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Statt Neubau nun Umbau in BerlinArchitektur soll grün werden

Nach der Klima- und der Verkehrswende soll nun auch die Bauwende kommen. Ein breites Bündnis will Berlin zur „Klimastadt 2030“ machen.

Nicht schön, dafür aber auch nicht mehr Versiegelung Foto: Jürgen Ritter/imago

Berlin taz | Ein „grundsätzliches Umdenken“ fordert Elisabeth Broermann beim Bauen. Nun fordert das so mancher, doch wenn eine Architektin sagt, man könne nicht so weiterbauen wie bisher, geht es tatsächlich um Grundsätzliches. Denn Architektinnen und Architekten verdienen, anders als Klimaschützer oder Mietervertreterinnen, ihr Geld mit dem Bauen.

Elisabeth Broermann war als Vertreterin von „Architects for future“ nicht die einzige Architektin im Aedes Architekturforum, als am Dienstag ein „Eckpunktepapier“ des neuen Bündnisses „Klimastadt Berlin 2030“ vorgestellt wurde. Neu an diesem Bündnis ist, dass sich Initiativen für die Klimawende, der Verkehrswende und einer gemeinwohlorientierten Mietenpolitik mit Akteurinnen und Akteuren der Baukultur zusammengetan haben.

Oder sollte man besser sagen: der Umbaukultur? „Wir wollen die Bauordnung novellieren und eine Umbauordnung aus ihr machen“, sagt Elisabeth Broermann. „Dafür brauchen wir keinen Bausenator, sondern eine Umbausenatorin und eine Senatsumbaudirektorin.“ Letztere sollte in einem „offenen und transparenten“ Verfahren nominiert werden.

Tatsächlich geht die Initiative zum Bündnis Klimastadt 2030 zurück auf einen offenen Brief, den Akteurinnen und Akteure aus der Stadtentwicklung vor und nach der Berufung von Petra Kahlfeldt zur Senatsbaudirektorin unterzeichnet haben. Im Januar 2022 gründeten sie die Berlin-Plattform, aus deren Reihen sich auch viele Einzelpersonen dem Klimastadt-Bündnis angeschlossen haben.

„In drei Workshops haben wir mit den verschiedenen Initiativen über die Eckpunkte geredet'“, sagt Philipp Oswalt, einer der Mitgründer der Berlin-Plattform, auf der Pressekonferenz am Dienstag. Er spricht von einem breiten Bündnis von zivilgesellschaftlichen Gruppen mit innovativen Architektinnen und Architekten und Planenden. „Ein solches Bündnis mit Gewerkschaften und Arbeiterbewegung hat vor hundert Jahren auch ein neues Bauen hervorgebracht“, sagt Oswalt. Inhaltlich spricht sich das Bündnis zum Beispiel für eine klimaresiliente Stadt aus, in der der Flächenverbrauch gesenkt und möglichst schnell das Ziel einer Versiegelungsbilanz von „nettonull“ erreicht werde. Vor allem müssten die grünen Freiflächen in den Kiezen und Quartieren erhalten werden.

Beteiligung bei Nachverdichtungen

Damit spricht sich das Bündnis auch gegen Verdichtungen wie in der Ossietzkystraße in Pankow aus. Dort hatte der Bezirk eine massive Bebauung in den grünen Innenhöfen mithilfe eines „Klimaschutz-Bebauungsplans“ abgelehnt. Das hinderte die landeseigene Gesobau aber nicht daran, dort statt Wohnungen nun Modulare Unterkünfte für Flüchtlinge (MUF) bauen zu wollen. Denn die kann der Senat genehmigen, der Bezirk hat bei Flüchtlingsunterkünften nichts zu melden.

Und auch die Bewohnerinnen und Bewohner nicht, klagte Axel Matthies vom Bündnis Nachhaltige Stadtentwicklung, das sich der Klimastadt angeschlossen hat. Er selbst wehrt sich gegen eine Verdichtung in Hellersdorf durch Stadt und Land. „Wir wollen als Betroffene gehört werden“, sagt er. „Wir sind keine Totalverweigerer.“

Statt für Verdichtung und damit Neubau um jeden Preis spricht sich das Klimastadt-Bündnis für eine „Bauwende“ aus. Durch Umbau und Wiederverwendung von Baumaterialien sollen Baumaßnahmen Klimaneutralität erreichen. Dafür brauche es auch neue Bündnisse mit den Akteuren, sagte Niloufar Tajeri von der „Initiative Hermannplatz“. „Statt Public-Private-Partnerships brauchen wir Public-Civic-Partnerships“.

Beim Wohnungsbau erneuerte Ulrike Hamann vom Berliner Mieterverein ihre Forderung nach Gemeinwohlorientierung. „Wir sind zu lange dem Mantra mit dem Neubau gefolgt“, sagte sie. Doch die meisten Wohnungen, die neu gebaut werden, seien teuer. „In Berlin haben 40 Prozent der Haushalte Anspruch auf einen Wohnberechtigungsschein“, sagt sie. „Die brauchen leistbare Wohnungen.“

Ein Hebel für eine Bauwende ist die Debatte um den Wohnflächenverbrauch, der in Deutschland derzeit 48 Quadratmeter pro Person liegt.

„Hier könne man Anreize schaffen, Umzüge von großen in kleinere Wohnungen zu ermöglichen“, sagte Theresa Keilhacker, die sich dem Bündnis als Architektin, nicht aber als Präsidentin der Architektenkammer angeschlossen hat. Wie Tajeri sprich auch Keilhacker nicht von Verzicht, sondern von „Flächengerechtigkeit“.

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7 Kommentare

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  • "Statt für Verdichtung und damit Neubau um jeden Preis spricht sich das Klimastadt-Bündnis für eine „Bauwende“ aus..."

    Schön. Aber wieso geht nicht beides? Zumal es nun mal einfach notwendig ist, mehr Wohnungen zu bauen, und zwar schnell. Und so viele Aldis gibt es nun mal in ganz Berlin nicht, dass man die ganzen Zuzügler durch Bauten über Supermärkten versorgen könnte. Schon gar nicht, wenn diese Bauten nicht höher als fünf Stockwerke werden dürfen, weil sich sonst gleich wieder irgendwelche Anwohner über die "Wolkenkratzer, die nicht nach [setze: beliebiger Bezirk/Kiez] passen" beschweren.

    "„In Berlin haben 40 Prozent der Haushalte Anspruch auf einen Wohnberechtigungsschein“, sagt sie. „Die brauchen leistbare Wohnungen.“"

    Wenn Reiche in teure Neubauten ziehen, ziehen sie jedenfalls schon mal nicht in bestehende Wohnungen und treiben dort die Mieten hoch.

    Der Traum, dass man irgendwie alles genau so erhalten kann, wie man es vor ein paar Jahren, als man selbst nach Berlin gezogen ist, vorgefunden hat, ist eine Illusion. Es gibt keinen Weg, den Zuzug nach Berlin zu verhindern und man wird die Stadt auch niemals unattraktiv für Reiche machen und dadurch die Mieten senken können.

    • @Suryo:

      Die Anzahl der Einwohner hat sich zwischen 1990 und 2021 um ca 10% erhöht (3.43 aud 3.67 M). Da kann es wohl eher nicht am Zuzug liegen.

      Und heute war im Spiegel ein interessanter Artikel zum Thema 'Grünflächen und Hitze in der Stadt'. Zubetonieren ist da nicht die Lösung.

      • @Anna Bell:

        Genau deswegen sollte man, neben der Begrünung von Dächern, in die Höhe bauen. Aber wie schon gesagt: das ist dann auch wieder nicht recht.

        Man kann nun mal nicht Zehntausende benötigte Wohnungen bauen, ohne ein Mindestmaß an Fläche zu verbrauchen. Völlig unmöglich ist es, Wohnungen zu bauen, ohne Flächen zu bebauen UND alles schön niedrig zu halten. Es sei denn, man baut unterirdische Wohnungen.

      • @Anna Bell:

        Woran soll’s denn dann liegen, wenn selbst Besichtigungen von Wohnungen mit höheren Mieten hunderte Interessenten anziehen?

  • Magisches Wort "Verdichtung"



    Wenn Hunderttausende bis Millionen mehr Menschen auf gleichem Raum leben sollen, dann stellen sich schon Fragen wie schlechtere Luftqualität, Nahverkehr am Zusammenbruch, Stromnetze, Abwassernetze, mehr Müll zur Abholung,....



    Darüber liest man aber so gut wie nie etwas, man liest immer nur "Verdichten und noch mehr Einwohner auf gleichem Raum".

    Problemwort „Klimastadt 2030“



    Hier nur eine Frage: Wer soll das eigentlich bezahlen? Oder heißt die Devise der RRG-Regierung einfach wieder mal "..und noch ein Kredit, und noch ein Kredit,..."?



    Leute, ihr braucht auch Geld für die Schulen und Kitas, den Nahverkehr,... nicht nur für „Klimastadt 2030“.

    • @Rudi Hamm:

      Das lässt sich ja z.B: sehr gut am Görlitzer Park studieren: Die einzige nennenwerte Grünfläche weit und breit und völlig übernutzt.

      Aber vielleicht ist die Nachverdichtung auch eher was für Zehlendorf: Jede Villa hat ihren eigenen Garten, sodass eigentlich alle öffentlichen Grünanlagen bebaut werden könnten ;-)

      • @Anna Bell:

        "Übernutzung" ist auch so ein Berliner Euphemismus für "asoziale Zerstörung".

        Es gibt Parks in Städten, die viel weniger Grünflächen haben, und diese Parks sind trotz regen Besuchs nicht zerstört, zertrampelt, vermüllt. Das hat alles nichts mit der Bevölkerungsdichte zu tun, sondern mit dem asozialen Verhalten einiger weniger. Niemand ist z.B. gezwungen, auf der Wiese zu grillen und dann auch noch den Müll zurückzulassen.