piwik no script img

Speis & ZankImmer Zirkus ums Essen

Grüne fordern Bio-Essen in allen Kantinen und Mensen – aber ohne uns, sagt die SPD: Dabei steht das Ziel doch im Koalitionsvertrag

Hm!, lecker! Essen aus Bremer Kantinen (noch unverdaut) Bild: bes

BREMEN taz | Mit schweigender Ablehnung hat die SPD-Fraktion auf einen Antragsentwurf der Grünen reagiert. Thema: Nachhaltige Ernährung in öffentlichen Einrichtungen. Die Grünen hatten den Senat auffordern wollen, bis September ein Konzept vorzustellen, wie bis 2020 „die öffentliche Beschaffung von Nahrungsmitteln ohne Produkte aus der Intensivlandwirtschaft“ möglich wäre – also zumal an Schul- und Hochschulmensen sowie den Kita-Küchen.

Die Art der Zurückweisung lässt sich nur als schroff bezeichnen: „Ablehnen kann man ja immer“, sagt Entwurfs-Autor Jan Saffe der taz – „aber ich würde ganz gerne mit der SPD über das Thema wenigstens verhandeln.“ Die Sozialdemokraten scheint das eher zu nerven.

„Der Antrag war nicht Fisch, nicht Fleisch“, erläutert der wirtschaftspolitische Sprecher Max Lies auf Nachfrage. Mindestens die Anregung, regionale Erzeuger zu bevorzugen, sei „unvereinbar mit dem Vergabegesetz“. Zugleich sei die Zielvorgabe aus sozialpolitischen Gründen kritisch zu bewerten: „Das Schul-Essen muss bezahlbar bleiben“, so Lies. Bei einer Komplettumstellung auf Bio drohe eine Verteuerung, „und dann melden ärmere Familien ihre Kinder möglicherweise wieder ab“.

Das Risiko besteht. Allerdings: Ein Naturgesetz ist die Preissteigerung nicht: So hatte der Leiter der Vernetzungsstelle Schulverpflegung, Michael Thun, kürzlich daran erinnert, dass „im Bereich Obst, Gemüse und Getreide bio nicht teurer“ bedeuten müsse: Meist reiche ein verbessertes Küchenmanagement, um den höheren Stückpreis der Lebensmittel auszugleichen. Andererseits können die Grünen auf den Koalitionsvertrag verweisen. In dem haben Rot und Grün sich gemeinsam aufs „Projekt Biostadt Bremen“ verpflichtet: Über dessen Ziele geht der Antragstext nicht hinaus.

Allerdings charakterisiert der Entwurf sie als Beitrag zum Projekt der Agrarwende. Das ist nun kein genuin sozialdemokratisches und möglicherweise wäre der Beschlussvorschlag für die SPD mit einem anderen Zungenschlag genießbarer geworden: „Die Produkte aus Massentierhaltung sind durch Antibiotika und Hormone oft stark belastet“, erinnert Grünen-Gesundheitspolitikerin Kirsten Kappert-Gonther (Grüne) an den medizinischen Aspekt des Themas.

Das fördere Resistenzen und begünstige Entwicklungsprobleme. Kindern und Jugendlichen dem fast täglich auszusetzen, sei mehr als bedenklich. „Wir haben da eine Verantwortung“, so Kappert-Gonther.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • So sehr ich es auch begrüße, wenn sich Gedanken gemacht wird darüber was wir essen, wie es produziert wird, wo es herkommt und was damit einhergeht: Gibt es nicht irgendwie Wichtigeres zu tun? Wie wäre es, erst einmal eine vernünftige Bildungspolitik hinzukriegen, Schulen und Hochschulen vernünftig zu finanzieren oder breiter aufgestellte Unterstützung für schulische "Härtefälle" zu organisieren? Und mit richtigem Küchenmanagement seien die Mehrkosten für Bio auszugleichen? Effektives Management im öffentlichen Dienst? Nur zur Erinnerung: wir sind hier in Bremen...

    Liebe Bremer Grüne, wenn ihr schon eure Öko-Gesundheits-Fraktion mit so einem Antrag zufrieden stellen müsst, dann bitte nur unter folgenden Prämissen: 1. Das KiTa-/Schulessen darf auf keinen Fall teurer werden durch soetwas, nicht um einen halben Cent. 2. Stadt und Land Bremen werden nicht "zubuttern", wenn sich das Konzept als doch zu teuer erweist. 3. Dieses Anliegen darf nicht mit auch nur einem Cent oder einer zusätzlichen Arbeitsminute für die betroffenen (Bildungs-)Einrichtungen und die dortigen ArbeitnehmerInnen eine weitere Belastung darstellen.

    Wenn diese Bedingungen stehen, dann können wir (von meiner irrelevanten Warte aus) weiter darüber reden.

     

    Schöne Woche

    Kawabunga

     

    PS: Regionale Produkte schön und gut, aber haben nicht schon Studien ergeben, dass "regionale Produkte" mitunter einen enorm erhöhten Klima-Fußabdruck haben - aufgrund der dezentralen und ineffektiven Transportwege?`

    Öko- und Agrarromantik ist nunmal eben nicht alles...