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Spionage in der WissenschaftDeutsche Forschung bedroht

Wissenschaftsrat und Verfassungsschutz warnen vor Defiziten bei der Forschungssicherheit. Insbesondere Russland und China würden Technologien mit zivilmilitärischem Dual-Use-Charakter ausspähen.

Die Gefahr aus dem Cyberraum, sponsored by China und Russland Foto: Peter Steffen/dpa

„Das deutsche Wissenschaftssystem ist für die dramatisch veränderte Sicherheitslage nicht gewappnet.“ Mit deutlichen Worten hat der Wissenschaftsrat vor Defiziten bei der Forschungssicherheit gewarnt, womit interne Wissenschaftsspionage wie auch externe Cyberangriffe auf Hochschulen und Institute gemeint sind.

Die Bedrohung der Wissenschaft durch ausländische Mächte, insbesondere Russland und China, hat in dieser Woche auch der neue Jahresbericht des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV) unterstrichen. Das Thema ist zwar nur eine Randaktivität der Behörde, die sich hauptsächlich mit dem politischen Extremismus in Deutschland befasst. Gleichwohl werden externe Angriffe auf die Demokratie ständig beobachtet. „Erkennbar ist in vielen Bereichen die Anfälligkeit Deutschlands für Abflüsse hiesiger Hochtechnologie“, heißt es im Verfassungsschutzbericht.

Dies betreffe vor allem innovative Technologien mit zivilmilitärischem Dual-Use-Charakter. Weil diese Technologien – wie Quantentechnologie, Künstliche Intelligenz (KI) sowie Hyperschalltechnik – das Potenzial besäßen, „zukünftige militärische Auseinandersetzungen in einem Maße zu beeinflussen, das der Wirkung von Massenvernichtungswaffen nahekommt, ist diese Entwicklung mit Sorge zu betrachten“, schreiben die Verfassungsschützer.

Als Beispiel wird auf den im Dezember 2024 verhandelten Fall von drei deutschen Staatsbürgern verwiesen, die im Auftrag der chinesischen Staatssicherheit „Informationen über militärisch nutzbare innovative Technologien, unter anderem bei Forschungseinrichtungen und mittels Kooperationsabkommen bei einer deutschen Universität“ besorgt hatten. Der Fall belege, so der Bericht des BfV, „dass China ein umfassendes System des Technologie- und Know-how-Transfers zum Zwecke der militärischen Aufrüstung betreibt“.

Laut Wissenschaftsrat wird durch Spionage und Sabotage sowie Datendiebstahl in Deutschland allein im wirtschaftlichen Bereich ein Schaden von mehr als 250 Milliarden Euro jährlich angerichtet. Rund zwei Drittel davon gehen auf das Konto von Cyberattacken. Für die Wissenschaft gibt es noch keine vergleichbaren Zahlen.

In seinem Plädoyer für „ein erweitertes Sicherheitskonzept und ein breites Verständnis von Sicherheitsrelevanz in der Wissenschaft“ empfiehlt das Gremium die Einrichtung einer „Nationalen Plattform für Wissenssicherheit“, an der sowohl akademische Einrichtungen als auch Ministerien mit ihren nachgeordneten Sicherheitsbehörden beteiligt sein sollten. Zusätzlich sollte ein „Strategisches Dialogforum“ gebildet werden, das an den von der Bundesregierung geplanten Nationalen Sicherheitsrat angegliedert werden könnte zur Risikoanalyse.

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1 Kommentar

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  • Aus Geldgier wegen billiger Arbeitskräfte hat die deutsche Industrie doch freiwillig all ihr Know-how nach China getragen. Weil man noch ein paar Cent billiger produzieren konnte als in Polen oder so. Muss sich jetzt wirklich keiner beschweren, oder?