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Sozialleistungen während CoronaGericht hält Bürgergeld für ausreichend – trotz Inflation

Waren die Sozialleistungen für Arbeitslose in der Corona-Pandemie trotz hoher Inflation ausreichend und korrekt bemessen? Das Bundessozialgericht sagt ja.

Der Gesetzgeber habe ausreichend auf die Inflation reagiert, urteilt das Bundessozialgericht in Kassel Foto: Heike Lyding/imago

epd | Die Höhe des Bürgergeldes im Jahr 2022 war trotz massiver Preissteigerungen wegen der Covid-19-Pandemie und des Ukrainekrieges nach Auffassung des Bundessozialgerichts (BSG) verfassungsgemäß. Der Gesetzgeber habe einen weiten Gestaltungsspielraum bei der Festlegung von Sozialleistungen und habe mit der Anpassung der Regelbedarfe ab 2023 und der im Juli 2022 gewährten Einmalzahlung in Höhe von 200 Euro ausreichend schnell auf hohe Preissteigerungen reagiert, urteilten am Dienstag die Kasseler Richter. (AZ: B 7 AS 20/24 R, B 7 AS 30/24 R und B 7 AS 6/25 R)

Die drei Kläger rügten, dass die im Jahr 2022 vorgesehenen Hartz-IV-Leistungen, das heutige Bürgergeld, in verfassungswidriger Weise zu niedrig waren und das menschenwürdige Existenzminimum mit den Geldern nicht abgedeckt haben. Sie verwiesen darauf, dass es wegen der Covid-19-Pandemie und des Überfalls Russlands auf die Ukraine massive Preiserhöhungen insbesondere bei Lebensmitteln und Energie gegeben und nicht ausreichend vom Regelbedarf abgedeckt worden. Beklagte waren die Jobcenter Brandenburg an der Havel und Neckar-Odenwald sowie das Jobcenter im Kreis Borken.

Streit über 53 Euro

Im ersten Verfahren rechnete die Klägerin, eine Mutter von drei minderjährigen Kindern, vor, dass zwischen Januar 2021 und September die regelbedarfsrelevanten Preise um 11,89 Prozent und bis Oktober 2022 um 12,97 Prozent gestiegen seien. Wegen der Preissteigerung machte sie für den Monat Oktober weitere 53 Euro geltend. Tatsächlich hatte sie als Alleinerziehende 449 Euro monatlich nach der Regelbedarfsstufe 1 erhalten.

Das Jobcenter verwies auf die vom Gesetzgeber im Juli 2022 gewährte Einmalzahlung in Höhe von 200 Euro. Preissteigerungen seien damit abgedeckt worden. Zwar seien Lebensmittel teurer geworden, andere Bedarfe wie etwa Kino oder Verkehr in Form des 49-Euro-Tickets seien geringer ausgefallen, so das Gericht.

Klage über zu späte Anhebung der Zahlungen

Im zweiten Verfahren rügte der alleinstehende Kläger, dass der Gesetzgeber viel zu spät auf die Teuerungen reagiert hatte. Ähnlich argumentierte auch im dritten Fall ein klagendes Ehepaar. Sie machten einen um rund 115 Euro höheren Regelbedarf pro Person geltend. Dass die Preissteigerungen ab 2023 teilweise berücksichtigt worden sind, helfe ihnen wegen ihres Rentenbezugs seit Dezember 2022 nicht mehr, argumentierten die Kläger.

Das BSG urteilte, dass die Hilfeleistungen „nicht evident unzureichend“ waren. Die Höhe des Arbeitslosengelds-II sei nicht in verfassungswidriger Weise zu niedrig gewesen. Zwar müsse der Gesetzgeber fortwährend und zeitnah prüfen, ob der Regelbedarf das Existenzminimum wirklich korrekt abbildet. Der Gesetzgeber habe angesichts der Preissteigerungen ab Januar 2023 den Bedarf aber neu angepasst. Mit der im Juli 2022 gewährten Einmalzahlung in Höhe von 200 Euro habe er zudem seine „Reaktionspflicht“ auf die inflationsbedingten Preissteigerungen erfüllt und zeitnah reagiert, so das Gericht.

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