Spaniens rechtsradikaler Parteichef: Der Mann mit der Smith & Wesson
Santiago Abascal erzielt mit seiner Partei Vox erste Wahlerfolge. Er präsentiert sich als Saubermann, auch wenn sein Lebenslauf anderes erzählt.
„Politik ist Krieg“, erklärt der Soziologe und Talkshowteilnehmer in Sendern der Spanischen Bischofskonferenz und Autor der konservativen Tageszeitung ABC unverblümt. Sein Kampf gilt allen, von den „Putschisten in Katalonien“ über die regierenden Sozialisten, die seiner Ansicht nach „Spanien zerstören“, die „Kommunisten und Stalinisten“ der linksalternativen Podemos, „die für die Islamisierung Spaniens ist“, bis hin zu Schwulen und Feministinnen.
Nach eigenen Angaben ist der „gläubige Katholik“ immer mit einer Smith & Wesson bewaffnet, früher, „um meinen Vater vor der ETA zu schützen, und jetzt zum Schutz meiner Kinder“. Er will das Waffenrecht lockern, das Gesetz zum Schutz der Frauen gegen häusliche Gewalt sowie das Recht auf Abtreibung abschaffen und um Spaniens Exklaven in Marokko eine Mauer bauen.
Er wettert gegen die „feige Rechte“, womit er die konservative Partido Popular (PP) meint, und gegen das „Wetterfähnchen“, die rechtsliberalen Ciudadanos. Und es geht immer wieder um die Schließung von Moscheen, um Steuersenkungen, um mehr Sozialleistungen – nur für Spanier, versteht sich – und vor allem gegen Korruption.
Abascal gibt sich als der Neue mit der sauberen Weste, auch wenn sein Lebenslauf ganz andere Worte spricht. Mit 18 schloss er sich der PP an. Er wurde Vorsitzender der Parteijugend in seiner Heimatprovinz Álava, Gemeinderat in dem Städtchen Llodio und Abgeordneter im baskischen Parlament. 2010 holte ihn die damalige Landesmutter der Region Madrid, Esperanza Aguirre, in die Hauptstadt.
Die PP-Korruptionsnetzwerke sorgten fortan für den jungen Politiker. Er wurde Chef der regionalen Agentur für Datenschutz, die bald schon ersten Sparmaßnahmen zum Opfer fiel. Doch während 22 Beschäftigte aufs Arbeitsamt mussten, richteten Aguirre und deren Nachfolgerin Cristina Cifuentes ihrem Zögling mehrere Stiftungen ein. Eine davon zur „Verteidigung der spanischen Nation“, eine andere „für soziales Sponsoring und Förderung“.
Gutes Gehalt für nichts
In Letzterer war Abascal der einzige Angestellte. Die Einrichtung wurde mit öffentlichen Geldern finanziert, Abascal strich über 82.000 Euro pro Jahr als Gehalt ein. Aktivitäten wurden keine bekannt. Die Madrider Regierung zahlte jahrelang Wohnung und Büro. Als diese Stiftungen in die Kritik gerieten und geschlossen wurden, verließ Abascal 2013 die PP und gründete 2014 zusammen mit anderen PP-Dissidenten VOX.
Abascal hat einflussreiche Freunde. Die französische rechtsextreme Marine Le Pen gratulierte noch am Sonntagabend, und der einstige Wahlkampfberater des US-Präsidenten Donald Trump, Steve Bannon, will die VOX-Kampagne für die Kommunal-, Regional- und Europawahlen im kommenden Mai koordinieren.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rechte Gewalt in Görlitz
Mutmaßliche Neonazis greifen linke Aktivist*innen an
Deutungskampf nach Magdeburg
„Es wird versucht, das komplett zu leugnen“
Lohneinbußen für Volkswagen-Manager
Der Witz des VW-Vorstands
Aktionismus nach Magdeburg-Terror
Besser erst mal nachdenken
Polizeigewalt gegen Geflüchtete
An der Hamburger Hafenkante sitzt die Dienstwaffe locker
Mindestlohn feiert 10-jähriges Jubiläum
Deutschland doch nicht untergegangen