piwik no script img

Staatschefs bei KlimakonferenzWarnungen vor einem Scheitern

Beim Start der Klimakonferenz in Glasgow drängen manche Staatschefs zum Handeln, andere tauchen ab. Boris Johnson zitiert Greta Thunberg.

Johnson vor Blabla: Bühne in Glasgow

Glasgow taz | So eine hohe Dichte von Staats- und Regierungschefs erlebt man sonst höchstens bei der UN-Vollversammlung in New York. Aber an diesem Montag und Dienstag wollen gleich die Spitzen von 130 Ländern zum Auftakt des Weltklimagipfels in den Messehallen und Zelten auf dem Gelände des Scottish Exhibition Centre in Glasgow sprechen. Manche zwar nur per Videobotschaft, doch ein großer Teil ist persönlich in die schottische Hafenstadt gereist. Eine so große Beteiligung von Staats- und Regierungsspitzen gab es zuletzt 2015 in Paris.

Anders als damals geht es in Glasgow nicht primär darum, gemeinsam neue Beschlüsse zu fassen. Stattdessen soll der historische Beschluss von Paris endlich mit Leben gefüllt werden, indem die einzelnen Staaten sich selbst auf schärfere Klimaschutzziele verpflichten – und den Druck auf andere erhöhen, es ihnen gleichzutun.

Den Auftakt dazu machte am Montag Gastgeber Boris Johnson, der nicht nur Greta Thunberg zitierte, als er erklärte, die Versprechen von Paris seien nur „Blabla“, wenn Glasgow scheitere. Sondern auch sonst so ähnlich klang wie die Fridays-for-Future-Initiatoren. „Je länger wir warten, desto schlimmer wird es“, warnte er in seiner Eröffnungsrede.

„Wir haben die Technologie, wir haben die finanziellen Mittel. Die Frage ist, ob wir den Willen haben.“ Konkret forderte der britische Premierminister das weltweite Aus für neue Verbrennungsmotoren bis 2035 und ein Ende der Kohleverfeuerung bis 2040 in Entwicklungsländern und bis 2030 in Industriestaaten. Zu den Protesten junger Kli­ma­schüt­ze­r*in­nen sagte er: „Wenn wir versagen, werden sie uns nicht vergeben – und zwar zu Recht.“

Bislang Kurs auf 2,7 Grad

Auch UN-Generalsekretär António Guterres machte noch einmal Druck. „Entweder wir stoppen den Klimawandel – oder er stoppt uns“, warnte er bei der Eröffnung. Um sicherzustellen, dass die Erderwärmung bei 1,5 Grad gestoppt werde, sollten die Staaten künftig nicht nur alle fünf Jahre verschärfte Ziele vorlegen, sondern jedes Jahr, forderte Guterres. Die bisherigen Zusagen würden, selbst wenn sie komplett eingehalten würden, zu einer Erhitzung von 2,7 Grad führen.

Wenn wir versagen, werden sie uns nicht vergeben – und zwar zu Recht

Boris Johnson

Inwieweit die Warnungen und Appelle in Glasgow auf offene Ohren stoßen, bleibt abzuwarten; in den meisten Reden wurde am Montag nur bereits Bekanntes wiederholt. Zudem fehlen wichtige Akteure: Weder der russische Staatschef Wladimir Putin noch der chinesische Präsident Xi Jinping sind nach Glasgow gereist. Vor allem das Fehlen Chinas stieß in der US-Delegation auf scharfe Kritik. Als weltgrößter Treibhausgas-Emittent habe das Land „die Verpflichtung, sich in Zukunft ehrgeiziger zu zeigen“, forderte der Nationale Sicherheitsberater Jake Sullivan laut AFP. „Wir werden weiter darauf dringen.“

Doch auch die US-Delegation reiste geschwächt nach Glasgow: Wegen fehlender Unterstützung aus den eigenen Reihen konnte US-Präsident Joe Biden keine Einigung über sein bereits abgeschwächtes Klimapaket verkünden. Seine Regierung mache derzeit „Überstunden“, um dafür zu sorgen, „dass unser Engagement für den Klimaschutz aus Taten und nicht nur aus Worten besteht“, sagte Biden in Glasgow. Bis dahin bleibt es allerdings bei Worten.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

5 Kommentare

 / 
  • Sind jetzt nicht grad nicht zu beneiden, Johnson, Merkel und auch Biden, aber sie könnten erklären, wo wir bereits technisch wären, hätte nicht nach alter Sicht immer Wirtschaft mehr Gewicht, als Gemeinwohl, gutes Leben, sozial gerecht: Soll es geben. Deshalb ist für Johnson Renner schneller Ausstieg aus Verbrenner, Merkel hatte dies verhindert, Folgen für Wirtschaft gelindert. Rächen wird sich Protektion, sie ist Prokrastination, nur mit schnellem Kohle-Aus kommen wir da wieder raus. Klimaziele zu erreichen, kleine Schritte hier nicht reichen, als eine Motivation braucht es scharfe Regeln schon.

    • @Martin Rees:

      "nur mit schnellem Kohle-Aus kommen wir da wieder raus."

      Gut gerappt, Löwe.

      Aber der Satz ist faktisch falsch. Kohle ist nur ein Teil des Problems, aber ein Ausstieg natürlich trotzdem zwingend erforderlich.

  • Es fliegen 25.000 Menschen nach Glasgow, um das Klima zu schützen.

    Man suche den Fehler...

    • @warum_denkt_keiner_nach?:

      So wird Politik gemacht. Nicht per Videoschalte.

      Der Fehler liegt darin, solche Einzelereignisse aufzubauschen und die die wahren Ursachen im Hintergrund auszublenden: unseren Konsum und Lebenswandel.

      Was 25'000 Leute eine Woche lang machen fällt global nicht ins Gewicht.

      • @Mitch Miller:

        Wirkt auf mich wie eine Show ohne großen Nutzen.