G20-Gipfeltreffen in Rom: Klimaneutralität verspätet

Die G20-Staaten unterstreichen das 1,5-Grad-Ziel bei der Erderwärmung. Auf ein Datum bei der Klimaneutralität legen sie sich aber nicht fest.

Tevi-Brunnen mit Staatschefs beim G20-Gipfel

Rückkehr nach Rom versprochen: Staa­ten­len­ke­r*in­nen am Trevi-Brunnen Foto: Guglielmo Mangiapane/reuters

ROM taz | Wenigstens ein verbürgtes Resultat hat der G20-Gipfel, der am Wochenende in Rom über die Bühne ging: In die Ewige Stadt wiederkommen wollen so gut wie alle. Am Sonntagmorgen jedenfalls brachten die Staats- und Regierungschefs den üblichen Touristenritus hinter sich, über die Schulter eine Münze in den Trevi-Brunnen zu werfen – und sich auf diese Weise, so will es der Aberglaube, eine baldige Rückkehr nach Rom zu sichern.

Weniger substantielle Ergebnisse zeichneten sich dagegen auf den Hauptfeldern ab, die Gegenstand der Diskussionen und der eher bescheidenen Beschlüsse waren, vorneweg der Klima- und Energiepolitik. Ein globaler Temperaturanstieg um 1,2 Grad Celsius ist bisher zu verzeichnen, 2,7 Grad Aufheizung drohen der Erde. „Die Zukunft der Menschheit und des Planeten steht auf dem Spiel“, warnte denn auch Prinz Charles, der am Sonntag eine Gastrede hielt, „das ist buchstäblich unsere letzte Chance“.

Gemessen an dieser Ansage halten sich die G20-Resultate von Rom in sehr bescheidenen Grenzen. Zwar erklärte Italiens Regierungschef Mario Draghi in seiner abschließenden Pressekonferenz am Sonntagnachmittag, die G20 könnten einen „Erfolg“ verbuchen.

Doch vor allem China und Indien, die bei den CO2-Emissionen ganz vorne mitspielen, sperrten sich erfolgreich gegen verbindliche Abmachungen. Zwar einigten sich die Delegationen nach nächtelangem Gezerre darauf, in der Abschlusserklärung das 1,5 Grad-Ziel für die Erderwärmung festzuschreiben. Doch bei der Frage, wann denn die CO2-Neutralität erreicht werden sollte, scheiterte der Versuch, das Jahr 2050 festzuschreiben.

Eine Reduktion des CO2-Ausstoßes soll „unter Berücksichtigung der nationalen Umstände“ erreicht werden

Im Vorfeld hatten China und Russland das Jahr 2060 favorisiert, während Indien sich gleich gar nicht festlegen wollte. Am Ende hieß es wolkig, das Ziel solle nun „bis oder etwa bis Mitte des Jahrhunderts“ erreicht werden. Es solle eine signifikante Reduktion des Ausstoßes von Treibhausgasen erreicht werden, jedoch „unter Berücksichtigung der nationalen Umstände“. Vorher habe es in diesem Punkt keinerlei kollektive Verpflichtung gegeben, bemerkte Draghi hoffnungsfroh.

Auch bei der Energiepolitik kam bloß die Verpflichtung heraus, nicht mehr den Bau von Kohlekraftwerken „im Ausland“ zu subventionieren – was die Staaten an der weit wichtigeren Errichtung und dem Betrieb der Dreckschleudern im eigenen Land allerdings nicht hindert.

Corona bekämpfen – als Absichtserklärung

Am Freitag schon hatten sich die Finanz- und Ge­sund­heits­mi­nis­te­r*in­nen mit der globalen Bekämpfung von Covid und mit dem Impffortschritt befasst. Dieses Thema wurde dann auch Gegenstand der ersten Runde im Plenum der Staats- und Regierungschef*innen.

Etwa 70 Prozent der Bevölkerung in den reichen Nationen, so die dort gezogene Bilanz, sind mittlerweile geimpft. In Afrika dagegen werden gerade einmal drei Prozent erreicht. Für Italiens Ministerpräsident Mario Draghi handelt es sich da um „moralisch inakzeptable Differenzen, die den globalen Wiederaufschwung unterminieren“. Deshalb machte sich der G20-Gipfel das von der WHO ausgegebene Ziel zu eigen, weltweit bis Ende 2021 eine Impfquote von 40 Prozent und dann im Jahr 2022 von 70 Prozent zu erreichen.

Wie dieses Ziel jenseits des Bekenntnisses zu ihm erreicht werden soll, blieb jedoch offen. Operative Ansagen zur Verteilung der Impfdosen jedenfalls gab es nicht.

Einig waren sich die G20-Leader dagegen auf dem Feld der globalen Mindeststeuer für Großunternehmen, die in Zukunft unabhängig von der Frage, wo sie ihren Firmensitz haben, dort 15 Prozent Steuern auf ihre Gewinne abführen müssen, wo sie diese erwirtschaftet haben. US-Präsident Joe Biden lobte den Beschluss als historische Wende „für Arbeitnehmer, Steuerzahler und Unternehmen in Amerika“, die „neue Regeln für die globale Ökonomie schafft“. Auch Kanzlerin Angela Merkel – zum letzten Mal bei einem großen internationalen Gipfel dabei – feierte den „großen Erfolg“, der „ein klares Gerechtigkeitssignal“ sei. Weltweit etwa 130 Milliarden Euro jährlich soll die Mindeststeuer einbringen.

Wie immer beim G20-Gipfel gab es zudem viele bilaterale Treffen, bei denen Konflikte auf den Tisch kamen, zwischen den USA und China über Taiwan oder zwischen Großbritannien und Frankreich über den Streit um Fischereirechte. Wenigstens eine Begegnung zeitigte einen Erfolg: Die EU und die USA einigten sich darauf, ihren Handelsstreit, der mit der Verhängung von US-Zöllen auf Aluminium und Stahl aus Europa durch Bidens Vorgänger Donald Trump ausgelöst worden war, zu beenden.

Und freuen durfte sich Joe Biden noch über ein weiteres Resultat: Papst Franziskus hatte dem Katholiken zugesichert, er dürfe weiter die Kommunion empfangen, auch wenn konservative US-Bischöfe das angesichts der liberalen Haltung Bidens zur Abtreibung anders sehen. Am Samstagabend begab sich der US-Präsident gleich in Rom in eine Kirche zur Messe inklusive Kommunion.

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