piwik no script img

Sportberichterstattung in der ARDAls die alte „Sportschau“ noch gut gewesen ist

Die „Sportschau“ berichtet auch künftig über die Fußball-Bundesliga. Eine Nachricht, die eine Nostalgiemaschine in Gang setzt.

TV-Geschichte: Heribert Faßbender moderiert die Sportschau Foto: Sven Simon/imago

S o ist das wohl, wenn man in die Jahre kommt. Da begegnet einem das Wort „Sportschau“ und schon läuft im Kopf eine Nostalgiemaschine an. Was waren das nur für tolle Zeiten, als sich das ganze Land samstags zur besten Vorabendzeit vor den Fernsehgeräten versammelt hat, um sich über den Spieltag in der Fußball-Bundesliga zu informieren!

Gute Zeiten sind das in der Erinnerung natürlich, allein schon deshalb, weil sie alt sind. Heutzutage sind es im Schnitt keine vier Millionen Leute mehr, die zu den Videoschnipseln einschalten, die das Geschehen bei den Spielen am Samstagnachmittag zusammenfassen. Sie werden auch über die laufende Saison hinaus in der ARD zu sehen sein.

Die Bundesliga bleibt der „Sportschau“ treu. Besser vielleicht: Die „Sportschau“ bleibt der Bundesliga treu. 75 Millionen Euro soll die ARD der Deutschen Fußballliga bislang schon dafür gezahlt haben. Dabei sind die Bundesligaspiele am Samstagnachmittag ja längst so etwas wie die Resterampe des deutschen Profifußballs. Zeitgleich mit der „Sportschau“ findet das Spitzenspiel der jeweiligen Spielrunde statt und damit gewiss nicht in der einst so kultisch verehrten Vorabendsendung.

Motorradfahrer im Einsatz

Mit den Spielterminen am Sonntag werden ja vornehmlich die Klubs bedient, die unter der Woche ein Europapokalspiel zu bestreiten hatten. Spielen die besten Teams des Landes also gegeneinander, landen Bilder davon nur in den seltensten Fällen in der „Sportschau“. Wenn der FC Bayern gegen Borussia Dortmund spielt, ist das mit höchster Wahrscheinlichkeit nicht in der „Sportschau“ zu sehen.

Das war früher natürlich ganz anders, als noch die besten Motorradfahrer des Landes die Filmaufnahmen von den Spielen nach Köln zum WDR gekarrt haben, damit dann dort ein Spielbericht zusammengeschnitten werden konnte. Früher war eben alles besser, auch wenn die Bilder schwarz-weiß gewesen sind und der Hinweis der Reporter, welche Mannschaft von links nach rechts spielt, durchaus wichtig war. Allein schon die Moderatoren! Wird je jemand die Spiele ansagen, der einen schöneren Namen hat als der moderierende Skilehrer Manfred Vorderwühlbecke? Es wird sich auch schwer ein besser Aussehender finden.

Als legendär darf man getrost auch Ernst Huberty bezeichnen, den freundlichsten Sportlangweiler aller Zeiten, der mit seinen emotionslosen Spielberichten selbst das hyperaktivste Kind schnell in den Schlaf reportieren konnte. Heutzutage rocken die Moderatorinnen und Moderatoren mit aufgeregter Stimme selbst den langweiligsten Kick bisweilen so enervierend zum Superevent hoch, dass man geneigt ist, ihnen eine Packung Ritalin zukommen zu lassen.

So etwas hätte es früher nicht gegeben, so wie es heute einen wie Heribert ­Faßbender nicht mehr gibt. Der Herr mit dem allerseits beliebten Kinnbart, an dem sich Bayerns Ministerpräsident Markus Söder beim Zuschnitt seines Gesichtshaars ein Beispiel genommen hat, ist unvergessen. Die „Sportschau“ von gestern ist also bis heute stilbildend, was ältere Säcke wie der Autor dieser Zeilen von der „Sportschau“ dieser Tage wohl eher nicht sagen würden. Die 270.000 Menschen, die Esther Sedlaczek auf Instagram folgen, mögen das anders sehen. Und damit zurück in die angeschlossene Gegenwart!

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Andreas Rüttenauer
Sport, dies und das
Mehr zum Thema

9 Kommentare

 / 
  • "Als legendär darf man getrost auch Ernst Huberty bezeichnen, den freundlichsten Sportlangweiler aller Zeiten, der mit seinen emotionslosen Spielberichten selbst das hyperaktivste Kind schnell in den Schlaf reportieren konnte." Gratulation ! Als Vorschlag an die Ärztekammer Westfalen - Lippe - Fortbildungswoche Borkum zum Kurs Psychsomatische Grundversorgung oder an den Medizinischen Dienst des GKV Spitzenverbandes für den Lehrplan der Gesundheitsvorsorgemaßnahmen nach §24 SGB V. Der Journalistenpreis ist Ihnen fast sicher . (Rund 630,6 Mio. Euro haben die gesetzlichen Krankenkassen im vergangenen Jahr in Aktivitäten zur Gesundheitsförderung in Lebenswelten, Betrieben und für einzelne Versicherte investiert.)

  • Ja, was für gute Zeiten damals, als alle nur einen Fernseher zu Hause hatten und im ZDF zeitgleich Daktari, Tarzan oder Raumschiff Enterprise lief.

  • Die Sportschau. Oder, wie sie eigentlich heißen könnte: die Fußballschau.

  • Rudern und Pferdesport waren früher Bestandteil der Sportschau. Der Fußball hat sich dermaßen kommerzialisiert, dass die Interessierten heute viele Euros für private Berichterstatter entrichten. Also - mehr Boote und Pferde in die Sportschau!

  • Na ja, Bayern gegen Dortmund sieht man da eher nicht, aber was soll’s? Die Landschaft ist so übersättigt, da kommt auch ohne Pay-TV/Streaming-Abo sehr gut zurecht. Auf Amazon gibt es hin und wieder ein CL-Spiel, Sport1 überträgt live HSV-Schalke oder Hertha-Köln, eigentlich auch (2.) Bundesliga.



    Und ich schau mir auch gerne Spielberichte zu Osnabrück-Verl oder Dresden-Sandhausen an, Real-ManCity oder Barca-Arsenal sollen sie sich halt bei DZN oder Sky ansehen, aber ohne mich. Mir gefällt die Sportschau, trotz etwas nervig-süffisantem Alex Bommes-Grinsen.

  • Heutzutage rocken die Moderatorinnen und Moderatoren mit aufgeregter Stimme selbst den langweiligsten Kick bisweilen so enervierend zum Superevent hoch, dass man geneigt ist, ihnen eine Packung Ritalin zukommen zu lassen'.



    Lieber Herr Rüttenauer, also bei der Sportschau trifft diese Beschreibung sicherlich nicht zu. Weder die Moderstorinnen Sedlaczek und Wagner, noch die Herr Bommes oder Antwerpes neigen zu solchen Ausbrüchen. Ich finde, sie moderieren es uneitel und seriös. Weiss nicht, welche Sendung Sie hier beurteilen. Über die Umstände drumherum, wie die hohen Summen, die an die DFL gezahlt werden, kann, bzw. muss man sicher streiten



    Dann noch einen schönen Tag allerseits

  • Ja, seufz - der Abgesang kommt jedoch mindestens 25 Jahre zu spät. Spätestens seit Reinhold Beckmanns Ran-Trupp die 30 Minuten Fußball-Schnipsel zwischen 60 Minuten Werbung drapierte, wurden Faßbender und Co “ganz schnell in die Pampas” geschickt. Und jetzt soll man sich ein Abo kaufen, damit sich auch noch der dritte Ersatztorhüter eines Abstiegskandidaten in Dubai ein goldenes Steak leisten kann? Nee bedankt… der Vorteil an der totalen Kommerzialisierung des Fußballs ist, dass man seine Zeit jetzt endlich anderen Dingen widmen kann. Wenn man dann zufällig mal wieder ein Spiel mitbekommt, macht es trotzdem Spaß.

  • Bitte die Sportberichterstattung den Privaten überlassen und die eingesparten Finanzmittel zur Reduzierung der mtl. "Umlage" für die ÖRR verwenden. Es wirklich nicht den geringsten Grund, warum Sportberichterstattung nicht privat erfolgen sollte.

  • Ach ja, die "guten" alten Zeiten. Auch wenn ich - Jahrgang 1975 - für die 1970er zu jung bin. DAS ist ein Klassiker: "Beckenbauer. Auf Overath. Zurück zu Beckenbauer. Müller. Müller. MÜLLER. - Tor." (Weiß leider nicht, von wem dies stammt. War jedenfalls Nationalmannschaft.)