Steuergelder für Biedenkopfs Memoiren: Zoff um „Königs“-Tagebücher
Mit Steuermitteln finanzierte Sachsen die Memoiren des früheren Ministerpräsidenten Biedenkopf – und will nun nichts mehr davon wissen.
Die Förderung ist seit Langem ein Politikum. Wer veranlasste die üppige Zahlung an den Privatier Biedenkopf? Was macht den früheren Landesvater jetzt so sauer auf seinen ehemaligen Kronprinzen?
Am Dienstag landete die Posse vor Gericht. Hartnäckige Anfragen der Linksfraktion im Landtag nach dem Buch-Sponsoring beantwortete die Regierung so ausweichend, dass ihr Abgeordneter André Schollbach vor dem sächsischen Verfassungsgerichtshof klagte – und nun unterlag.
Die Leipziger Verfassungsrichter bescheinigten der Staatskanzlei vollständige Antworten und sahen keine Anhaltspunkte, dass diese nicht nach bestem Wissen erfolgt seien. Diese Entscheidung über die Auskunftsrechte von Abgeordneten ändert aber nichts an der politischen Pikanterie des Falles.
Selbstverständliche Dankbarkeit
Mit den Anfragen werden CDU-Mann Biedenkopf und die von ihm stets verachtete Linke zu unerwarteten, späten Verbündeten. Nur mühsam bremst Biedenkopf vor der Kamera seine Kritik an Ministerpräsident Tillich. „Man will im Grunde damit nicht belästigt werden“, sagt er. Es ist exakt der Eindruck, den auch die Opposition von der Staatskanzlei hat.
„König Kurt“ – im Alter noch etwas eitler geworden als während seiner bis 2002 währenden Amtszeit – fühlt sich offensichtlich gekränkt. Für „einmalig“ hält er seine nächtens verfassten Aufzeichnungen, die tausend Druckseiten füllen. Die in der Finanzierung ausgedrückte Dankbarkeit gegenüber dem ersten Nachwende-Ministerpräsidenten in Sachsen hält er offenbar für selbstverständlich.
Im Vorwort des ersten Bandes bedankte sich Biedenkopf denn auch artig bei Stanislaw Tillich. Der habe das Erscheinen der Erinnerungen 25 Jahre nach Gründung des Freistaates „zu seiner Sache gemacht“. Die Party in der Berliner Landesvertretung Sachsens zur Buchvorstellung kostete nochmals 6.000 Euro.
In einem Interview mit der Sächsischen Zeitung im Mai 2016 legte Biedenkopf nach. „Das Tagebuch ist ein Projekt des Freistaates.“ Es gehe auf Tillichs Vorschlag zur Herausgabe zurück, sagte Biedenkopf dort. Dessen Angebot gelte sogar für weitere, noch nicht erschienene Bände.
Die Antworten der Staatskanzlei auf die Schollbach-Anfragen besagen das Gegenteil. Biedenkopf habe vielmehr Tillich 2013 über das Projekt einer beabsichtigten Publikation informiert. Der Ministerpräsident sei in dieser Sache völlig passiv gewesen. „Tillich hat zu keinem Zeitpunkt, nirgendwo, unter keinen Umständen an niemand und auf keine Weise konkret Aufträge oder Weisungen (…) erteilt“, behauptet Staatskanzleichef Fritz Jaeckel.
Die Verwaltungsebene sei damit befasst gewesen, erfährt man an anderer Stelle. „Die Staatskanzlei hat kalte Füße bekommen und das Weite gesucht“, interpretiert der Linke Schollbach. Er sieht auch nach der Gerichtsentscheidung unverändert „schwarzen CDU-Filz“. Die Richter hätten das Antwortverhalten der Staatskanzlei „sehr großzügig ausgelegt“. Nach wie vor existierten zwei völlig gegensätzliche Versionen über die Rolle der beiden Ministerpräsidenten.
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