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SpeedgolfHetzen, hecheln, schlagen, weiter

Beim Speedgolf geht es darum, möglichst wenig Schläge in möglichst kurzer Zeit zu schaffen. Wäre das nicht genau das Richtige für Donald Trump?

Einfach draufschlagen, ohne viel nachzudenken. Das kann er gut, der US-Präsident Foto: IMAGO / MediaPunch

G olf gilt gemeinhin als gemächlicher Sport. Viele Kilometer wandern (mit Sinn), innehalten am Ball (Konzentration, Kontemplation), dann kurze dynamische Explosion (Schlag) – und weiter­gehen. Die Runde über 18 Loch bei neun bis zehn Kilometern Fußweg dauert für einen Alleinspieler etwa drei Stunden.

Zu viert können es auch mal fünfeinhalb Stunden werden, wenn man es bei einem Turnier besonders ernsthaft angeht und öfters warten muss, weil besondere Schleicher vor einem besonders ernsthaft und besonders gemächlich herspielen.

Anders Speedgolf. Da zählen möglichst wenige Schläge in möglichst kurzer Zeit. Schlagzahl und Minuten werden addiert. Die Besten schaffen die Runde in weniger als einer Stunde und weniger als 70 Schlägen. Der Weltrekord von Christopher Smith aus Chicago liegt seit 2005 bei 45 Minuten Golfsprint und ganzen 65 Schlägen, also Gesamt­ergebnis 110.

Längst gibt es auch Meisterschaften, meist über zwei Runden mit bis zu 50.000 Dollar Preisgeld. Golfsender übertragen. Das niedrigste Ergebnis erzielte 2016 der Australier Mitch Williamson im Yarra Bend Golf Club in Melbourne bei den Australian Speedgolf Open. 77 Schläge in wahnwitzigen 31 Minuten, also Summe 108 statt 110 wie Smith 2005. Allerdings zählt das Ergebnis nicht als Guinness-Weltrekord, da keine Kontrolleure vor Ort waren.

Rekord mit Bananen und Buchstabensuppe

Bisweilen sind auch Ergebnisse unter 100 dokumentiert. Dazu aber muss ein Platz ungewöhnlich kurz sein und extra für extraschnelle Speedgolf-Runden ausgesucht. Für Rekordversuche ist wichtig, dass ein handelsüblicher Platz ab 5.500 Metern Gesamtlänge der Bahnen möglichst kurze Wege von einer Bahn zur anderen hat. Das kann die Gesamtstrecke locker um ein bis zwei Kilometer verkürzen.

Das war 2021 auch ein wichtiges Kriterium für den 44-jährigen Schweizer Jürg Ran­degger. Er wählte einen sehr flachen Platz im heimischen Niederbüren wegen der „sehr kurzen Distanzen Green to Tee“ und gab sich 12 Stunden Zeit, um 250 mal einzulochen.

Was ihm, nur mit Eisen 7 in den Händen, in teils strömendem Regen gelang: 14 Runden, 252 Löcher in 11 Stunden und 22 Minuten, Weltrekord. Die Schlagzahl war für den Rekord egal; sie betrug 1.348. Ran­degger stärkte sich mit Bananen und, warum auch immer, mit Buchstabensuppe, wie er erzählte. Fazit danach: „Mir tut alles weh.“

Der Autor dieser Zeilen hat Speedgolf auf seinem hügeligen Heimatplatz selbst mal ausprobiert, vor vielen Jahren, als es kardiologisch noch verträglicher erschien. An einem späten Sommerabend war vorher zu klären, dass keine normalen Gehgolfer mehr unterwegs sind, die einen ausbremsen würden. Dann Start: Losjoggen über 9 Loch mit 3 Schlägern in der Hand (Eisen 7, Sand Wedge, Putter). Ergebnis: wie erhofft so gerade unter 100 (47 Minuten, 51 Schläge).

Einfach machen, wie beim Tischtennis

Die erstaunliche sportliche Erkenntnis: Hinstellen, schlagen und weiter funktioniert genauso gut wie das oft umständliche Getue fast aller GolferInnen sonst. Von wegen Pre-Shot-Routine, alles nochmal durchdenken, ausrichten, visualisieren, Probeschwung und vielleicht noch einer. Einfach machen, zack, zack, wie beim Tischtennis, da ist auch keine Zeit zu denken. Würde alle Runden auch erheblich verkürzen.

Speedgolf wäre auch was für den weltbesten Golfer Donald Trump, der sich seine Ergebnisse bekanntlich fantasiereich zusammenschummelt. Also Speedgolf, Mr President, aber volle Pulle! Hetzen, hecheln, schlagen, weiterweiter, ohne Pause. Der Weltrekord für Ü75 winkt! Und dann vielleicht: R. I.P. Ein würdiges Ende, auf dem Platz, während der Ball noch voller Anmut aufs Grün tanzt.

In Neuseeland, im Rangitikei Golfclub in Bulls, entdeckte ich mal einen Gedenkstein mitten auf dem Fairway für ein offenbar verstorbenes honorable member („did his last shot here“). Welch süßes Ende für einen Golfer, welch Ehre. Für Trump wäre der Stein angemessen zu verblattgolden.

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Bernd Müllender
Sohn des Ruhrgebiets, Jahrgang 1956, erfolgreich abgebrochenes VWL- und Publizistikstudium, schreibe seit 1984 für die taz – über Fußball, Golf, Hambacher Wald, Verkehrspolitik, mein heimliches Lieblingsland Belgien und andere wichtige Dinge. Lebe und arbeite als leidenschaftlich autoloser Radfahrer in Aachen. Seit 2021 organisiere und begleite ich taz-LeserInnenreisen hierher in die Euregio Maas/Rhein, in die Nordeifel und nach Belgien inkl. Brüssel. Bücher zuletzt: "Die Zahl 38.185" - Ein Fahrradroman zur Verkehrswende (2021). "Ach, Aachen!" - Textsammlung aus einer manchmal seltsamen Stadt (2022).
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