Spanien vor dem Spiel gegen DFB-Elf: Immer wieder neue Baustellen
Bei Spanien läuft es nicht, das liegt nicht nur an Sergio Ramos’ vergeigten Elfmetern. Entscheidende Spiele hat die Auswahl lange nicht mehr gewonnen.
Die letzten 25 hatte er allesamt verwandelt. In der 57. Minute lief der Abwehrchef erstmals an. Wie immer verzögerte er lange, und wie viele Keeper blieb Yann Sommer im Schweizer Tor lange stehen. Härte bekommt der Schütze dann nicht mehr hinter den Ball, aber normalerweise reicht Präzision, ein flacher Schuss ins Eck. Doch Sommer war schnell unten, sehr schnell. Er parierte.
80. Minute, wieder Elfmeter. Spaniens Nationaltrainer Luis Enrique sagte noch etwas zu Ramos – an den Inhalt wollte sich keiner später mehr erinnern. Als er anlief, lächelte ihm Sommer ins Gesicht. Nun täuschte der Torwart an, kniete sich kurz ab, richtete sich wieder auf. Der stolze Ramos wollte es ihm besonders heimzahlen, doch sein missglückter Schnibbler endete quasi direkt in Sommers Armen.
„Hätte es noch einen dritten Elfmeter gegeben, hätte ihn auch Ramos geschossen, und einen vierten genauso“, sagte Luis Enrique später dennoch, der Trainer versteht sich nicht umsonst glänzend mit seinem Abwehrchef: Er ist genauso stur. Wer Ramos’ Vorliebe zum letzten Wort kennt, kann sich schon mal auf das Champions-League-Duell am finalen Gruppenspieltag zwischen Real Madrid und Mönchengladbach freuen – dann gibt es ein Wiedersehen mit Yann Sommer.
Furchtloser Trainer
In Basel wahrte der spanische Abwehrchef immerhin insofern das Gesicht, als er in seinem Kernjob einmal auf der eigenen Torlinie rettete. Insgesamt konnte Spanien einen Rückstand (Remo Freuler, 26.) gegen dezimierte Schweizer (Platzverweis Nico Elvedi, 79.) nur noch ausgleichen (Gerard Moreno, 89.).
Nach diesem 1:1 muss Spanien am Dienstag in Sevilla gegen Deutschland gewinnen, um das Final Four der Nations League zu erreichen. „Wie das Viertelfinale bei einer EM“, definiert Luis Enrique die anstehende Partie, und daraus ergibt sich für sein Team besondere Brisanz. Seit Ende der großen Ära mit drei Titeln zwischen 2008 und 2012 hat Spanien kein Spiel mehr gewonnen, in dem es um den Aufstieg in eine nächste Runde ging. Zuletzt wurde bei der Nations League vor zwei Jahren eine hervorragende Ausgangslage mit zwei Niederlagen versemmelt.
Nun bekommt der ehemalige Trainer des FC Barcelona eine weitere Chance, sein Image als Siegertyp zu retten. 2018 wurde er auch deshalb angeheuert, weil man sich nach Jahren des Laisser-faire eine härtere Hand wünschte. Der betont furchtlose Luis Enrique, der fürs Teambuilding schon mal in Militärklamotten zum Paintball bittet, gestattet außer Ramos niemandem Privilegien oder auch nur Nominierungssicherheit. Statt Baustellen zu schließen, macht er bewusst immer neue auf. In der Schweiz etwa zog er dem bisherigen Stammkeeper David de Gea überraschend den Neuling Unai Simón vor.
Die Strategie lautet, angesichts der gegenwärtigen Personallage mit vielen guten, aber wenig außergewöhnlichen Spielern den Kreis möglichst groß zu halten und dann jeweils nach Formstärke aufzustellen. Flankiert wird sie von gutem Zureden.
„Meine Mannschaft unterhält mich, sie gefällt mir und ich gehe mit ihr bis an Ende der Welt“, so Luis Enrique nach dem Unentschieden in Basel. Auf dem Weg dahin hat der Übungsleiter mit dem Auswahlteam zuletzt allerdings nur eines der letzten fünf Spiele gewonnen und keines der letzten drei: Es ist dies Spaniens schlechteste Serie seit dem Jahr 2002.
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