Staat dämpft Preisanstieg: 9-Euro-Ticket bremst Inflation
Die ÖPNV-Flaterate und staatliche Angebote federn den Preisanstieg ab. Mobilität hat einen großen Anteil am Warenkorb für die Inflationsberechnung.
Insgesamt machen die vom Staat beeinflussten Preise in Bereichen wie Kultur, Verkehr oder der öffentlichen Daseinsvorsorge laut IW rund 12,5 Prozent des Warenkorbs aus, mit dem die Inflation ermittelt wird. Die staatlich administrierten Preise seien in Deutschland in diesem Jahr deutlich weniger stark gestiegen als die ohne staatlichen Einfluss gebildeten Preise. Im Juni seien sie sogar insgesamt gesunken und hätten damit die allgemeine Preisentwicklung spürbar gebremst.
„Vor allem Entlastungen wie das 9-Euro-Ticket dürften dabei ausschlaggebend sein“, betonten die Forscher. Denn der Personenverkehr habe einen großen Anteil am Warenkorb, mit dem die Inflation berechnet werde.
Allein im Juni haben mehr als 20 Millionen Menschen das 9-Euro-Ticket gekauft. Für die rund 10 Millionen Stammkund:innen im ÖPNV mit einer Monats- oder Jahreskarte gilt es automatisch. Sie bekommen den Differenzbetrag zwischen dem 9-Euro-Ticket und ihrer Fahrkarte erstattet.
Anschluss an 9-Euro-Ticket noch unklar
Die aktuellen Entlastungen hätten allerdings ihren Preis, warnten die IW-Experten. Der damit verbundene hohe Verwaltungsaufwand, möglicherweise entstandene Finanzlücken bei den Verkehrsbetrieben und die steigenden Energiepreise könnten dazu führen, dass mit dem Auslaufen des 9-Euro-Tickets ab September nicht nur die Ticketpreise wieder ansteigen, sondern auch die Inflation.
„Kurzfristig ist es natürlich erfreulich, dass die Inflation nicht noch stärker steigt“, sagte Studienautorin Melinda Fremerey. Allerdings seien solche Entlastungen keine langfristigen Lösungen. Um die Inflationseffekte zu dämpfen, seien gezielte Entlastungen und Einmalzahlungen wie die Heizkostenpauschale der richtige Weg.
Ob es am 1. September eine kostengünstige Anschlusslösung für das 9-Euro-Ticket gibt, ist weiterhin offen. Am 19. August wird eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe darüber beraten. Die Kosten für das 9-Euro-Ticket in Höhe von rund 2,5 Milliarden Euro hat allein der Bund getragen. Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) sieht jetzt die Länder in der Pflicht, ein mögliches Nachfolgeangebot zu finanzieren.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Interner Zwist bei Springer
Musk spaltet die „Welt“
Nach dem Anschlag von Magdeburg
Wenn Warnungen verhallen
Deutsche Konjunkturflaute
Schwarze Nullkommanull
Kaputte Untersee-Datenkabel in Ostsee
Marineaufgebot gegen Saboteure
Psychiater über Kinder und Mediennutzung
„Die Dinos bleiben schon lange im Schrank“
Verbotskultur auf Social Media
Jugendschutz ohne Jugend