Statistik zur Kriminalität in Deutschland: „Eine zunehmende Verrohung“

Laut der Kriminalitätsstatistik gibt es mehr Gewalt und mehr tatverdächtige Zuwanderer. Innenminister de Maizière warnt vor Pauschalverdacht.

Zwei Menschen in weißen Ganzkörperoveralls an einem Seeufer

Spurensicherung: In Deutschland gab es 2016 mehr Gewaltstraftaten Foto: dpa

BERLIN taz | Thomas de Maizière ist es ernst. Ein „Weckruf“ müssten die neuen Zahlen sein, sagt der Bundesinnenminister. Einer gegen die „Verrohung“ in diesem Land. Einer zu mehr „Respekt, Maß und Gewaltlosigkeit“ im Handeln und der Sprache.

Der CDU-Mann stellte am Montag in Berlin die Kriminalitätsstatistik für 2016 vor. Die Bilanz fällt ernüchternd aus. 6,37 Millionen Straftaten zählte die Polizei – ein minimaler Anstieg um 0,7 Prozent zum Vorjahr. Auch sank etwa die Zahl der Einbrüche erstmals seit Jahren um 9,5 Prozent. Die Bereitschaft zu schwerer Gewalt aber stieg merklich.

Seit 2007 war die Gewaltkriminalität rückläufig, nun wuchs sie um 6,7 Prozent auf 193.542 Fälle. Gefährliche und schwere Körperverletzungen stiegen um 9,9 Prozent auf 140.033 Taten. Totschlagsdelikte nahmen um 13 Prozent zu, Vergewaltigungen um 12,8 Prozent.

Politisch heikel: Gewachsen ist die Gruppe der „Zuwanderer“ unter den Tatverdächtigen. Von den 2.022.414 Verdächtigen stellten sie 174.438 – 52,7 Prozent mehr als im Vorjahr. Das BKA fasst unter „Zuwanderer“ Asylbewerber, Geduldete, Kontingent- und Bürgerkriegsflüchtlinge und Personen mit „unerlaubten Aufenthalt“. Anerkannte Flüchtlinge wurden ausgenommen.

Erst mal ist der Anstieg ein natürlicher: In den vergangenen zwei Jahren kamen Hunderttausende Flüchtlinge ins Land – unter ihnen viele junge Männer, die größte Risikogruppe für Kriminalität. Folgerichtig steigt auch ihr Anteil an Verbrechen. Allerdings liegen die Zuwanderer, die rund zwei Prozent der Bevölkerung ausmachen, in einigen Feldern deutlich über dem Schnitt: Bei Raubdelikten machten sei 14,3 Prozent der Verdächtigen aus, bei schweren Körperverletzungen und Vergewaltigungen je 14,9 Prozent.

Thomas de Maizière, CDU

„Die allseits gestie­gene Gewalt muss ein Weckruf sein“

Viele der Straftaten spielten sich in den Flüchtlingsheimen ab. Daten dazu gibt es nur aus den Ländern. In Baden-Württemberg etwa wurden zwei Drittel der Körperverletzungen von Zuwanderern in Unterkünften begangen. In Bayern waren 65 Prozent der Gewaltopfer von Flüchtlingen selbst Flüchtlinge.

Und: Intensivtäter treiben die Statistik hoch. Bundesweit waren ein Drittel der tatverdächtigen Zuwanderer Mehrfachtäter. Laut Sachsens Innenminister Markus Ulbig (CDU) sind in seinem Land ein Prozent der Zuwanderer für 40 Prozent der Straftaten dieser Gruppe verantwortlich. „Wer hier schwere Straftaten verübt, hat sein Aufenthaltsrecht verwirkt“, sagte de Maizière. Die Flüchtlinge dürften aber nicht unter Pauschalverdacht geraten. „Die allermeisten von ihnen leben friedlich mit uns.“

Höchststand bei rechtsextremen Straftaten

Auf der anderen Seite klettern auch rechtsextreme Straftaten auf einen neuen Höchststand seit dem Start der Erhebung 2001. 23.555 Taten zählte die Polizei hier, zumeist Propagandadelikte – ein Anstieg um 2,6 Prozent. Es ist die höchste Marge im Feld politischer Straftaten, links gab es 9.389 Delikte. Schaut man nur auf die Gewalttaten, liegen Rechte und Linke gleichauf: bei je rund 1.700 Delikten.

Deutlich stieg die „Ausländerkriminalität“: um 66,5 Prozent auf 3.372 Straftaten. Hier seien vor allem Konflikte zwischen Türken und Kurden ursächlich, so de Maizière. Politische Gewalt sei „inakzeptabel“. Man gehe dagegen „mit aller Härte des Rechtsstaats“ vor.

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