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Spionagealarm bei Luftwaffenbasis HusumBundeswehr bestätigt Drohnensichtungen über Stützpunkt

Über einem Luftwaffenstützpunkt in Schleswig-Holstein wurden Drohnen gesichtet. Laut Süddeutsche Zeitung seien diese hochspezialisiert gewesen.

Konvoi zum Transport des Flugabwehrraketensystems Patriot verlässt das Bundeswehr-Gelände der Flugabwehrraktengruppe 26 in Husum Foto: Frank Molter/picture alliance

Berlin afp | Ein Luftwaffen-Stützpunkt bei Husum in Schleswig-Holstein ist Ziel eines mutmaßlichen Spionageversuchs mit Drohnen geworden. Eine Sprecherin des Operativen Führungskommandos der Bundeswehr in Berlin bestätigte der Nachrichtenagentur AFP am Sonntag „eine Mehrzahl an Drohnensichtungen am Bundeswehrstandort Schwesing im Januar“. Ermittlungen ziviler Behörden dazu liefen.

Einem Bericht der Süddeutschen Zeitung zufolge kam es auf der Basis nahe der Nordsee zu „sechs Sicherheitsvorkommnissen“ mit professionellen Drohnen unbekannter Herkunft zwischen dem 9. und 29. Januar. „Es wird wegen Spionageverdachts ermittelt“, schrieb die Zeitung am Sonntag unter Berufung auf einen als Verschlusssache eingestuften Lagerbericht an das Bundesverteidigungsministerium. Störsender seien wirkungslos geblieben.

Der Standort Schwesing bei Husum gehört zu den Flugabwehreinheiten der Bundeswehr, die unter anderem auch mit dem Raketenabwehrsystem Patriot arbeiten. Er ist Teil des zentralen Ausbildungszentrums Flugabwehrraketen der deutschen Streitkräfte. Laut Süddeutscher Zeitung werden auf der Basis unter anderem ukrainische Soldaten an Patriot-Systemen geschult.

Der Zeitung zufolge handelte es sich offenbar um Überflüge mit Drohnen professioneller Bauart. „Die gesichteten Mehrflügler schwebten mit eingeschalteten Positionslichtern minutenlang auf der Stelle“, zitierte sie aus dem Lagebericht. Es sei vergeblich versucht worden, die Drohnen mittels Störsendern und anderem Gerät von ihrem Kurs abzubringen oder zur Landung zu zwingen. Aufgrund der Wirkungslosigkeit der Abwehrmaßnahmen sei davon auszugehen, dass es sich um spezialisierte Drohnen handle.

„In keinem der sechs Fälle konnte der/die Drohnenbediener ausfindig gemacht werden“, zitiert die Zeitung aus dem Bericht. Feldjäger, Polizei und der Militärische Abschirmdienst seien involviert gewesen. Zudem seien weitere Detektions- und Störsysteme an den Standort verlegt worden. In Bundeswehrkreisen wurde dem Blatt zufolge der Verdacht geäußert, dass die Drohnen von Schiffen in der Nord- oder Ostsee gestartet sein könnten.

Meldeaufkommen laut Bundeswehr gestiegen

Nach Angaben der Bundeswehrsprecherin in Potsdam wurden die weiteren Ermittlungen an das schleswig-holsteinische Landeskriminalamt abgegeben. „Grundsätzlich“ sei das „Meldeaufkommen zu Drohnensichtungen und vermeintlichen Ausspähversuchen“ in jüngerer Vergangenheit gestiegen, fügte sie an. Eine gesicherte Zuordnung sei allgemein aber schwierig, da unter anderem auch handelsübliche Drohnensysteme frei verkauft würden.

Verdächtige Drohnenflüge hatte es nach Behördenangaben in den vergangenen Monaten auch anderswo gegeben. Betroffen waren etwa Industrieanlagen und ein abgeschaltetes Atomkraftwerk im schleswig-holsteinischen Brunsbüttel, das Werk des Chemiekonzerns BASF im rheinland-pfälzischen Ludwigshafen sowie der wichtige US-Lufwaffenstützpunkt Ramstein in Rheinland-Pfalz. Im Verdacht steht wegen der Vorfälle vor allem Russland.

Vor dem Hintergrund der rasanten Entwicklung der Drohnentechnik brachte die Bundesregierung inzwischen erweitere Befugnisse für die Bundeswehr auf den Weg. Mitte Januar billigte das Bundeskabinett einen Vorschlag zur Änderung des Luftsicherheitsgesetzes, der es dem Militär erlauben soll, Drohnen bei drohender Gefahr abzuschießen. Laut aktueller Rechtslage darf die Bundeswehr in Amtshilfe für die eigentlich zuständige Polizei die Fluggeräte nur abdrängen, zur Landung zwingen oder Waffengewalt androhen.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) begründete die Vorlage mit der steigenden Gefahr vor dem Hinergrund geopolitischer Spannungen. „Die Polizeibehörden entwickeln ihre Möglichkeiten zur Detektion und Abwehr von Drohnen ständig weiter“, erklärte sie. „Trotzdem sehen wir vor allem seit Putins Angriffskrieg gegen die Ukraine, dass immer häufiger Drohnen zum Einsatz kommen, die für die Polizei und ihre aktuelle Technik eine zunehmende Herausforderung darstellen.“ Dann müsse die Bundeswehr helfen.

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17 Kommentare

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  • Es zuckt auch in meinen Fingern auch "sofort abknallen" zu rufen, aber als Rechtsstaat muss man erst eine gesetzliche Grundlage haben.



    Daher nur die Frage: WARUM GIBT ES DIE NOCH NICHT?



    Fühle ich mich durch die BW ausreichend geschützt?



    Nein, ganz und gar nicht.

    • @So,so:

      Solche beeindruckenden Fähigkeiten brauchen wir in unserer Armee! Mit den zuckenden Fingern rufen! =;-)).



      Aber im Ernst: das Problem ist m.A. nicht "die Rechtslage", sondern die Bedenkenträgerei in der Rechtsauslegung. Das Drohnenverbot über militärischen Anlagen ist sehr klar. Nehmen wir mal an, die Bundeswehr KÖNNTE so ein Ding runterholen: dann hat doch der Standortkommandeur das Recht einen generellen Abschußbefehl zu setzen, der permanent gilt und sofort nach Entdeckung ausgeführt werden könnte. Die Sorge scheint zu sein, von irgendwem dess Rechtsbruchs bezichtigt zu werden. Mir ist nicht klar, wer das sein sollte. Infrage käme eigentlich nur, wenn durch herabfallende Drohne oder Trümmer oder ggf durch Abwehrmaßnahmen der Drohne selbst jemand -als Person- zu Schaden käme.



      Fällt das Ding in einen Garten, auf ein Auto oder auf sonstige Sachwerte, dann muss die Maxime gelten: Nationale Sicherheit geht vor. Der Schaden wird mit Schweigegebot ("hush money" =8-)))) großzügig (jawohl: grosszügig!) ersetzt und Ende.



      Personenschäden sind schwieriger. Aber auch dafür gibt es Beispiele (Personenschäden bei Geiselbefreiungen...)



      Die Bürokraten haben einfach zuviel Schiß.

    • @So,so:

      Sie glauben die SPD führt in Friedenszeiten die Erlaubnis ein das die Bundeswehr Flugobjekte abschießen darf?

  • Was für eine Art von Rechtsbruch ist es eigentlich, eine illegale Drohne mit der Schrotflinte abzuschießen? Ordnungswidrigkeit? Sachbeschädigung? Drohnenmord?

    • @Jakob Bauer:

      Gefährlicher Eingriff in den Luftverkehr. Durch die Schrotflinte. Dürfte in die Kategorie "Straftat" fallen. Irgendwie haben die militärischen Stellen den gefährlicheren Eingriff der Drohne überhaupt nicht auf dem (Radar)schirm.



      Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass die ganzen rechtlichen Bedenken nur vorgeschoben sind, damit man Putin nicht öffentlich die Bestätigung geben muss: sorry, wir können die Dinger gar nicht, selbst wenn wir dürften und wollten....



      Mit dieser Aussage segele ich rechtlich scharf an der Kante der Wehrkraftzersetzung. Falls da noch etwas zu zersetzen ist. Das müsste rechtlich gepüft werden........

  • Vor Bereichen der Bundeswehr stehen bei uns in der Stadt Schilder: "Militärischer Sicherheitsbereich - Unbefungtes Betreten ist verboten! Vorsicht Schusswaffengebrauch!"



    Diese Dinger sollten zukünftig wirklich gleich von der Bundeswehr vom Himmel geholt werden dürfen.

  • "Husum gehört zu den Flugabwehreinheiten"



    Habt ihr keine Munition um die Drohen vom Himmel zu holen? Trauriger Standort für Flugabwehr.

    • @Hans Dampf:

      Die Heeresflugabwehr hat keine Flugabwehrgeschütze mehr, wurde schon vor 20 Jahren oder so abgerüstet. Für eine Stinger sind die Dronen vermutlich zu klein und da ist auch der Kosten-Nutzen Faktor nicht gegeben.

      • @Machiavelli:

        Das mit dem Kosten-Nutzen Faktor würde ich bestreiten. Weil der abgewendete Schaden vorhersehbar deutlich teuer sein dürfte als eine Stinger. Vorausgesetzt, die Stinger ist überhaupt einigermassen sicher in der Lage, das Ding zu treffen. Da sehe ich die Haupt-Angst vor einer solchen Maßnahme.



        Warum haben wir keine Kampfdrohnen, die im Duo fliegen und das Ding mit einem Schleppnetz einfangen....?



        Wäre eigentlich eine nette Sportart: Drohnenkampf a la römische Gladiatoren. Ist jedenfalls spannender als ....Skispringen.



        Waren nicht mal die Biathleten früher in einer Sportgruppe der Bundeswehr. Die treffen doch bestimmt auch ohne Schnee.....?



        Aber vielleicht ist das Hauptproblem auch die Meldekette: zu langsam entdeckt, Abwehrmassnahmen starten erst dann, wenn die Dinger längst wieder weg sind, denn .... Überraschung.... die Dinge merken, wenn sie entdeckt werden. Dafür machen sie ja schließlich die Aufnahmen....

        • @Monomi:

          " Warum haben wir keine Kampfdrohnen, die im Duo fliegen und das Ding mit einem Schleppnetz einfangen....?" Weil die Bundeswehr im Dronen Steinzeitalter lebt.

          "Das mit dem Kosten-Nutzen Faktor würde ich bestreiten. Weil der abgewendete Schaden vorhersehbar deutlich teuer sein dürfte als eine Stinger. Vorausgesetzt, die Stinger ist überhaupt einigermassen sicher in der Lage, das Ding zu treffen. Da sehe ich die Haupt-Angst vor einer solchen Maßnahme. " Sie sehen das so, ich seh das so, die Experten sehen das so. Die Bürokraten die die Kosten sehen sehen das anders.

          "Aber vielleicht ist das Hauptproblem auch die Meldekette: zu langsam entdeckt, Abwehrmassnahmen starten erst dann, wenn die Dinger längst wieder weg sind, denn .... Überraschung.... die Dinge merken, wenn sie entdeckt werden. Dafür machen sie ja schließlich die Aufnahmen...." Diese Möglichkeit lässt einem Eiskalt den Schauer den Rücken runterlaufen.

  • Vielleicht wäre eine Schrotflinte das Mittel der Wahl gewesen.



    Ich würde die Dinger einfach vom Himmel holen. Dass die Bundeswehr immer noch nicht in der Lage zu sein scheint, die Steuersignale zurückzuverfolgen, ist ja auch eher lächerlich.

    • @Aurego:

      ... vielleicht den vorletzten Absatz noch mal lesen?

      • @henryMann:

        Ach Gottchen! Natürlich sind da die juristischen Bedenken, klar. Ich habe das Ding wohl mit einer Krähe verwechselt, die meinen Flugbetrieb störte ... ist schließlich ein Luftwaffenstützpunkt.

    • @Aurego:

      💯

  • Meine Güte. Das ist doch ein absolutes Armutszeugnis, Hier müsste Pistorius (und der Toni Hofreiter) doch sofort Maßnahmen ergreifen. Neue Abwehrwaffen fordern und bekommen, und Schuldige finden. Nichts davon scheint zu passieren, Man hat das weder geahnt, noch effektive Maßnahmen entwickelt. Die Bw scheint sich immer noch in der Zeit vd Laiens zu befinden als schwangerentaugliche Panzer wichtig waren, und man Drohnen nur aus dem Biologieunterricht kannte. Anscheinend hatte die Bw mal Übungen zur Drohenabwehr mit Scharfschützen durchgeführt, ziemlich erfolglos weil die Ziele klein und beweglich im 3D Raum sind. Dass die Russen mittlerweile automatische Schrotwaffen zur Abwehr von Drohnen haben, und diese erfolgreich einsetzen, scheint sich im Verteidigungsministerium noch nicht herumgesprochen zu haben. Es ist wie Putin es mal gesagt hat: Um Berlin zu erobern braucht er lediglich die freiwillige Feuerwehr von Moskau.

    • @Gerald Müller:

      Drohnen waren schon Anfang der 2010er Jahre ein Thema. Über dieses Thema ist sogar mal ein Verteidiungsminister gestolpert und zurückgetreten. Das war 2012 oder 2013 glaube ich.

  • Ein Beispiel dafür, dass wir unsere Verteidigung ausbauen müssen. Dabei führt bei dem derzeitigen weltpolitischen Klima kein Weg vorbei.