Spaniens Umgang mit der Franco-Diktatur: Späte Anerkennung
Spanien will 46 Jahre nach Ende der Franco-Diktatur den Opfern und ihren Nachfahren Anerkennung zukommen lassen. Vielen kommt das zu spät.

E ndlich. 85 Jahre nach dem faschistischen Putsch gegen die zweite Spanische Republik und 46 Jahre nach Ende der daraus hervorgegangenen Diktatur unter General Francisco Franco soll den Opfern „Anerkennung und Wiedergutmachung“ zuteil werden. Besser spät als nie, sollte man meinen. Doch so einfach ist es nicht.
Die Angehörigen der Opfer von Massenmord, politischer Säuberung und Repression haben zu lange gewartet, zu lange wurden sie immer wieder vertröstet, und zu lange wurden sie mit der Suche nach ihren verschwundenen Angehörigen alleingelassen. Um von Gerechtigkeit, von der gerichtlichen Verfolgung derer, die für die Gräueltaten verantwortlich waren, ganz zu schweigen. Zugegeben: Besser spät als nie, doch für so manches ist es eben einfach doch schon zu spät. Von den Tätern leben nur noch wenige.
Die Hinterbliebenen der Opfer werden kaum mehr die Genugtuung haben, Zeugen einer Gerichtsverhandlung zu werden, zumal sich die spanische Justiz unter Berufung auf ein Amnestiegesetz aus dem Jahre 1978, das gleichermaßen den demokratischen Widerstand wie die faschistischen Schergen betraf, weigerte, Klagen anzunehmen. Und das selbst dann noch, als die Vereinten Nationen Spanien dafür rügten.
Es bleibt zu hoffen, dass der spanische Staat zumindest mit dem Versprechen ernst macht, jetzt die Suche nach den Opfern zu übernehmen. Bisher graben die Angehörigen und ihre Verbände alleine. Finden sie die Überreste der Opfer der Faschisten, weigern sich Polizei und Justiz zumeist, davon Kenntnis zu nehmen. Verjährt, Amnestie.
Jetzt soll endlich wie in Deutschland und Italien die Verherrlichung des Franquismus verfolgt werden. Das wird sicher ein Kräfteringen. Denn in Spanien ist durchaus umstritten, was der Faschismus war. Für die Rechte – und dort nicht nur für die Extremisten – war Franco vielleicht etwas autoritär, aber die Republik war „rot“ und damit viel schlimmer. So fehlt es an einer breit getragenen Erinnerungskultur. Bleibt zu hoffen, dass diese noch entstehen kann und es zumindest dafür nicht auch schon zu spät ist.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach Taten in München und Aschaffenburg
Sicherheit, aber menschlich
Streit um tote Geiseln in Israel
Alle haben versagt
Soziologische Wahlforschung
Wie schwarz werden die grünen Milieus?
Comeback der Linkspartei
„Bist du Jan van Aken?“
Krieg in der Ukraine
Keine Angst vor Trump und Putin
Polarisierung im Wahlkampf
„Gut“ und „böse“ sind frei erfunden