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Statistik zu DiskriminierungGrundrauschen der Ausgrenzung

Der Jahresbericht der Antidiskriminierungsstelle des Bundes zeigt: Rassistische Vorfälle nehmen deutlich zu.

Bernhard Franke, der Leiter der Antidiskriminierungsstelle des Bundes, stellt den Jahresbericht vor. Foto: Jürgen Heinrich/imago

Berlin taz | Die Statistik der Antidiskriminierungsstelle des Bundes für 2019 hat es in sich. Um 10 Prozent stieg die Zahl rassistischer Vorfälle, die bei der Behörde eingingen. Insgesamt 1.176 Mal wandten sich Menschen damit an die Behörde, weil sie sich im Alltags- und Arbeitsleben aufgrund ihrer ethnischen Herkunft diskriminiert fühlten.

Konkrete Beispiele dafür sind etwa, wenn BewerberInnen mit nicht klassisch deutschem Nachnamen wie Müller oder Schmidt nicht zur Wohnungsbesichtigung oder zum Vorstellungsgespräch eingeladen werden oder Clubs Menschen mit Migrationshintergrund ausnahmslos an der Tür abweisen.

Insgesamt gingen 3.580 Fälle bei der Stelle ein, exakt ein Drittel davon betraf rassistische Diskriminierung. In 29 Prozent der Fälle, ging es um Diskriminierung aufgrund des Geschlechts der Betroffenen, 26 Prozent der Fälle betrafen Benachteiligung von Menschen mit Behinderung. Der größte Anteil der Fälle geschah dabei im Arbeitsleben. Insgesamt stieg die Zahl der Fälle, die bei der Bundesstelle landeten um etwas mehr als 3 Prozent.

Die Angaben liefern aber keineswegs ein vollständiges Bild der Lage in Deutschland, betonte Behördenchef Bernhard Franke am Dienstag mehrmals. Die Statistik werfe höchstens „ein Schlaglicht“ auf das „Grundrauschen der Ausgrenzung“, das in Deutschland herrsche. Denn nur ein Bruchteil derjenigen, die in Deutschland Diskriminierung erfahren, wende sich auch an die Antidiskriminierungsstelle des Bundes. Die Behörde, 2006 geschaffen, ist nur eine von vielen Anlaufstellen, die Betroffene berät und unterstützt. Viele Betroffene gehen zu anderen Beratungszentren, zu AnwältInnen – oder verschweigen gar, was ihnen widerfahren ist.

Auch ein Thema: Rassismus bei der Polizei

Zumal sich die Bundesstelle nicht mit staatlichem Handeln beschäftigt: Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz, auf dessen Grundlage die Antidiskriminierungsstelle arbeitet, befasst sich nur mit Diskriminierung durch ArbeitgeberInnen oder durch Privatpersonen.

Doch der sonst so zurückhaltende Bernhard Franke kam bei der Pressekonferenz zur Vorstellung des Jahresberichts am Dienstag dennoch auf Diskriminierung durch Behörden zu sprechen – und damit auch auf das derzeit unumgehbare Thema Rassismus bei der Polizei. Franke präsentiert Vorschläge: Die Landesregierungen sollten Polizeibeauftragte einstellen und eigene Antidiskriminierungsgesetze verabschieden, findet er und führt als Beispiel das Gesetz an, das in Berlin Anfang Juni beschlossen wurde. Es sieht vor, dass Betroffene Schadenersatz fordern können, wenn sie von Behörden diskriminiert werden – und gibt wohl insbesondere den Opfern von rassistischen Polizeikontrollen ein Mittel in die Hand, um sich juristisch zu wehren.

Allerdings sorgt das Gesetz in der Hauptstadt gerade für Streit. Vom rot-rot-grünen Senat beschlossen, läuft die Opposition Sturm gegen das Vorhaben. So warnte ­Burkard Dregger, CDU-Fraktionschef im Berliner Abgeordnetenhaus, vor „Landesbediensteten unter Generalverdacht“.

Auf solche Kritik angesprochen, kontert Bernhard Franke mit einem Verweis auf Studien, die rassistische Übergriffe in der Polizei deutlich belegen würden. Und überhaupt: Anzunehmen, dass es in der gesamten Bevölkerung Diskriminierung gebe, ausgerechnet bei der Polizei aber nicht, sei schon sehr „blauäugig“.

Auch einige BundespolitikerInnen äußerte sich am Dienstag zum aktuellen Jahresbericht der Bundesstelle mit Verweis auf das Antidiskriminierungsgesetz in Berlin. So nannte etwa Anton Hofreiter (Grüne) das Gesetz einen „wichtigen Schritt“, nachdem er die Zahlen der Antidiskriminierungsstelle als „unerträglich“ bezeichnet hatte.

Linken-Chefin Katja Kipping ließ zu den Zahlen der Antidiskriminierungsstelle verlautbaren, „Diskriminierung bei der Wohnungssuche, auf dem Arbeitsmarkt, im öffentlichen Raum und in allen staatlichen Institutionen muss verboten und konsequent geahndet werden.“ Auch das ist wohl als Plädoyer für landesweite Antidiskriminierungsgesetze nach dem Berliner Vorbild zu verstehen.

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