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Sozialdemokraten und FreihandelKompromissvorschlag zu Ceta

Europäische Sozialdemokraten suchen einen Weg, um den Investitionsschutz zu kontrollieren. Unabhängige Richter und Wissenschaftler sollen in Streitfällen entscheiden.

Auch du, Genosse, machst mit beim Investitionsschutz! Bild: dpa

BERLIN dpa | Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) hat mit seinen sozialdemokratischen EU-Amtskollegen einen Kompromiss für das Freihandelsabkommen mit Kanada (Ceta) vorgeschlagen. So soll es klare rote Linien für den umstrittenen Investitionsschutz geben – Kritiker fürchten, dass vor privaten Schiedsgerichten nationale Gesetzesentscheidungen ausgehebelt werden könnten.

In einem Beschlusspapier der sozialdemokratischen Handelsminister wird betont, dass dies verhindert werden soll. Statt privaten Schiedsgerichten wird die Schaffung eines Investitionsgerichtshofs ins Spiel gebracht.

Unter anderem soll das Ändern von Gesetzen, auch wenn dies die Gewinnmargen deutlich senkt, keinen Klagegrund mehr darstellen. Zudem soll eine Berufungsoption eingeräumt werden, wenn Investoren in solchen Verfahren Recht bekommen. Und Investoren müssen sich entscheiden, ob sie vor einem nationalen Gericht klagen oder vor einem Schiedsgericht. Um die Zahl der Verfahren zu minimieren, soll das Prinzip „Der Verlierer zahlt“ gelten. Dies liegt auf einer Linie mit Überlegungen der EU-Kommission.

Ceta ist die Blaupause für das TTIP-Abkommen zwischen EU und USA. Die Beilegung von Investor-Staat-Streitigkeiten (ISDS) ist bei beiden ein Hauptknackpunkt. Ceta ist eigentlich ausverhandelt, derzeit läuft die Prüfung der Rechtsförmlichkeit, bis Ende 2015 sollen die EU-Staats- und Regierungschefs entscheiden, dann die nationalen Parlamente. An diesem Montag gibt es große Beratungskongresse der deutschen Wirtschaft und der SPD zu Ceta und TTIP in Berlin. Gerade in Deutschland ist der Widerstand gegen die Abkommen groß.

Berufsrichter sollen entscheiden

„Wir fordern einen neuen Ansatz zur Durchsetzung des Rechts auf Regulierung und des Investitionsschutzes“, betonten die Minister mit Blick auf einen neuen Investitionsgerichtshof. Die Richter für solche Verfahren sollen zudem aus einem festgelegten Pool von hochqualifizierten, von der EU, Kanada und den EU-Mitgliedstaaten benannten Schiedsrichtern ausgewählt werden „und soweit möglich qualifizierte Berufsrichter und Wissenschaftler umfassen“.

Generell betonen die Minister, der Investitionsschutz solle keine Möglichkeit zur Anfechtung nationaler Gerichtsentscheidungen bieten. Schiedsgerichte dürften nicht „de facto als oberstes Gericht“ fungieren und nationale Gerichtsentscheidungen aufheben.

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8 Kommentare

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  • Es werden Abkommen abgeschlossen, die hinter verschlossenen Türen ausgehandelt werden. Die Ergebnisse umfassen viele LEITZ- Ordner und bestehen aus hunderten von Paragrafen, meist auf Englisch. So wie die mit vielen Kommunen abgeschlossenen Public Personal Partnership Verträge. Sie dienen allein der Maximierung von Profiten, die auf den Briefkasten - Inseln allen staatlichen Steuerbehörden entzogen sind. Daraus bildet sich eine neue Sklavenhalter Gesellschaft, wie von Google angestrebt. Recht haben nur die Reichen, die ihr Geld ergaunert oder es von ihren schlimmen Vätern geerbt haben. Das ist bereits die neue Diktatur, nein der Faschismus des Geldkapitals. Demokratie ist out! Das Grundgesetz Art. 14, Abs. 2 können wir uns in den Arsch stecken.

    Wenn unsere Politiker das mitmachen, sollten sie von uns Bürgern verbannt werden. Werte, wie im Grundgesetz festgeschrieben, müssen bleiben:

    Freiheit Gleichheit und Menschlichkeit

  • "Die Richter für solche Verfahren sollen ... „soweit möglich qualifizierte Berufsrichter und Wissenschaftler umfassen“.

     

    Soweit möglich? An sich hören sich die Ideen in diesem Artikel ja schon mal deutlich besser an als der bisherige Wortlaut von Ceta. Aber diese Formulierung lässt da noch ein riesengroßes Schlupfloch!

     

    Selbstverständlich dürfen diesen Job ausschließlich (!!!) qualifizierte Berufsrichter machen. So wird ein Schuh draus... Wir haben schon genug Administrokratie in der EU, die USA sind da gewiss nicht besser, und in Bezug auf Kanada bin ich mir da auch nicht sicher. Solch eine wichtige rechtsstaatliche Aufgabe muss ausgebildeten und erfahrenen Richtern vorbehalten sein.

  • wenn's doch insgesamt so gar keine Vorteile hat (CETA & TTIP), warum dann mitmachen, Herr Gabriel?

  • Sigmar Gabriel wird seine Parteimitglieder und Wähler genauso verraten und verkaufen, wie es bereits seine Vorgänger, bzw. seine Mentor Gerhard Schröder, getan haben.

    Jetzt fragen sich wahrscheinlich viele, wie lange das so weiter gehen soll, nachdem die SPD faktisch 2003, 2005, 2009 und 2013 immer weniger gewählt wurde.

     

    Die griechische SPD – PASOK hatte 2009 noch 42% aktuell unter 5%. Soviel, das selbst die große Koalition nicht mehr zu einer Regierungsmehrheit reicht.

    Solange die Neoliberalen in der SPD, Frank Walter Steinmeier, Zypries, Ula Schmidt, Ehefrau von Müntefering, PeeR Steinbrück, Nahles, Heil, Scholz, Pronold, Dieter Wiefelspütz, Kahrs und Seeheimer Verein ___________ das Sagen haben, wird die Politik gegen die breite Schicht der Bevölkerung weiter gehen.

  • Gabriel hat sich übergangslos in die Reihen der durckmäuserischen und gesichtslosen pro TTIP/CETA/TISA Pappnasen eingereiht. Noch vor einigen Monaten versucht die Résistance vorzutäuschen - das Bild des bürgernahen und verstehenden Polikers, der sich gegen solche Abkommen ausspricht. Wie zu erwarten zeigt auch er seine großkapitalistische Fratze und kriecht über die Ausflüsse transatlantischer Pinguine! Gabriel ist ein schlechter Witz und es ist eine Schande für ein Land, wenn eine solch austauschbare Marionette einen Ministerposten inne hat! PFUI

  • short cut -

     

    Soll frauman einem trauen - der noch vor ein paar Wochen die Bürger dieser Republik, seine Wähler - der Souverän - glaubte mit den Worten verspotten zu dürfen -

    "Die demonstrieren gegen etwas - was sie gar nicht kennen."?

     

    NEIN SIGGI PLOPP - ich wüßte nicht warum - und niemand sonst bei Verstand!

    Und - was ich jetzt lese - ist mehr als schwammig -

    Und läßt außen vor - daß der IndustrielleKomplex schon im Gesetzgebungsverfahren -

    also außerhalb jeglicher demokratischer Legitimation beteiligt werden soll!

     

    Sorry -- aber verarschen können wir uns immer noch besser alleine;

    NEIN - In guter alter und echter sozialdemokratischer Tradition -

    (lang vor unser beider Zeit) - symbolisch-konkret:

    "Das ist (allenfalls) der Groschen - aber wo ist die Mark?"

  • ich weiß nicht um was es geht beim Investorenschutz bei TTIP, aber eins sollten sich unsere Politiker mal durch den Kopf gehen lassen.

    Man konnte noch nie in der BRD so günstig Fremdkapital leihen, um seinen Betrieb zu erweitern. Die Branchen müssten wie wild investieren und wachsen, tun sie aber nicht.

    Ein Grund wird mit Sicherheit das fehlende Vertrauen in unsere Politik sein, die immer neue Gesetzesverschärfungen auf die Unternehmen los lässt ohne realistische Übergangsfristen. So passiert es, seid Schröder unter allen Regierungen, immer wieder, das gerade erst in betrieb genommen Anlagen (die ca. 20 Jahre laufen müssen um Gewinne abzuwerfen), am Tag der Inbetriebnahme schon veraltet sind und aufwendig umgerüstet werden müssen.

    In einem solchen Klima der Investorenangst ist der auf der sicheren Seite der nur das nötigste macht und auf bessere Zeiten wartet.