Spendenaffäre der AfD: Führung weist Verantwortung von sich
Es gibt den Verdacht, die AfD habe Spenderlisten mit teilweise falschen Namen eingereicht. Alice Weidel und Jörg Meuthen sehen sich nicht in der Verantwortung.
Die Staatsanwaltschaft Konstanz ermittelt gegen Weidel und Mitglieder ihres Kreisverbands am Bodensee wegen des Verdachts eines Verstoßes gegen das Parteiengesetz. Die Partei hatte im November bestätigt, dass eine Schweizer Pharmafirma 2017 rund 130.000 Euro in mehreren Tranchen an den AfD-Kreisverband überwiesen hatte. Das Geld wurde den Angaben zufolge im Frühjahr 2018 zurückgezahlt. Spenden von Nicht-EU-Bürgern an deutsche Parteien sind illegal. Die AfD hatte dem Bundestag dann die Namen von 14 Deutschen und anderen EU-Bürgern vorgelegt, die hinter den Zuwendungen stehen sollen.
Die Staatsanwaltschaft bezweifelt diese Angaben, wie jüngst bekannt wurde. Medien zufolge bestreiten genannte Spender, der Partei Geld gegeben zu haben.
„Das Ganze mutet doch recht lächerlich an“, sagte Weidel am Rande eines Landesparteitags der AfD Baden-Württemberg am Samstag in Heidenheim. „Die anderen Parteien beziehen Millionenbeträge, und wir haben da mal irgendwie Hunderttausend in einem Kreisverband, die dann zurückgezahlt werden.“ Und: „Von einer Parteispendenaffäre zu sprechen finde ich dahingehend ein ziemliches Theater.“ Allerdings seien Fehler passiert in den Abläufen.
Meuthen zeigte sich schockiert über den Vorwurf möglicherweise falscher Angaben. „Was glauben Sie, wie groß das Erschrecken in unseren Reihen darüber ist“, sagte er der Deutschen Presse-Agentur in Heidenheim. Würde sich die Behauptung bestätigen, komme man „in eine Problematik, die für unsere Partei schwer ist“.
Auch gegen ihn selbst gibt es inzwischen Vorwürfe. Das SWR-Magazin „Report Mainz“ und der Spiegel berichteten am Freitag, angebliche Gönner Meuthens seien teils namensidentisch mit den präsentierten Weidel-Spendern. „Was da in Rede steht, scheint mir einigermaßen abenteuerlich“, sagte Meuthen. Er sei sich keiner Schuld bewusst.
Weidels Anwalt Gerhard Strate erklärte, nach bisherigem Stand sei ein strafbares Verhalten seiner Mandantin nicht zu erkennen. Er kritisierte, dass sich die Staatsanwaltschaft öffentlich geäußert hatte. „In die Aktenbestandteile, die die Befragung von angeblichen Spendern betreffen, ist der Verteidigung bis heute keine Akteneinsicht gewährt worden.“
Unerfahren mit dem Parteienfinanzierungsgesetz
Weidel räumte „recht viel Unerfahrenheit“ in der Partei im Umgang mit dem Parteienrecht und dem Parteienfinanzierungsgesetz ein. Der Fall habe gezeigt, dass die AfD ein Warnsystem brauche. Seit Ende des vergangenen Jahres gebe es auch Richtlinien dafür in der Partei, die es 2017 noch nicht gegeben habe. Ehrenamtlichen Mitgliedern müsse man eine Toleranzgrenze gewähren. „Ich denke auch, dass die Bundestagsverwaltung das auch berücksichtigen wird, weil wir haben keine professionellen Strukturen wie es andere Parteien haben.“
Inhaltlich machte Meuthen in Heidenheim Front gegen rechtsradikale Kräfte in der Partei. „Wer hier seine gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit ausleben möchte, dem sage ich ganz klar: Sucht euch ein anderes Spielfeld für eure Neurosen!“, sagte er auf dem Landesparteitag. Weidel erklärte mit Blick auf Radikale, man dürfe nicht zulassen, dass die AfD von außen, aber auch von innen zerstört werde. Es gehe nicht darum, feige vor dem Verfassungsschutz zurückzuweichen, sondern eine für die Partei existenzbedrohende Beobachtung zu vermeiden.
Die AfD im Südwesten rang auf ihrem Parteitag um ihren Kurs. Bei der Wahl der Vorsitzenden gab es ein gespaltenes Votum. Die knapp 800 Delegierten wählten den als gemäßigt geltenden Landtagsfraktionschef Bernd Gögel sowie als Co-Sprecher den Bundestagsabgeordneten Dirk Spaniel. Dieser kündigte an, auch die Interessen des rechten Rands einzubeziehen. „Es geht nicht ohne Flügel“, sagte er der dpa mit Blick auf Anhänger des rechtsnationalen „Flügels“ um den Thüringer AfD-Partei- und Fraktionschef Björn Höcke.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Bündnis Sahra Wagenknecht
Ein Bestsellerautor will in den Bundestag
Proteste bei Nan Goldin
Logiken des Boykotts
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Eine ganz normale Woche in Deutschland
Bundeskongress der Jusos
Was Scholz von Esken lernen kann