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Sozialdemokraten und TTIPSPD-Spitze droht Showdown

Der SPD-Vorstand wollte dem Parteitag ein wirtschaftsfreundliches Papier zu TTIP vorlegen. Nach interner Kritik muss er es überarbeiten.

Protestaktion vor dem Münchner Messegelände Foto: dpa

Berlin taz | Über das brisanteste Thema diskutiert die SPD auf ihrem Parteitag ganz am Schluss. Die Regie hat die Debatte über die Freihandelsabkommen TTIP und Ceta für Samstag angesetzt. Als vorletzten Tagesordnungspunkt am dritten Tag also, danach wird noch ein Mitmach-Preis verliehen. TTIP unter ferner liefen, wenn viele Delegierte schon im Zug sitzen? Das kann Zufall sein, glauben muss man das nicht.

Schließlich hat die SPD-Spitze um Sigmar Gabriel kein Interesse daran, den Freihandelsstreit anzuheizen, der die SPD lange beschäftigt. Viele Genossen finden private Schiedsgerichte falsch, die in den Verträgen eine Rolle spielen sollen. Die Genossen fürchten sinkende Sozialstandards oder unfairen Investorenschutz. Gabriel, nicht nur SPD-Chef, sondern auch Wirtschaftsminister, versuchte die Skepsis mit roten Linien zu beruhigen. Doch auf dem Parteitag droht ein Showdown. TTIP- und Ceta-Kritiker könnten Gabriels Kurs torpedieren.

68 Anträge aus Unterbezirken liegen vor. Die meisten sind kritisch im Ton, manche fordern gar den sofortigen Stopp der Verhandlungen. Der SPD-Vorstand wollte ursprünglich mit einem wirtschaftsfreundlichen Vorschlag ins Rennen gehen. Er beschloss vor gut einer Woche eine Vorlage mit dem Titel „Globalisierung gestalten – fairen Handel ermöglichen“, welche die Vorteile des weltweiten Handels betont. Die Abkommen böten die Chance, „die wirtschaftliche Globalisierung politisch zu gestalten“, heißt es in dem Papier, das der taz vorliegt. Wenn die SPD keine Regeln festlege, würden die niedrigsten Standards und Dumpinglöhne in der Welt dominieren. Zwar erwähnt der Vorstand auch die kritischen Forderungen, die ein Parteikonvent im September 2014 beschlossen hatte.

Aber die Skeptiker finden, dass sie zu weich beschrieben sind. „Der Vorstand formuliert keine roten Linien, sondern fromme Wünsche. Das reicht nicht“, sagt der SPD-Linke Klaus Barthel. Barthel sitzt im Bundestag, er ist Chef der Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen (AfA). Der AfA-Vorstand will einen Initiativantrag einbringen, der den SPD-Wirtschaftsminister in die Bredouille bringen würde. Darin steht klipp und klar: „Die SPD lehnt Ceta in der aktuell vorliegenden Fassung ab.“

Der Duktus des Vorstands

Der Parteivorstand formuliert fromme Wünsche

Klaus Barthel, SPD-Linker

Das Problem: Das Abkommen zwischen Europa und Kanada ist schon verhandelt. Es enthält diverse Punkte, die die SPD-Kritiker ablehnen. EU-Parlamentspräsident Martin Schulz strebt Nachverhandlungen an, doch ob dies Erfolg hat, ist unklar. Würde ein SPD-Parteitag nun die Ablehnung festzurren, steckte Gabriel im Dilemma. Er müsste für das Ende eines fertigen Deals kämpfen. Die SPD-Spitze müht sich deshalb darum, diesen Punkt in letzter Minute zu befrieden. Die Antragskommission arbeite an einer Kompromissformulierung, hieß es am Montag in Partei- und Fraktionskreisen.

Doch Ceta ist nicht der einzige Graben, der sich auftut. Kritiker stören sich an dem ganzen Duktus des Vorstands. Wenn jener zum Beispiel von „Erwartungen“ der SPD bei Arbeitnehmerrechten schreibt, würde der SPD-Linke Barthel lieber von „Mindestbedingungen“ sprechen. Dass die SPD immer für eine fiese Pointe gut ist, zeigt die Auswahl des Hauptredners zu TTIP. Einbringen muss den Antrag ausgerechnet Bundesvize Ralf Stegner. Stegner ist eine profilierte Stimme des linken SPD-Flügels, in dem viele Skeptiker zu Hause sind.

Stegner selbst sieht kein Problem. „Unsere Haltung zu TTIP und Ceta ist klar“, sagt er. „Eine Zustimmung gibt es mit der SPD nur dann, wenn unsere Bedingungen erfüllt werden.“

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14 Kommentare

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  • tragischerweise ist nun ein europaweiter Rechtsruck zu beobachten, der seinen Zweck erfüllt, den Linksruck ( Griechenland, Portugal, ...) zu verhindern. Ein paar Flüchtlinge, ein paar geduldete Attentate. Die Neo-Konservativen im Hintergrund reiben sich schon die Hände, es wird keine breite, europäische, parlamentarische Oppostion gegen TISA, CETA, TTIP, Rüstung (inklusive Arsenalleerung in Syrien), Totalüberwachung mehr geben. Der Michel, der europäische, hat's geschluckt und wählt brav wieder konservativ bis rechts ...

    Und selbst wenn die SPD im Parlament einzieht, Zweifel sind angebracht, dann gibt's eben eine Schwarz/Braun/Rote GroKo und es wird alles 'abgenickt', was nur neo-liberal und totalitär duftet

    • @Arthur Dent:

      "Und selbst wenn die SPD im Parlament einzieht...,"

      Isse doch schon seit 1949 durchgängig.

  • Das Rumhacken auf der SPD verdeckt leider den größeren Umfang des Problems.

    Auch die Nachfolgerparteien der SPD (Grüne und PdLinke) leiden bereits unter diese Krankheit, die sich Partei-Filz nennt.

    Alle Parteien werden durch üppige finanzielle Unterstützung von Lobbyisten, aber vor allem und noch mehr durch Staatsfinanzierung gekauft.

    Üppige Diätenregelungen, Fraktions- und Stiftungsfinazierungen summieren sich pro Jahr auf ca eine Mrd. Euro.

    Dadurch übersteigt die Finanzierung durch den Staat die Mitgliederbeiträge um das zehnfache !.

    Dies ist in anderen Ländern in eitwas geringerem Umfang prinzipiell genauso.

    Partei-Politiker werden überall vom Staat gekauft und werden zu "Staatpolitikern".

    Wie werden in Berlin versuchen diesen Politik-Filz durch einen Satz von Bevölkerungsentscheiden erheblich zu stutzen. https://www.change.org/p/an-den-pr%C3%A4sidenten-des-dt-bundestags-herrn-lammert-bitte-empfehlen-sie-den-fraktionen-des-dt-bundestags-die-entsch%C3%A4digung-di%C3%A4ten-der-bundestagabgeordneten-auf-den-betrag-des-durchschnittseinkommens-der-bev%C3%B6lkerung-j%C3%A4hrlich-festzusetzen

    • @Bernd Hinz:

      Sie schreiben hier von "Nachfolgerparteien der SPD". Hoffentlich erinnern sich da noch einige an den Zeitpunkt der Auflösung der SPD. Das muss wohl weit vor meiner Zeit gewesen sein.

  • Man kann in Deutschland alles wählen (außer die Braunen), aber nicht die SPD. Das SPD Wahlprogramm 2013 – 2017 beinhaltete 14 zentrale Versprechen. Mietbremse, Dispozinsabzocke der Banken, Mindestlohn 8,50 €, Finanzkapitalismus bändigen, Für eine gerechte Steuerpolitik sorgen, Privatisierungen eindämmen, Einführung der Vermögensteuer, Erbschaftssteuer wieder einführen, Vorstands- und Managergehälter, einschließlich Boni bändigen, Bürgerversicherung einführen und für ein gerechtes Gesundheitssystem sorgen, Bettelrenten abschaffen Stichwort: „gute Arbeit, gute Rente“, Markttransparenz für Verbraucherschutz herstellen, Lobbyregister und Abgeordnetenbestechung endlich unter Strafe stellen, Entlastung von steigenden Sozialausgaben.

    Davon ist halbwegs die Mietbremse beschlossen und der Mindestlohn. Wir zählen von 14 zentralen Wahlversprechen wurden zwei umgesetzt, entspricht 14% bzw. wurden 86% der Wahlversprechen durch die SPD-Schröder Clique über Bord geworfen.

     

    Fazit:

    Der letzte SPD Wahlkampf war nur “fang den Doofie ein“

    Dieses Schema, die eigene Klientel zu verraten und zu verkaufen hat einen Namen – SPD. Auch die Griechische SPD, die PSAOK hatte 2009 noch 42% Zustimmung, heute tümpeln sie bei 5% rum. Zu Recht!

  • Die SPD schafft sich ab!

    Sie hat keine eigenen Themen mehr, keine Werte, keine Überzeugung, einfach nichts!

    Eine wirkliche Partei der Arbeitnehmer würde keine Geheimverhandlungen akzeptieren. Sie würde offen diskutieren. Aber die SPD, der Gabriel vorsteht, ist zum Fußabtreter der CDU verkommen.

    SPD wählen heißt Merkel wählen!

    Kein Bürger der EU braucht TTIP und Ceta, außer die Reichen und ihre Lobbyisten.

    Und da zeigt sich wieder- die SPD ist eine Lobbypartei des Kapitals geworden!

    • @Thomas Ebert:

      Und die Linke als Lobby-Partei für Putin.

      Lieber Kapitalismus danke schön.

      • @anton philips:

        Manche Leute kommen auch einfach nicht ohne Seitenhieb Richtung Russland aus, egal um welches Thema es geht, nicht wahr? Oh ich vergass, es geht ja nicht um Russland, es geht ja um den Teufel 3.0 (1.0 Hussein, 2.0 BinLaden). Einfach nur noch lächerlich, dieses Permanent-Getrolle. Und wenn dieses durchsichtige undemokratische Verhalten Ihrerseits für Kapitalismus steht, wähle ich lieber die Kommunisten, Linken oder was auch immer Sie grade für ein Feindbild aufbauen möchten.

  • Die Mehrheit der Deutschen ist gg TTIP. Die SPD könnte hier endlich mal Stimmen sammeln und ggü der CDU/CSU aufholen. Und was macht sie? Läuft den TTIP-Befürwortern hinterher. Unglaublich!

     

     

    Kommentar gekürzt. Bitte keine Werbung.







     

  • Die SPD hat verloren, wenn sie auf ein Freihandelsabkommen, wie Ceta ud TTIP eingeht. Als Vorbild für eine europaweite Sozialpolitik wird sie ins Abseits geraten. Statt für alle Länder Osteuropas und den Ländern, die durch den Euro-Bankrott nach 2007/08 eine Wirtschaftskrise durchleben, einen Plan für mehr Infrastruktur und lokale Gewerbe aufzubauen, macht die Politik von Sigmar Gabriel dort die Türen für globale Konzerne noch weiter auf , als sie es schon sind. So wiederholt die SPD-Führung das, was die Sozialdemokratie immer machte: Sich selbst zu zerfleischen. Mit Ebert, Noske, Scheidemann bis zu Müller, die immer gegen die Linke mehr gekämpft haben, als gegen Rechts. Statt weiter für eine soziale und freiheitliche SPD zu kämpfen wie Willy Brandt, gingen die fortschrittlichen Genossen entweder zu den GRÜNEN, LINKEN oder setzten sich frustriert zur Ruhe und überliessen der CDU/CSU den Kohl - Pups!

    • @Johannes Spark:

      "Als Vorbild für eine europaweite Sozialpolitik wird sie ins Abseits geraten."

       

      Ja, so wird es wohl kommen, nachdem die SPD durch ihre deutschlandweite Sozialpolitik (Agenda 2010 und Ähnliches mehr) bereits im Abseits steht.

       

      Das Problem geht jedoch tiefer. Indem die SPD im Abseits steht, sie auf jeden Fall keine ernstzunehmende Alternative mehr ist, konnte Schäuble-Merkel auch europaweit ihre Wirtschafts- und Sozialpolitik durchsetzen.

       

      Und die hat beispielsweise bei den Regionalwahlen gestern in Frankreich ihre Wucht und Macht bereits gezeigt

      • @Der Allgäuer:

        Ich fürchte fast, als (mieses) "Vorbild" für eine europaweite Sozialpolitik" hat DIE SPD bereits großen Erfolg gehabt. Wobei - sie hat ja doch nur Labour unter Toni Blair kopiert. Sozialpolitik, jedenfalls, scheint neuerdings zu sein, wenn eine Parteiführung ihre eigenen Pfründe ohne große Rücksicht auf eventuelle Verluste ihrer Wähler sichert und das hinterher als positiven Kompromiss hinstellt.

         

        Ja, so demontiert man als deutscher "Sozialdemokrat" die notwendige Oposition gegen Rechts. Spalte und herrsche. Früher hat man sowas einen Pakt mit dem Teufel genannt. Leider. Bei DEN "Sozialdemokraten" der SPD-Führung scheint aus dieser Zeit die Überzeugung hängengeblieben zu sein, dass man mit Teufeln feilschen muss, wenn man sich für besonders clever hält.

  • "…Stegner selbst sieht kein Problem. „Unsere Haltung zu TTIP und Ceta ist klar“, sagt er. „Eine Zustimmung gibt es mit der SPD nur dann, wenn unsere Bedingungen erfüllt werden.“

     

    Schön - & die sind bitte welche?

    Hier stehn sie hoffentlich nicht.

    Oder - hab ich was übersehen?!

    Irgendwelches indifferentes Gegrummel - mehr is nicht.

     

    Wie wärs denn mal mit ner klaren

    Position zu dem per Whistleblowing allseits bekannten - dem Gesetzgebungsverfahren ->

    Vorgeschalteten Lobbying-Gremium

    = undemokratischer & verfassungswidriger ist kaum vorstellbar!

    Und¿ -> Klar -> Nix - Zero - Null ->

    Tote Hose!! Herr Stegner.

     

    Statt dessen wieder das Ablenkgeseier -> Handelsgerichte!

    Da werden im Vergleich zum

    Lobbying- Gremium aus

    Wirtschafts-Industriellen/BankenKomplex &

    EU-Administration - & deren Tätigkeitsfelder nur peanats - vergessene Krümel zu Lasten der Steuerzahler abgeräumt.

     

    Aber Stegner - Die dicke Hose?! ->

    "Ohne SPD läuft nix!" Geht's noch¿

    Nassen Hut auf¿ Wer hat uns …eben!

    kurz - Träum weiter - Alter!

    SPD - NEE.

    • @Lowandorder:

      & an die Hand

       

      Stegners Ralf ->

      Ins Stammbuch!

      Der rote Jochen fehlt - Jau!

      Un liggers&bannig - Das Schmeerzt!

      Jau - ever -> & but ->

      So Möchtegerns -

      So - EisamStiel Buttjes -

      De so gau grad anne

      Klütenpann kaam - mit denn -Achtersteven.

      Dee - Jung¡ - de bruck keen een.

      Liggers - Keen Aas!¡)

       

      Herz! & damit Hirn!! -

      Alter! - Nix (W.N.)

      Un een eulichen Schleef -> Humor¿!!

      Fehlanzeige. ->

       

      "Bald gras ich am Neckar -

      Bald gras ich am Rhein!"

      kurz - Gepfiffen!

       

      Natalje - Un nu kömst du!