Stephan Weils hoch bezahlte Büroleiterin: Landesvater mit Gutsherrenart

Die CDU hat im niedersächsischen Landtag einen Untersuchungsausschuss zu umstrittenen Zulagen für die Büroleiterin des Ministerpräsidenten beantragt.

Ministerpräsident Stephan Weil steht im Landtag und blickt auf seine Armbanduhr

Zeit zu gehen? Ministerpräsident Stephan Weil gerät in der „Gehaltsaffäre“ unter Beschuss Foto: Julian Stratenschulte/dpa

HANNOVER taz | Unter Tagesordnungspunkt 7 wird es unangenehm für den Ministerpräsidenten, aber Stephan Weil (SPD) widmet sich auf der Regierungsbank demonstrativ dem Aktenstudium, als Oppositionsführer Sebastian Lechner (CDU) ans Rednerpult tritt – und wird auch in der Stunde, die nun folgt, selten aufblicken.

Es geht um das Gehalt für Aynur Colpan, seine Büroleiterin in der Staatskanzlei, seit Monaten schon. Weil hatte die 33-Jährige im Februar 2023 in sein persönliches Team geholt, ein hübscher Karrieresprung für die Genossin, die zuvor beim Hamburger Senat beschäftigt war und der SPD im Heidekreis vorsteht, aus dem auch der SPD-Bundesvorsitzende Lars Klingbeil kommt.

Bei der Besoldung gab es – zumindest aus Sicht des Chefs – allerdings ein kleines Problem. Bisher war diese anspruchsvolle Stelle mit der Gehaltsstufe B2 vergütet. Bei Quereinsteigern geht das aber nicht so einfach. Die bisherige Verwaltungspraxis sieht vor, dass für Angestellte eine Laufbahn ähnlich der Beamtenlaufbahn „nachgezeichnet“ wird.

Und diesen Spielregeln zufolge hätte die neue Büroleiterin noch acht bis zehn Jahre warten müssen, bis sie genauso viel verdient wie ihre Vorgänger auf dem Posten. Es geht dabei immerhin um einen Unterschied von rund 1.900 Euro monatlich.

Das sei doch ungerecht, mache den Quereinstieg in den Landesdienst unattraktiv und erschwere es, Spitzenleute anzuwerben, andere Bundesländer hätten diese Praxis deshalb schon längst aufgegeben, argumentiert Weil deshalb – zuletzt, als ihn die CDU im Februar bei der Ministerpräsidentenbefragung im Landtag ins Visier nahm.

Vorwurf der CDU: Eine Beförderung mit der Brechstange

Und deshalb habe er diese Verwaltungspraxis eben im Einvernehmen mit dem Finanzminister angepasst. Die Opposition stört sich allerdings vor allem am Verfahren: Sie argwöhnt, Weil habe die höhere Besoldung mit der Brechstange durchgesetzt, alle Bedenken von Fachleuten abgebügelt und dann auch noch voreilig und rechtswidrig rückwirkend angewandt. Seine Büroleiterin erhielt die höhere Zahlung rückwirkend ab dem Ablauf ihrer Probezeit im August.

Auch daran, wie „einvernehmlich“ diese Neuregelung nun gewesen sei, gibt es erheblich Zweifel. „Was haben Sie dem Ministerpräsidenten eigentlich getan, dass der Sie so in Mithaftung nimmt?“, fragt Lechner spöttisch den grünen Finanzminister Gerald Heere.

Bekannt geworden war die ganze Affäre überhaupt nur, weil jemand – angeblich ein Kabinettsmitglied – dem Politikjournal Rundblick entsprechende Informationen durchgestochen hatte. Die CDU nahm dies zum Anlass, im Haushaltsausschuss mit einem Antrag auf Akteneinsicht und in der Fragestunde im Parlament tiefer zu bohren – und genüsslich aufzudröseln, welche Unstimmigkeiten sich da inhaltlich, aber auch in den zeitlichen Abläufen auftun.

Ein Untersuchungsausschuss ja – aber nicht sofort

In der aktuellen Debatte zum Antrag der CDU auf einen Untersuchungsausschuss äußerte sich Weil nicht. Das überließ er dem parlamentarischen Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Wiard Siebels. Der versuchte es mit einer Mischung aus beißendem Spott und Flucht nach vorn: Es sei ihm nicht ganz klar, wo da jetzt überhaupt noch Aufklärungsbedarf bestünde, die Informationen lägen ja nun alle auf dem Tisch.

Aber wenn die CDU unbedingt an ihren haltlosen und aus der Luft gegriffenen Vorwürfen festhalten wolle, könne man den Untersuchungsausschuss ja auch jetzt gleich einsetzen, damit er morgen seine Arbeit aufnehmen könne.

Das wiederum lehnte die CDU ab. Der Antrag wird nun erst im Ältestenrat verhandelt, wo es auch um die genaue Formulierung des Untersuchungsauftrages und die Ausstattung des Ausschusses gehen wird. Erst dann kann das Parlament über die Einsetzung entscheiden.

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