Start der Weltklimakonferenz in Baku: Abseits der Realität
Im ersten Jahr mit 1,5 Grad Erwärmung wirkt die Klimakonferenz immer mehr wie eine Parallelwelt. Dennoch ist sie wichtig, um globale Gerechtigkeit zu schaffen.
W ährend auf der Weltklimakonferenz im aserbaidschanischen Baku ab Montag mal wieder fast 200 Regierungen darüber verhandeln, wie eine Erderhitzung um 1,5 Grad verhindert werden könne, hat 2024 die Marke längst erreicht. Die Temperaturen lagen dieses Jahr im weltweiten Schnitt erstmals um 1,55 Grad höher als zu vorindustriellen Zeiten.
Jetzt könnte man eine ganze Menge einwenden: Das ist erst mal nur ein einzelnes Jahr. Wetter schwankt, es kann auch mal wieder kältere Jahre geben. Der dauerhafte Eintritt in die 1,5-Grad-Welt ist damit noch nicht markiert. Wenn es ums Klima geht, ist der langjährige Durchschnitt ausschlaggebend. Die weltweiten Ziele zum Klimaschutz beziehen sich auf das Jahr 2100. Theoretisch ist es denkbar, der Atmosphäre wieder Treibhausgase zu entziehen, durch mehr Wälder oder Technologien – und so auch nachträglich wieder die Temperaturen zu senken.
Ob das in der Praxis klappt, steht allerdings in den Sternen. Die erstmals für ein Jahr überschrittene 1,5-Grad-Grenze macht die Diskrepanz zwischen der Realität auf der Welt und den Verhandlungsräumen auf der Weltklimakonferenz besonders deutlich.
Baku ist wichtig – trotz allem
Im vergangenen Jahr haben die Verhandler*innen, damals in den Vereinigten Arabischen Emiraten, es nicht geschafft, einen Ausstieg aus den fossilen Energien fest zu vereinbaren. Stattdessen beschlossen sie, dass Staaten „ersucht“ werden, zu einem Übergang weg von fossilen Kraftstoffen in Energiesystemen „beizutragen“. Eine allzu weiche Formulierung. Und gleichzeitig das erste Mal, dass die Weltklimakonferenz überhaupt ein Ende fossiler Energien in Aussicht stellt – obwohl sie seit Jahrzehnten als die Hauptursache für die Klimakrise bekannt sind.
Sollte man die Weltklimakonferenz einfach abschaffen oder zumindest ignorieren? Wichtig bleibt sie, um ausgleichende Gerechtigkeit zu schaffen: Der globale Norden schuldet dem globalen Süden Geld, weil er die Klimakrise fast im Alleingang ausgelöst hat. Das lässt sich nur im globalen Forum verhandeln. Auch und erst recht bei aktuell 1,5 Grad zu viel auf der Erde.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Debatte um SPD-Kanzlerkandidatur
Schwielowsee an der Copacabana
BSW und „Freie Sachsen“
Görlitzer Querfront gemeinsam für Putin
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Papst äußert sich zu Gaza
Scharfe Worte aus Rom
Wirtschaftsminister bei Klimakonferenz
Habeck, naiv in Baku
Aktienpaket-Vorschlag
Die CDU möchte allen Kindern ETFs zum Geburtstag schenken