Steve Bannons „The Movement“: Populisten-Klub kommt nicht in Gang

Steve Bannon will eine rechte Bewegung in Europa aufbauen. Doch das Projekt von Trumps Ex-Berater schwächelt.

Steve Bannon in Rom

„Global werden“: Steve Bannon in Rom Foto: dpa

BERLIN taz | Am Dienstag poppt wieder eines dieser Fotos auf. Dieses Mal postet es Jörg Meuthen, Parteichef der AfD und Spitzenkandidat für die Europawahl, auf Twitter. Zu sehen ist Meuthen im Gespräch mit Steve Bannon, dem ehemligen Trump-Berater und Ex-Breitbart-Chef. „Freundliche Begegnung und interessanter Gedankenaustausch heute in Weimar“, schreibt Meuthen dazu. Es ist das erste Treffen der beiden Männer. Fragt man den AfD-Chef, worum es in dem Gespräch ging, schreibt er von „Kennenlernen“ und „einem Austausch über globale und europapolitische Themen“. Sehr verbindlich klingt das nicht.

Ähnliche Fotos wie mit Meuthen gibt es von Bannon auch mit den Spitzen anderer rechtslastiger Parteien in Europa: mit Marine Le Pen von französischen Rassemblement National, mit Italiens Innenminister Matteo Salvini von der Lega, mit Viktor Orbán, dem ungarischen Ministerpräsidenten.

Doch viel mehr als solche Fotos scheint Bannon an sichtbaren Ergebnissen in seiner Zeit in Europa bislang nicht produziert zu haben. Als er im Sommer 2018 angekündigt hatte, Europas Rechte mit seinem neuen Projekt „The Movement“ vereinen zu wollen, war der Knalleffekt noch maximal: Von Brüssel aus werde er an einem Bündnis von Rechtspopulisten feilen, um gemeinsam „einen Pfahl durchs Herz des Vampirs zu schlagen“ – die EU.

Bis heute ist jedoch unklar, was The Movement eigentlich sein soll. Gegründet wurde die Stiftung 2017 von Mischaël Modrikamen, einem ehemaligen Wirtschaftsanwalt aus Brüssel und Protagonisten der rechten belgischen Parti Populaire. Nach Donald Trumps Wahlsieg nahm er Kontakt mit dessen Team auf. „Wir müssen global werden und uns gegenseitig verstärken“, schrieb er. Nach seinem Abschied aus dem Weißen Haus übernahm Bannon die Leitung von The Movement.

Villa vor Brüssel

Modrikamen steht ihm zur Seite und stellt mit seiner Villa vor den Toren Brüssels das Hauptquartier der Bewegung: ein herrschaftliches Anwesen mit schwerem Tor und Auffahrt zum Gebäude. Ein Assistent bringt Besucher herein und bittet, im Studierzimmer Platz zu nehmen. An der Wand erstreckt sich eine imposante Bibliothek.

Modrikamen, 53 Jahre alt, spricht mit leiser, eindringlicher Stimme und in einem Englisch, das für seine Herkunft aus dem frankofonen Belgien durchaus erstaunlich ist. Wie er The Movement beschreibt? „Als Klub, in dem sich alle populistischen Parteien austauschen und unterstützen können.“ Dies beinhalte Zugang zu Daten, Analysen und Kampagnenberatung.

Der bereits für letzten Herbst angekündigte Gründungsgipfel von The Movement wird vor der Wahl nicht mehr stattfinden

So vage wie dieses Vorhaben ist auch die Antwort auf die Frage, wer nun zu dem rechten Superbündnis gehört und wer nicht. Offiziell vorgestellt als Mitglieder wurden bislang Giorgia Meloni, Präsidentin der Fratelli d’Italia, Eduardo Bolsonaro als Brückenkopf in Lateinamerika und der Chef der montenegrinischen Partei Bewegung für Veränderungen (PzP), Nebojša Medojević.

Die alte Garde der identitären Rechten des Kontinents indes steht The Movement ambivalent bis reserviert gegenüber: Rassemblement National, FPÖ, Vlaams Belang oder die niederländische Partei für die Freiheit, allesamt Mitglieder der Rechtsaußen-Fraktion Europe of Nations and Freedom (ENF), gingen bislang eher auf Distanz zu Bannon. Marine Le Pen etwa kann The Move­ment als Forum etwas abgewinnen, doch betont sie: „Wir brauchen keinen amerikanischen Rat, wie wir Europa reformieren.“

„Gladiatorenschule“

Der italienische Innenminister Matteo Salvini hat nach einem ersten Treffen im letzten September ebenfalls wenig Interesse an einer konkreten Zusammenarbeit gezeigt. Gerade die Situation in Italien dürfte für Bannon eine Enttäuschung sein. Seine ebenfalls großspurig angekündigten Pläne, in einem ehemaligen Kloster südöstlich von Rom eine „Gladiatorenschule für kulturelle Krieger“ zu errichten, kommen kaum voran: Die Anwohner protestieren lautstark gegen das Vorhaben, die Genehmigungslage ist unklar, und in der Kartause regnet es durchs Dach.

Derweil laufen die Planungen für die Zeit nach der Wahl. Unter der Führung Salvinis wollen dessen Lega, der Front Rassemblement, die FPÖ und weitere Parteien unter dem Namen Europäische Allianz der Völker und Nationen nach der Wahl eine neue Fraktion gründen. Auch die AfD ist mit von der Partie. Der Spitzenkandidat des belgischen Vlaams Belang, Gerolf Annemans, hält Bannons und Modrikamens Initiative deshalb für überflüssig. Der Fraktion müssten sich hingegen möglichst viele Parteien anschließen: „Es ist sehr wichtig, dass diese Leute so weit es geht 2019 zueinanderfinden.“

The Movement bereits jetzt für tot zu erklären, könnte allerdings voreilig sein: Aus Sicht von Bannon und Modrikamen sind die EU-Wahlen ein Meilenstein, aber nicht der Hauptgrund für das Projekt. „Wir sind mitten in einer Big Battle um die Seele unserer Zivilisation“, so Modrikamen. „Es wird Siege und Rückschritte geben. Die globalistischen Eliten werden nicht verschwinden. Sie werden ihren Platz verteidigen.“

Fest steht jedenfalls: Der ursprünglich bereits für letzten Herbst angekündigte Gründungsgipfel von The Movement wird vor der Wahl nicht mehr stattfinden, wie ein Mitarbeiter Modrikamens gegenüber der taz bestätigt. Offizieller Grund sind die vollen Terminkalender der Mitglieder. Modrikamen selbst ist im nationalen Wahlkampf aktiv – in Belgien wird am 26. Mai auch das föderale Parlament gewählt. Wahrscheinlicher ist allerdings, dass die momentane Zusammensetzung des „Klubs“ nicht für den krachenden Angriff reichen würde, den Bannon angekündigt hatte. Man beschränkt sich vorerst auf eine Handvoll Fotos.

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