Sparkurs im Kongo: 84 Euro pro Einwohner
Fallende Rohstoffpreise, kaum Steuereinnahmen: Die Regierung im Kongo muss mit einem Budget von 6,3 Milliarden Euro auskommen.

Die Staatsausgaben im Etat 2016, ohnehin mit umgerechnet rund 8 Milliarden Euro für ein 75 Millionen Einwohner zählendes Land sehr niedrig, sollen um 22 Prozent auf rund 6,3 Milliarden Euro sinken – in Landeswährung eine Kürzung von 8.476 auf 6.611 Milliarden kongolesische Franc.
Einzelne Bereiche wie Gesundheitsausgaben sollen um über 90 Prozent schrumpfen. Grund für die Sparpolitik ist der starke Rückgang des Devisenzuflusses wegen der sinkenden Rohstoffpreise.
Staat? Wo denn?
Nach Jahrzehnten von Krieg und Staatszerfall ist der Staat im Kongo nur rudimentär präsent; die Steuerquote liegt bei rund 10 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Weil sie kaum auf Budgethilfe von außen hoffen kann, muss die Regierung jedes Jahr einen mindestens ausgeglichenen Haushalt erwirtschaften. Das macht es ihr unmöglich, eine aktive Politik zur Linderung der schreienden Massenarmut der Kongolesen zu finanzieren.
Haushaltspläne im Kongo haben dabei traditionell mit den realen Ausgaben wenig zu tun – so gibt Präsident Joseph Kabila jedes Jahr etwa so viel Staatsgelder aus wie der gesamte Gesundheitssektor, obwohl dessen Etat auf dem Papier viel höher ist. Zuletzt aber sind auch Steuer- und Zolleinnahmen weit unter Plan geblieben, und Haushaltsdefizite kann Kongos Regierung aus eigener Kraft nicht decken.
Pläne, erstmals seit Jahrzehnten wieder Anleihen auf den internationalen Kapitalmärkten aufzunehmen – die Rede war von einer Milliarde US-Dollar –, werden aufgrund der zu erwartenden hohen Zinsen von über 12 Prozent zurückgestellt. Stattdessen bittet Kongos Regierung um Direkthilfen.
Dass es kaum noch Liquidität in Kongos Wirtschaft gibt, wurde im April deutlich, als die Banque Internationale pour l’Afrique au Congo (BIAC) Abhebungen an Geldautomaten beschränken musste. Dann setzte die Regierung die Erstattung von Mehrwertsteuervorauszahlungen aus – eine geeignete Maßnahme, um sämtliche Wirtschaftskreisläufe zum Erliegen zu bringen.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Alles zur Bundestagswahl
Lindner und die FDP verabschieden sich aus der Politik
Wahlsieg der Union
Kann Merz auch Antifa?
Der Jahrestag der Ukraine-Invasion
Warum Russland verlieren wird
FDP bei der Bundestagswahl
Lindner kündigt Rückzug an
Wahlergebnis der AfD
Höchstes Ergebnis für extrem Rechte seit 1945
Wahlniederlage von Olaf Scholz
Kein sozialdemokratisches Wunder