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Spaniens gescheiterte RegierungsbildungDie Rechnung muss nicht aufgehen

Reiner Wandler
Kommentar von Reiner Wandler

Die Sozialisten in Madrid haben es darauf angelegt, dass die Koalitionsverhandlungen mit Podemos scheitern. Ihr Egoismus könnte sich rächen.

Ob sich das auszahlt? Pedro Sanchez (l.) gab sich nicht allzu große Mühe, eine Regierung zu bilden (hier mit König Felipe VI.) Foto: dpa

D ie gescheiterte Regierungsbildung in Spanien zeigt, die Sozialisten unter Pedro Sánchez leben in der Vergangenheit, als sich zwei große Parteien an der Regierung ablösten. Meist waren dies Minderheitsregierungen, sie regierten mit Unterstützung anderer, kleiner Formationen. Doch das ist Geschichte, seit im spanischen Parlament die linksalternative Unidas Podemos (UP) und auch die rechtsliberalen Ciudadanos (Cs) sitzen. Wer jetzt regieren will, braucht Verhandlungsgeschick und Kompromissbereitschaft. Denn nur in einer Koalition liegt der Weg zur Mehrheit.

Genau das hat Sánchez noch nicht gelernt. Nach seinem Wahlsieg im April ließ er über zwei Monate verstreichen, bevor er überhaupt mit UP Kontakt aufnahm. Dann bot er seinem „bevorzugter Partner“ – wie er die Partei um Pablo Iglesias gerne nennt – nur wenig an. Eine Koalition sei nicht möglich, da er Iglesias nicht trauen könne. Als sich dieser zurückzog, war wieder Funkstille, bis wenige Stunden vor der Abstimmung Ende Juli ein Angebot kam, das von UP als unzulänglich abgelehnt wurde. Sánchez ließ abermals mehr als einen Monat verstreichen, um nach der Sommerpause noch weniger anzubieten als im Juli.

Wenn Sánchez jetzt behauptet, er habe alles getan, um eine Regierung zu bilden, ist dies schlicht falsch. Er hat alles getan, um Neuwahlen herbeizuführen. Denn für November sagen die Umfragen den Sozialisten Zugewinne auf Kosten von UP voraus.

Auf der Linken macht sich Frust breit. Denn während die andere Partei, die einst mit den Sozialisten das Zweiparteiensystem darstellte – die konservative Partido Popular (PP) –, auf regionaler Ebene zügig Koalitionen mit den rechtsliberalen Ciudadanos bildete, geht so etwas auf der Linken nicht. Spanienweit könnte jetzt das Gleiche passieren wie vorigen Dezember im südspanischen Andalusien. Dort blieben die linken Wähler in Scharen den Urnen fern. Die PP regiert nun mit Cs in einer Koalition. Und: Mehrheitsbeschaffer ist die rechtsextreme VOX, die der Regierung geschickt ihre frauenfeindliche und xenophobe Politik aufdrückt.

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Reiner Wandler
Auslandskorrespondent Spanien
Reiner Wandler wurde 1963 in Haueneberstein, einem Dorf, das heute zum heilen Weltstädtchen Baden-Baden gehört, geboren. Dort machte er während der Gymnasialzeit seine ersten Gehversuche im Journalismus als Redakteur einer alternativen Stadtzeitung, sowie als freier Autor verschiedener alternativen Publikationen. Nach dem Abitur zog es ihn in eine rauere aber auch ehrlichere Stadt, nach Mannheim. Hier machte er eine Lehre als Maschinenschlosser, bevor er ein Studium in Spanisch und Politikwissenschaften aufnahm. 1992 kam er mit einem Stipendium nach Madrid. Ein halbes Jahr später schickte er seinen ersten Korrespondentenbericht nach Berlin. 1996 weitete sich das Berichtsgebiet auf die Länder Nordafrikas sowie Richtung Portugal aus.
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2 Kommentare

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  • Das Problem mit der PSOE ist ganz einfach das, dass sie schon lange keine linke Partei mehr ist.

  • Wie hat es Philippe Lamberts bei einer Diskussion in Frankreich so schön zusammengefasst, damals allerdings zur EU Kommission, den spanischen Sozialisten geht es um Posten und nicht um Inhalte, Josep Borrell bekommt einen schönen Posten in Bruxelles und Sanchez wird UvdL unterstützen.

    Scheint mir hier ähnlich gelagert zu sein.