Steigende Mieten in Portugal: Eingriff in den Wohnungsmarkt
In Portugal fehlen bezahlbare Wohnungen. Jetzt greift die sozialistische Regierung unter António Costa mit dem Programm „Mehr Wohnraum“ durch.
Das sieht ein Gesetz vor, das bis zum 24. März vorveröffentlicht ist, um der Bevölkerung Einsicht zu gewähren. Am 30. März wird es im Parlament debattiert und verabschiedet, denn die Sozialisten regieren mit absoluter Mehrheit. Die Maßnahmen sollen „das Wohnraumproblem vollumfänglich bewältigen“, sagt der portugiesische Ministerpräsident António Costa.
„Leer stehende Wohnimmobilien können im Rahmen öffentlicher Wohnungsbauprogramme von Kommunen zwangsangemietet und weitervermietet werden“, heißt es im veröffentlichten Gesetzestext. Die Gemeindeverwaltungen können künftig auffordern, die leerstehenden Wohnungen zu vermieten. Den Wohnungseigentümern werden 100 Tage gewährt. Verstreicht diese Frist, übernimmt die Gemeinde die Immobilie und vermietet sie. Diese Mieten dürfen nie mehr als 35 Prozent des Familieneinkommens betragen. In Härtefällen springt der Staat mit Wohngeld ein.
Die Einkünfte aus den zwangsvermieteten Wohnungen werden an den Eigentümer abgeführt. Sollten Renovierungsarbeiten notwendig sein, werden sie abgezogen. Ausgenommen sind Zweitwohnungen, die Wohnungen von Portugiesen, die im Ausland leben und arbeiten sowie Wohnungen, die zum Verkauf stehen. Insgesamt stehen in Portugal 723.215 Wohnungen leer, die jetzt dem Mietmarkt zugeführt werden sollen. Außerdem sollen knapp drei Milliarden Euro aus dem EU-Fond Next Generation für Wohngeld für bedürftige Familien und den sozialen Wohnungsbau bereitgestellt werden.
77 Prozent Mietsteigerung seit 2010
Erstmals seit der Liberalisierung der Mieten 1985 wird jetzt der Preis für Wohnraum wieder reguliert. Mietpreissteigerungen werden mit dem neuen Gesetz an die allgemeine Preissteigerungsrate angebunden.
Ein Blick auf die Statistik zeigt, wo das Problem genau liegt. In den Jahren von 2010 bis 2022 stiegen die Mietpreise um 77 Prozent, die Löhne nur um 30 Prozent. In Lissabon sind heute die Wohnungen mindestens so teuer wie in Madrid, Mailand oder Barcelona, und das bei einem wesentlich geringeren Lohnniveau. Der Mindestlohn in Portugal liegt bei 760 Euro im Monat bei 14 Zahlungen. Im ärmsten westeuropäischen Land verdient rund ein Drittel der Beschäftigten diesen Mindestlohn.
65 Prozent der unter 30-Jährigen verdient monatlich weniger als 1.000 Euro. Wer einen Blick in die Immobilienportale wirft, stellt fest, dass es in Lissabon oder Porto keine Wohnungen für solche Einkommen gibt. In Portugal zieht man durchschnittlich mit 33,6 Jahren von zu Hause aus.
60 Prozent der Wohnungen sind Touristenwohnungen
Der Druck auf den Wohnungsmarkt hat zwei Hauptursachen. Vor allem in den Großstädten wie Lissabon und Porto wurden immer mehr Wohnungen zu Touristenunterkünften umfunktioniert. In manchen Stadtteilen Lissabons sind über 60 Prozent der Wohnungen Touristenwohnungen. Diesem Trend soll nun mit dem Stopp der Vergabe neuer Lizenzen Einhalt geboten werden.
Hinzu kommt das „goldene Visum“. Wer mindestens 500.000 Euro in Immobilien und Unternehmen investiert oder als Kapital mitbringt, darf seit 2012 mit einem Visum rechnen. Rund 12.000 Visa wurden seitdem vergeben. Die Begünstigten kommen vor allem aus China, Brasilien, der Türkei und auch aus Russland. 92 Prozent von ihnen haben in Wohnungen investiert. Arbeitsplätze, wie beabsichtigt, wurden kaum geschaffen. Nur 22 der vom goldenen Visum Begünstigten schufen Arbeitsplätze. Insgesamt entstanden in all den Jahren, nach Angaben der Fremdenpolizei (SEF), gerade einmal 280 Jobs. Immer wieder wurde der Verdacht laut, dass viele der Investoren eigentlich Geldwäsche betrieben. Jetzt wird das goldene Visum abgeschafft.
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