Soziale Erhaltungsverordnung startet: Hamburg erweitert Mieterschutz

Mit der bislang größten sozialen Erhaltungsverordnung sollen 64.000 Mieter*innen vor Mietpreissprüngen und Wohnungsumwandlungen geschützt werden.

Die Fassade eines Altbaus

In allen Großstädten begehrt und kaum noch zu bezahlen: Altbauwohnungen Foto: dpa

HAMBURG taz | Es ist bereits die elfte, aber auch bislang weitreichendste Soziale Erhaltungsverordnung, die am heutigen Mittwoch in Kraft tritt. 64.000 EinwohnerInnen, die auf einer 350 Hektar großen Fläche leben, sollen durch sie vor galoppierenden Mieten geschützt werden. Das Schutzgebiet umfasst etwa das Areal rund um die Osterstraße, das Generalsviertel am Eimsbüttler Weiher oder auch die Straßenzüge nördlich der Christuskirche.

Die Verordnung verbietet in großen Teilen von Eimsbüttel, in Hoheluft-West und Stellingen-Süd, jede Form der Luxusmodernisierung, erschwert die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen und bremst dadurch Immobilienspekulanten aus. So besitzt die Stadt bei Spekulationsverdacht ein Vorkaufsrecht, das sie bislang noch nirgends ausüben musste. In der Vergangenheit gelang es stets, Immobilienkäufer in den betroffenen Wohngebieten durch eine „Abwendungsvereinbarung“ auf die mietpreisdämpfenden Ziele der Erhaltenssatzung zu verpflichten.

Seit 1995, als die südliche Neustadt, das bislang kleinste Areal mit gerade mal elf Hektar Fläche, zum Erhaltensschutzgebiet erklärt wurde, wird das In­strument in Hamburg angewandt. Doch erst seit dem Amtsantritt von Olaf Scholz (SPD) erlangte die Verordnung Serienreife.

Für zehn Stadtgebiete, in denen rund 185.000 Menschen leben, wurden seit 2012 zehn Erhaltungsverordnungen erlassen. Die bislang größten sind Altona-Altstadt (seit 2014) mit 28.000 und St. Pauli (seit 2012) mit über 22.000 BewohnerInnen, doch auch die Sternschanze, St. Georg und Ottensen wurden geschützt.

Die Schutzwirkung der Satzung besteht darin, dass alle Abriss-, Modernisierungs- und Umwandlungsmaßnahmen beantragt werden müssen und amtlich untersagt werden können.

Fast 1.000 Hektar Stadtfläche, verteilt auf elf Gebiete, in denen fast 190.000 Menschen leben, stehen seit dem heutigen Mittwoch unter Schutz.

„Dauerhaften Schutz vor Aufwertung und Verdrängung“, verspricht Stadtentwicklungssenatorin Dorothee Stapelfeld (SPD) durch die Verordnung und kündigt zeitgleich schon die nächste an. Auch Altona-Nord mit etwa 22.000 BewohnerInnen soll demnächst unter Schutz gestellt werden. Dann wird westlich der Alster ein fast geschlossenes Areal zwischen Hoheluft und Elbrand, der Neustadt und Bahrenfeld-Süd unter Schutz stehen.

Wie effektiv dieser wirkt, ist allerdings wissenschaftlich nicht erforscht. Schon lange von der Stadt angekündigt liegt noch immer keine unabhängige Untersuchung darüber vor, inwieweit Luxusmoderniserung, Mietgalopp und die Verdrängung einkommensschwächerer AnwohnerInnen durch die Schutzklauseln ausgebremst werden konnten. Kritik an der neuen Satzung kam am Dienstag aber allein von der Hamburger FDP. Für sie ist die Verordnung nur eine „sozialistische Käseglocke“, die „keine Mieten senkt“.

In dem nun unter Schutz gestellten Gebiet gibt es 89 Prozent Mieter-Haushalte und nur elf Prozent selbstgenutzte Eigentumswohnungen. 31 Prozent der Wohnungen liegen unterhalb des Mittelwerts des Mietenspiegels, 61 Prozent darüber. Wegen der guten Infrastruktur und dem hohen Altbau-Bestand ist Eimsbüttel eines der beliebtesten Hamburger Wohngebiete.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.