Steigender Umsatz von fairen Produkten: Wie fair ist fair?
Der Umsatz von fair gehandelten Produkten in Deutschland steigt jedes Jahr. Das sorgt aber noch lange nicht für bessere Bedingungen der Kleinbauern.
Der Umsatz von fair gehandelten Produkten in Deutschland ist im Jahr 2018 um 15 Prozent gestiegen – auf insgesamt 1,7 Milliarden Euro. Damit macht der Faire Handel gerade mal 1 Prozent des Handels in Deutschland aus – obwohl sich der Umsatz von fairen Produkten in den letzten fünf Jahren verdoppelt hat. Das hat das Forum Fairer Handel am Mittwoch mitgeteilt. Der Verband vertritt die Interessen von Organisationen und Unternehmen des Fairen Handels.
Zwar sieht der Verband den Zuwachs in den Umsätzen positiv, blickt aber besorgt auf andere Entwicklungen. So zum Beispiel beim umsatzstärksten Produkt des Fairen Handels, dem Kaffee. Der historisch niedrige Kaffeepreis auf dem Weltmarkt bedrohe die Lebensbedingungen von Kaffeebauern. Über die Hälfte der Bauern, die ihren Kaffee im konventionellen Handel anbieten, können ihre Produktionskosten nicht decken. „Die Folge ist, dass Bauern ihre Plantagen aufgeben oder umstellen müssen – zum Beispiel auf Koka“, sagt Verbandsgeschäftsführer Manuel Blendin.
Fairer Handel allein kann dieses Problem nicht lösen. So ist der Mindestpreis für Kaffee, der mit dem Fairtrade-Siegel zertifiziert ist, mit 1,4 Dollar pro englischem Pfund höher als der jetzige Marktpreis von 1 Dollar. „Um wirklich fair zu sein, müsste er aber bei 2,2 Dollar stehen“, sagt Jonas Lorenz vom Forum Fairer Handel. Doch sei es für den jetzigen Mindestpreis schon schwierig genug, Abnehmer zu finden.
Der Verband sieht aber nicht den Verbraucher und die Unternehmen allein in der Pflicht. Vielmehr seien politische Lösungen gefragt. So sollen Unternehmen zum Schutz der Arbeits- und Menschenrechte entlang der Lieferketten verpflichtet werden.
Zudem unterstützt der Verband die Forderung von Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU), fair gehandelten Kaffee von der Kaffeesteuer zu befreien. Diese beträgt 2,19 Euro je Kilogramm Röstkaffee. Dies würde den Preis für fair gehandelten Kaffee senken. Das fällt aber in den Aufgabenbereich von Finanzminister Olaf Scholz (SPD). Müller hat diesen Vorschlag bereits vor einem Jahr geäußert; eine Antwort Scholz’ steht bis heute aus.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Soziologische Wahlforschung
Wie schwarz werden die grünen Milieus?
Streit um tote Geiseln in Israel
Alle haben versagt
Nach Absage für Albanese
Die Falsche im Visier
Nach Taten in München und Aschaffenburg
Sicherheit, aber menschlich
Treibhausgasbilanz von Tieren
Möchtegern-Agrarminister der CSU verbreitet Klimalegende
Ägyptens Pläne für Gaza
Ägyptische Firmen bauen – Golfstaaten und EU bezahlen