jahren als geeignete Antworten auf damalige Fragen erschienen, heute als Antwort auf gegenwärtige Fragen akzeptieren?

      Abgesehen davon: War der Abbau von Rechtsstaatlichkeit und Gewaltenteilung zugunsten eines zentralistischen Staats auch schon Teil des Programms 1989? Oder 2001, zur Gründung der PiS? Oder 2004, zum EU-Beitritt?