Steigende Temperaturen: Paris rüstet sich für Hitze
Die französische Hauptstadt geht voran in Sachen Anpassung an die Klimakrise. Was ohne Maßnahmen passiert, musste Frankreich schon erleben.
Wegen der beschleunigten Erderhitzung ist Eile geboten: Acht der heißesten Sommer wurden in den vergangenen zehn Jahren registriert. Und auch für diesen Sommer stehen die Aussichten, dass es eine überdurchschnittlich starke Hitze geben wird, laut Klimaexpert*innen bei über 50 Prozent. Was das vor allem für die betagten, gesundheitlich geschwächten und besonders hitzeempfindlichen Mitbürger*innen bedeuten kann, weiß man in Frankreich spätestens seit den „Hundstagen“ (Canicule) von 2003, als rund 15.000 Menschen wegen der außergewöhnlichen Hitzeperiode starben.
Vorbeugende Klimapolitik im Rahmen des Pariser Klimaübereinkommens von 2015 ist ebenfalls wichtig für die Regierung der Hauptstadt. Aber was tun, wenn das nicht reicht und in den kommenden Jahren trotzdem mit Rekordtemperaturen von bis zu 50 Grad gerechnet werden muss? Damit das (Über-)Leben in der dicht bebauten Großstadt bei derart extremen Temperaturen noch vorstellbar bleibt, werden ab sofort zahlreiche konkrete Maßnahmen eines kommunalen Hitze-Katastrophenplans umgesetzt, den die seit 2014 amtierende Pariser Bürgermeisterin Anne Hidalgo wie ihre Verkehrswende gern als wegweisend für andere Metropolen betrachten will.
Das Dossier listet unterschiedliche Maßnahmen auf. Darunter die isolierende Renovierung von 5.000 Sozialbauwohnungen pro Jahr, die Einrichtung von Schattenzonen in Parks und auf öffentlichen Spielplätzen sowie die Begrünung von Straßen mit zusätzlich 15.000 gepflanzten Bäumen. Zwar gelten 31 Prozent des kommunalen Bodens als bepflanzt, doch der Großteil davon entfällt auf die beiden Wälder Bois de Boulogne und Bois de Vincennes am westlichen und östlichen Stadtrand. Dem Zentrum dagegen mangelt es an Gärten, Grünanlagen und Parks, die gerade bei großer Hitze Erholung und Abkühlung anbieten.
Schwimmen im Fluss
Nicht bloß ein Gag ist der Hinweis, dass ab diesem Sommer wieder in der Seine und auch im Canal Saint-Martin gebadet werden darf. Bei den Olympischen Spielen wagten sich zuerst Offizielle und danach auch die Schwimmer*innen für Wettkämpfe – trotz Bedenken bezüglich hygienischer Bedingungen – ins Wasser. Mit den steigenden Temperaturen laden nun mehrere organisierte Stadtstrände zum Baden im Flusswasser ein.
Originell und nicht mit enorm viel Aufwand verbunden sind die 175 Sprühanlagen, von denen ein Teil in den bereits existierenden historischen Wallace-Brunnen montiert wurden. Sie erfrischen und kühlen das Gesicht mit ihrem nebelfein gesprühten Wasser. Spezielle Aufmerksamkeit wird den Schulen und Kinderkrippen gewidmet, da kleine Kinder besonders unter den hohen Temperaturen leiden.
Die Klassenzimmer werden mit Ventilatoren und die Pausenplätze mit Schattenzonen ausgerüstet. Landesweit werden bereits seit der Tragödie von 2003 in den Altenheimen klimatisierte Gemeinschaftsräume installiert. Finanziert wird das wenigstens teilweise durch die Arbeit am Pfingstmontag, der in ganz Frankreich zu diesem Zweck offiziell zum Arbeitstag deklariert wurde.
Alle Maßnahmen gehören zu einem Plan, der einer absehbaren Entwicklung bis zum Jahr 2050 Rechnung tragen soll. Eines scheint dabei sicher: Besser respektive kühler wird’s nicht.
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