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Steuerpläne der LinksparteiDie Linkspartei will Steuern senken

Aber nicht für alle. Reiche sollen bis zu 75 Prozent ihres Einkommens abgeben. Spitzenkandidat Bartsch macht damit auch ein Angebot an SPD und Grüne.

Besonders Menschen mit kleinen Einkommen sollen von Steuerplänen der Linken profitieren Foto: Christoph Hardt/imago

Berlin taz | Die Linkspartei will Menschen mit einem Monatseinkommen von bis zu 6.500 Euro steuerlich entlasten. Der Spitzensteuersatz soll nach den Plänen der Partei künftig erst ab einem Einkommen von 70.000 Euro pro Jahr greifen, bei gemeinsam veranlagten Haushalten ab 150.000 Euro Jahreseinkommen.

Damit die Entlastungen aber keine Löcher in den Staatshaushalt reißen, sollen Menschen, die mehr verdienen, deutlich mehr abgeben. Den Spitzensteuersatz will die Linke auf 53 Prozent erhöhen. Derzeit liegt der Spitzensteuersatz bei 42 Prozent. Zahlen müssen ihn alle, die mehr als 60.000 Euro pro Jahr verdienen.

Wer mehr als 278.000 Euro im Jahr verdient, gilt für die Linkspartei als reich und soll mit einem Steuersatz von 60 Prozent belastet werden. Einkommensmillionäre sollen sogar 75 Prozent an die öffentlichen Kassen abtreten. Allerdings erst ab dem ersten Euro über einer Million.

Der Linken-Fraktionsvorsitzende und Spitzenkandidat Dietmar Bartsch, der die Pläne am Montag erläuterte, nannte sie „leistungsgerecht“. Die Mehrheit der Gesellschaft verdiene zu wenig und gebe zu viel ab. „Wir wollen die Leistungsträger in unserer Gesellschaft entlasten, die Verkäuferin, den Busfahrer“, so Bartsch. In der Tat hätten nicht nur diese, sondern auch Leh­re­r:in­nen und Fach­ar­bei­te­r:in­nen nach den Plänen der Linken mehr im Portemonnaie.

Vermögenssteuer soll Milliarden bringen

Ein Beispiel: So würde eine vierköpfige Familie – sie Erzieherin, er Beschäftigter in der Automobilindustrie – mit einem monatlichen Haushaltsbrutto von 6.250 Euro monatlich 290 Euro weniger Steuern zahlen.

Ein kinderloses Paar mit einem Haushaltseinkommen von 25.000 Euro müsste dagegen monatlich 1.241 Euro zusätzlich in die Staatskassen einzahlen.

Die Einkommensteuerpläne der Linkspartei sollen den Staat nichts kosten und werden flankiert von weiteren Vorschlägen, die zusätzliches Geld in die Staatskassen spülen sollen. So will die Linke eine einmalige Vermögensabgabe für Millionäre zur Bewältigung der Folgen der Coronakrise einführen und zusätzlich eine dauerhafte Vermögensteuer von einem Prozent ab einer Million.

Erstere würde nach Berechnungen der Partei 310 Milliarden Euro in den Bundeshaushalt spülen, mit der Steuer könnten die Länder auf Mehreinnahmen von etwa 50 Milliarden Euro hoffen. Außerdem will die Linke die Erbschaftsteuer so erhöhen, dass statt jährlich 6 Milliarden künftig bis zu 16 Milliarden Euro für den Staat herausspringen.

Offerte an SPD und Grüne

Bartsch bezeichnete die Steuerpläne seiner Partei auch als ein Angebot an Grüne und SPD, „etwas gemeinsam umzusetzen“. Beide machen in ihren Wahlprogrammen ebenfalls konkrete Vorschläge für Umverteilung. Die Grünen wollen den Spitzensteuersatz „moderat“ anheben, nämlich auf 45 und 48 Prozent für Jahreseinkommen ab 100.000 Euro. Auch die Forderung nach einer Vermögensteuer haben die Grünen ins Programm aufgenommen, nicht allerdings die nach einer höheren Erbschaftsteuer.

Die Sozialdemokraten sind noch zahmer, sie wollen den Spitzensteuersatz auf 45 Prozent erhöhen, und zwar erst ab einem Jahreseinkommen von 250.000 Euro. Außerdem will die SPD „kleinere und mittlere Einkommen besserstellen“, verrät aber nicht, wie. Dagegen findet sich im Programm sowohl die Forderung nach einer Vermögensteuer als auch nach einer Reform der Erbschaftsteuer. Konkrete Zahlen fehlen aber auch hier.

Nicht kompatibel ist das Konzept der Linken dagegen mit den Vorstellungen von Union und FDP. Beide Parteien lehnen eine Vermögensteuer ab und sind gegen höhere Spitzensteuersätze. Sowohl Union als auch FDP wollen aber ebenfalls kleine und mittlere Einkommen entlasten. Während die Union hier nebulös bleibt, nennen die Liberalen immerhin eine Zahl: Den geltenden Spitzensteuersatz soll erst zahlen, wer mehr als 90.000 Euro pro Jahr verdient.

Das Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung hat im Juli errechnet, dass die Wahlprogramme von FDP und CDU/CSU aufgrund von versprochenen Steuerreduktionen bei ihrer Umsetzung mit 88 Milliarden Euro und 33 Milliarden Euro die größte Lücke in den Staatshaushalt reißen würde. Währenddessen würde der Staatshaushalt mit Linken oder Grünen einen starken Überschuss von 37 Milliarden beziehungsweise 18 Milliarden Euro aufweisen.

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10 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • "Die Linkspartei will Menschen mit einem Monatseinkommen von bis zu 6.500 Euro steuerlich entlasten."

    Dies bedeutet steuerliche Entlastungen für die meisten Menschen in Deutschland. Aber die Menschen wählen halt nicht nach ihrem Interesse.

    • @Sandor Krasna:

      Zu den Interessen der Menschen gehört mehr als die unrealistische, weil praktisch kaum umsetzbare "Steuerentlastung für mich, Steuererhöhung und Enteignung für Reiche". Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass die Linkspartei meint, dass Geld, Materielles und Kapital den Menschen am wichtigsten sein muss.



      Dass der Vorschlag umgerecht ist, reicht für mich bereits, um ihn abzulehnen, obwohl er mir zugute kommen würde. Zumindest bis "die Reichen", die nicht gleich vollstöndig ins Ausland abwandern, zu Werkschließungen, Massenentlassungen, Outsourcing und dergleichen greifen würden. Das wird dann auch allen mit weniger Einkommen schaden. Und genau das ist das Problem an vielen der gut gemeinten Vorschlägen der Linkspartei: Sie sind nicht bis zu Ende gedacht, sondern nur tief in Ideologie getränkt worden.

      • @Devil's Advocate:

        Eigentlich reicht schon der von Ihnen angeführte Begriff "Enteignung", um Ihren Beitrag unter peinliche Polemik abzuheften. Der wird im Artikel nicht mal erwähnt. Weiters begründen Sie weder, warum der Vorschlag "umgerecht" ist, noch was mehr zu den "Interessen der Menschen" gehört ausser "Geld, Materielles und Kapital".



        Dafür gibt's ein Panikbild des scheuen Rehs Kapital. Ja, da lässt man den Kapitalisten doch lieber weiter in Ruh, er ist das Salz der Erde.



        Hier mal ein älterer taz-Artikel für Sie, was unter Kohl besteuert wurde. Sie werden bemerken: Erheblich mehr als heute. Und siehe da, scharen weise sind die Unternehmer damals geflüchtet. taz.de/!450496/

  • 75%?? Wo ist denn da die Gerechtigkeit?

    Zudem die Millionäre alle hochverschuldet sind. Hohe Investitionen und so. Da kann man leider nichts mehr holen. Und wenn die Linke beharrlich bleibt, geht man halt nach Österreich oder in die Schweiz. Dann bekommt die Linke halt gar nichts.

  • Warum werden hohe Einkommen mit Reichtum gleichgesetzt? Das eine bekomme ich regelmäßig, das andere habe ich…

  • Hallo Nansen,



    Grüße auch an ihren Chef.



    Leider lesen die wenigsten dieser vielen während ihrer Arbeitszeit im Büro die taz, sondern Bild auf'm Bau.



    Darum glauben viele von ihnen, dass die Linken sofort ne Mauer um Deutschland bauen, deren Türen sich nur nach innen öffnen lassen.



    Viele gehen auch gar nicht wählen, weil die da oben sowieso nichts für sie tun, hat die SPD zur Genüge bewiesen.



    Außerdem ist das Leben schon hart genug, da will man in der Mittagspause keine Gespräche über Politik.Und Wahlsonntag ist eben das bißchen Freizeit, das man hat.



    Und die, die trotzdem wählen, wollen ihr bißchen Stimme nicht verschenken.



    Die ihre Stimme verschenken wollen, haben auf dem Wahlzettel viel Auswahl an justforfun Parteien.



    Nur ganz wenige treue Seelen unter den vielen gehen wählen, damit sie wenigstens ein bißchen träumen können, wenn Herr Bartsch spricht.



    Ach ja, die Grünen sind das neue Schwarz, das brauchen die vielen nun wirklich nicht. Die Linke hat auch prima Klima.

    Danke für den tollen Artikel an Frau Lehmann.



    Darf die Linke den im Wahlkampf benutzen?

    • @Sabine 62:

      "Danke für den tollen Artikel an Frau Lehmann.

      Darf die Linke den im Wahlkampf benutzen?"

      Würde ich von abraten. Frau Lehmann kann auch anders. Stöbern Sie mal ein bisschen im taz-Archiv zu Lehmann und Linke. Sie werden überrascht sein.

      Und zum Thema Wahlverhalten: Die, in deren Interesse eigentlich eine Wahl der Linken liegen müsste und die wählen gehen, wählen zunehmend rechts. Aus welchen Gründen auch immer.

  • 7G
    75787 (Profil gelöscht)

    Mike und Thommy visualieren die Steuerkonzepte der Parteien hier ganz wunderbar:

    www.zdf.de/comedy/...lt-clip-5-194.html

    EDabei git nicht Umverteilung sondern Rückverteilung - Reichtum an die zurückgeben, die an wachsender Ungleichheit leiden, weil gesellschaftliche Machtverhältnisse z.B eine bessere Bezahlung von Pflegekräften verhindern. Nicht zu vergessen, die Umverteilung von Entscheidungsmacht. Die Mehrheit in diesem Land will keine Entwicklung und keinen Verkauf spritfressender SUVs. Kurz: Die Ökologische- und die Klassenfrage müssen zusammengedacht werden.

  • "Der Linken-Fraktionsvorsitzende und Spitzenkandidat Dietmar Bartsch, der die Pläne am Montag erläuterte, nannte sie „leistungsgerecht“. Die Mehrheit der Gesellschaft verdiene zu wenig und geben zu viel ab."

    Das "leistungsgerecht" gefällt mir. Mein Chef bekäme Schaum vor den Mund, würde er das hier lesen.😆

    In der aktuellen Anstalt-Folge werden die Steuerkonzepte der Parteien sehenswert veranschaulicht. (Die FDP-Pläne sind der Hammer)



    Was mir aber schleierhaft ist: Warum würden die vielen, die von solchen Plänen profitieren, weder grün, noch SPD oder Linke wählen?

    • 7G
      75787 (Profil gelöscht)
      @Nansen:

      Weil der Bundestag viel häufiger Entscheidungen getroffen hat, die mit den Wünschen derjenigen übereinstimmen, die ein höheres Einkommen haben, ein höheres Bildungsniveau oder mit Berufsgruppen mit höherem sozialem Status. Sozial benachteiligte Gruppen merken, dass ihre Anliegen kein Gehör finden und wenden sich deshalb von der Politik ab. 14,7 Millionen Menschen gaben bei der Bundestagswahl nicht ihre Stimme ab, das war die zweitgrößte Gruppe nach den Personen, die der CDU/CSU ihre Zweitstimme anvertrauten (15,3 Millionen).