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Sozialwohnungen in DeutschlandWieder weniger soziales Wohnen

Die Ampelkoalition hat den Bau von 100.000 Sozialwohnungen pro Jahr als Ziel ausgegeben. Doch auch im vergangenen Jahr waren es deutlich weniger.

Caren Lay (Die Linke), wohnungspolitische Sprecherin der Linksfraktion, spricht in der Plenarsitzung im Deutschen Bundestag, 2020 Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa

Berlin dpa | Die Zahl der Sozialwohnungen in Deutschland ist im vergangenen Jahr erneut gesunken. So gab es Ende 2022 bundesweit rund 1,088 Millionen solcher Wohnungen für Menschen mit kleinen Einkommen, rund 14.000 weniger als ein Jahr zuvor. Das geht aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Frage der Bundestagsfraktion der Linken hervor, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt.

Neu gebaut wurden im vergangenen Jahr demnach 22.545 Sozialwohnungen. Die Bundesregierung hatte angekündigt, jedes Jahr für 100.000 neue Sozialwohnungen sorgen zu wollen. Eine negative Bilanz ergibt sich trotz des Neubaus, da rund 36.500 Preisbindungen 2022 ausliefen, wie die Wohnungspolitik-Expertin der Linken, Caren Lay, feststellte, die die Anfrage gestellt hatte.

Im Vergleich der Bundesländer ist die Entwicklung unterschiedlich. So gab es etwa in Hessen einen Zuwachs von knapp 1.700 auf 82.172 Sozialwohnungen. In Hamburg stieg die Zahl nach einem Rückgang in den Vorjahren nun um gut 600 auf 81.006 Sozialwohnungen. Viele Länder hatten allerdings einen teils deutlichen Rückgang zu verzeichnen. So sank die Zahl der Sozialwohnungen etwa in Niedersachsen um fast 2.600 auf 52.601 und in Berlin um rund 4.500 auf 104.757.

Die meisten Sozialwohnungen insgesamt verzeichneten Nordrhein-Westfalen mit 435.025, Bayern mit 133.129 sowie Berlin. Spitzenreiter gemessen an der Einwohnerzahl waren Hamburg (4.281 pro 100.000 Einwohner), Berlin (2.790) und NRW (2.398). Den umfangreichsten Neubau in dem Bereich gab es in Bayern mit 4.056 bewilligten Neubaumaßnahmen im Bereich der Mietwohnungsförderung und in Baden-Württemberg mit 3.898 solcher Maßnahmen.

Die Zahl der Sozialwohnungen nimmt seit Jahren ab. Gab es in der alten Bundesrepublik noch fast 4 Millionen Sozialwohnungen, waren es 2010 knapp 1,66 Millionen und 2020 nur noch rund 1,13 Millionen. Die Mieten sind bei Sozialwohnungen staatlich reguliert. Wohnen dürfen dort nur Menschen, bei denen die Behörden einen besonderen Bedarf sehen. Nach einer bestimmten Zeit können die Wohnungen allerdings normal am Markt vermietet werden. Die Dauer dieser Bindung ist in den Ländern unterschiedlich geregelt.

Die Linken-Abgeordnete Lay warf der Ampel ein krachendes Scheitern ihrer Wohnungspolitik vor. „Der Tiefstand beim sozialen Wohnungsbau bei Neubau und Bestand ist angesichts ungebremst steigender Mieten und zunehmender Wohnungsnot höchst alarmierend“, sagte Lay der dpa. Sie forderte unter anderem ein öffentliches Wohnungsbauprogramm und ein Sondervermögen für bezahlbares Wohnen. Mindestens 20 Milliarden Euro müssten pro Jahr in den Bereich fließen. Die IG BAU hatte zuletzt ein Sondervermögen von 50 Milliarden Euro für den Bau von Sozialwohnungen gefordert.

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10 Kommentare

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  • "es müßte untersucht werden, inwiefern neubauen das non plus ultra wäre.

    es gibt derzeit unter architektInnen die entwicklung, nicht neu zu bauen.

    stattdessen: umbau, umwidmung."

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    Das Thema wurde schon mal durchgerechnet. Fazit: Mit Hinblick auf die EU-Klimaziele und die damit verbundenen Bauvorschriften sind Neubauten billiger als Umbauten.

    • @SeppW:

      ja schön, billiger.+die umwelt?

  • mehr sozialwohnungen kriegt eines auch, wenn das auslaufen der sozialen bindung unterbunden wird.



    es müßte untersucht werden, inwiefern neubauen das non plus ultra wäre.



    es gibt derzeit unter architektInnen die entwicklung, nicht neu zu bauen.



    stattdessen: umbau, umwidmung.

    das problem der zu großen wohnungen älterer menschen - die die wohnung u.a. deswegen behalten, weil die miete immer noch günstiger ist als die einer neuen, wesentlich kleineren wohnung.

    so gehts übrigens mir. die pflege der viel zu großen wohnung kostet für altere + kranke menschen (wie z.b. ich) vielzuviel kraft + ist so überflüssig ... ja, wenn ich doch nur tauschen könnte.

    kann ich aber nicht, weil mein vermieter ein a... ist + nur darauf aus, beim umzug die miete so kräftig zu erhöhen, wies nur irgend geht. außerdem gestattet er gerade mir keinen umtausch (weil ich ja zig-jahre gegen ihn gekämpft habe).

  • Der soziale Sektor in Deutschland funktioniert perfekt - wenn man ihn nicht braucht.

    Brauchst du IRGENDWAS aus diesem Sektor, egal ob durch Krankheit, Behinderung ....egal was... dann bist du völlig im Eimer.

    Allein aus meinen Erfahrungen daraus könnte ich ein ganzes Buch schreiben und füllen.

  • Ja, labern reicht halt nicht.



    Und beim "Machen" ist die Koalition ja wahrlich nicht fluffig und agil.

  • Wo ist das Problem? Die Berliner haben



    (ein Beispiel unter vielen) mehrheitlich Parteien gewählt, die kein Problem mit steigenden Mieten haben. Entsprechend wird - in Berlin und anderswo - nur der Wille der Mehrheit umgesetzt.

    • @Kaboom:

      Das setzt vorraus, dass die zur Wahl stehenden vorher schon die Wahrheit sagen.

      Und? Tun sie das ?

      Sonst wird nicht der Wille der Mehrheit umgesetzt sondern ganz im Gegenteil - die Erwartungen der Mehrheit werden ad absurdum geführt.

  • Schön. Der nächste Sektor, der einer massivsten Dauersubventionierung auf Kosten des Steuerzahlers bedarf. 20 Mrd. Euro pro Jahr ?! 50 (!) Mrd. € ?? Naja, was solls. Der Sozialsektor macht eh als Letzter das Licht aus.

    • @SeppW:

      2022 wurden schon 1,4 Mrd für Wohngeld ausgegeben. Dazu kommt noch die Mietkostenübernahme beim Bürgergeld (konnte leider keine Statistik finden).

    • @SeppW:

      ...ohne genügend Wohnraum - keine Steuerzahler...ganz schlecht...