Springer-Chef Döpfner und Trump: Die Springer-Dialektik
„Ich sag was, meine es zur Sicherheit aber ironisch“, lautet Mathias Döpfners Prinzip. Diesmal geht es um eine Mail, in der er zum Beten aufruft.
E s gehört zu den guten Eigenschaften des amerikanischen Journalismus, genauer hinzugucken. Vor allem, wenn da ein nach US-Maßstäben relativer Nobody namens Mathias Döpfner ankommt und markige Sätze wie „We want to be the leading digital publisher in democracies around the world“ sagt. Was ja nichts Geringeres bedeutet, als dass Springer die demokratische Weltmarktführerschaft für sich beansprucht.
Der Konzern hat vor genau einem Jahr Politico gekauft, ein digitales Wunderwerk aus Tageszeitung, Online und Newslettern. Politico soll jetzt das Lagerdenken überwinden, das Döpfner im US-Journalismus sieht. „Wir wollen beweisen, dass unparteiisch zu sein die erfolgreichere Positionierung ist“, sagt Döpfner in einem Porträt der Washington Post, die er übrigens wie die New York Times für zu woke und zu weit nach links abgedriftet hält. „Also eigentlich kritisiert er ein Manko und liefert selbst gleich eins der gleichen Kategorie dazu?“, fragt die Mitbewohnerin.
Genau. Denn welche politische Agenda hat denn der „non-partisan“-Prediger Döpfner? Springer ist ja eher mal konservativ. Und Döpfner hält sich vielleicht für überparteilich. Wirklich non-partisan ist er aber gerade nicht. Das zeigt eine Mail, die ihm jetzt die Washington Post um die Ohren haut. Geschickt hatte sie der Springer-Chef kurz vor den US-Präsidentschaftswahlen im Herbst 2020. „Wollen wir am 3. November morgens eine Stunde in uns gehen und beten, dass Donald Trump wieder Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika wird?“, fragt Döpfner darin.
Um dann die „wichtigsten Themen der letzten zehn Jahre“ aufzuzählen: Verteidigung des freien Westens gegen China und Russland, Stärkung der Nato, Stabilisierung der US-Wirtschaft, Sicherheit im Mittleren Osten, Verteidigung des Wettbewerbs gegen die Übermacht von Google & Co. plus Stabilisierung des Klimas. „Von sechs Möglichkeiten, fünf Richtige. Mehr hat keine amerikanische Regierung der letzten 50 Jahre geschafft.“
Schwäche für Populisten
Ernst jetzt? Nee, sagt Döpfner, das sei natürlich Ironie. Ach, schon wieder? Wie letztes Jahr, als er Ex-Bild-Chef Julian Reichelt den „wirklich letzten und einzigen Journalisten in Deutschland“ nannte, „der noch mutig gegen den neuen DDR-Obrigkeitsstaat“ von Mutti Merkel aufbegehre.
Diese Springer-Dialektik des „Ich sag was, meine es zur Sicherheit aber ironisch“ gehört in die gleiche Kategorie wie die Twitter-Posts von Donald Trump. Es ist nur geschliffener formuliert.
Döpfner hat eben ’ne Schwäche für populistische Potentaten. Und sät wie diese durch solche Spielchen Zwietracht, die Gesellschaften spalten kann. So vertieft „Demokrat Döpfner“ genau die Gräben, die er angeblich mit Politico zuschütten will.
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