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Sozialatlas MitteWohnen macht arm

Die soziale Schere geht im Bezirk Mitte immer weiter auf. Stadrat Ephraim Gothe (SPD) stellte aktuelle Daten vor – und wies auf die Ursachen hin.

Fast die Hälfte der Kinder und Jugendlichen in Mitte lebt von Hartz IV (Symbolbild) Foto: dpa

In der aktuellen Debatte um die mögliche Enteignung von großen Wohnungseigentümern in Berlin hat sich am Freitag auch der Sozialstadtrat von Mitte, Ephraim Gothe (SPD), zu Wort gemeldet: „Das finde ich sympathisch“, erklärte er anlässlich der Vorstellung einer neuen Statistik zur sozialen Lage im Bezirk Mitte. Allerdings sei er skeptisch, ob ein solches Vorgehen angesichts der hohen Kosten für die öffentliche Hand „zielführend“ sei, „zumal damit keine einzige Wohnung geschaffen wird“.

Gothe machte eine Reihe von anderen Vorschlägen zur Schaffung von mehr bezahlbarem Wohnraum. „Wir müssen bauen, bauen, bauen, aber zusammen mit Brandenburg gekoppelt an mehr Grün.“ Auch solle der Senat nicht nur Wohnungen zurückkaufen, sondern auch Boden. Zur Entwicklung neuer Flächen für Bauland und Stadtgrün müsse man zudem wegkommen vom Autoverkehr. „Wir brauchen in Mitte so viel Raum für Parkplätze wie der ganze Tiergarten“. Auf Parkstreifen könne man zwar „keine Schule bauen, aber Radwege und Bäume pflanzen“. Gothe plädierte auch für schärfere gesetzliche Regelungen zur Mietpreisbindung: „Mietpreise müssen sich an den Kosten orientieren.“

Ausgangspunkt von Gothes Überlegungen sind die aktuellen Sozialdaten des Bezirks. Sie zeigen, dass die soziale Schere in Berlin weiter auseinander geht – „und dies 20 Jahre nach Beginn des Quartiersmanagements“, wie der Stadtrat betonte. Das durchschnittliche Netto-Pro-Kopf-Einkommen lag zum Beispiel im Jahr 2001 zwischen Mitte (775 Euro) und Pankow (875 Euro) nur 100 Euro auseinander. Bis 2017 stieg das Durchschnittsgehalt in Pankow auf 1.475 Euro, in Mitte aber nur auf 1.075 Euro.

Auch an den Arbeitslosengeld-II-EmpfängerInnen lässt sich dies gut ablesen: Gegenüber Pankow, wo 9,5 Prozent der EinwohnerInnen Hartz IV beziehen, sind es in Mitte 23,8 Prozent. gibt es große Unterschiede innerhalb des Bezirk: Im Soldiner Kiez leben 38,6 Prozent von ALG II, im Quartier Brunnenstraße Süd lediglich 5 Prozent. Auch fast die Hälfte der Kinder und Jugendlichen (43,5 Prozent) wohnen in Haushalten von ALG-II-EmpfängerInnen.

„Keine Chancengleichheit“

Insgesamt zeigten die Zahlen, so Gothe, dass „von Chancengleichheit in Berlin nicht die Rede sein kann“. Ein in Wedding geborenes Kind habe heute weniger Aussichten als 2001, „einen guten Schulabschluss zu machen, die deutsche Sprache zu beherrschen und einen Zugang zum Arbeitsmarkt zu bekommen, der ihm eine Chance zur Selbstverwirklichung bietet.“ Die Statistik beweist: 9,3 Prozent in Mitte haben keinen Schulabschluss, im „neuen Spitzenbezirk“ Pankow nur 1,8 Prozent. Die Menschen ohne erlangte Hochschulreife oder einer Berufsausbildung machen 20,5 Prozent der Bevölkerung in Mitte aus, 14 Prozent mehr als in Pankow (6,1 Prozent).

Die wichtigste Ursache dafür laut Gothe: 1999 habe man gesagt, „die Wohnungsfrage ist gelöst“. Heute dagegen sei der Wohnungsmarkt ein zentraler Faktor bei der sozialen Lage. „Wenn man eine neue Wohnung suchen muss, hat man ein erhebliches Problem“, weiß der Sozialdemokrat.

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2 Kommentare

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  • Ich hätte mir gewünscht, dass die Autorinnen mal nachfragen, weshalb Herr Gothe beispielsweise die geringe Aussicht für Kinder im Wedding, die deutsche Sprache zu beherrschen, auf den schwierigen Wohnungsmarkt zurückführt.

    Der Zusammenhang erscheint mir nicht selbsterklärend.

    Spannend wäre auch zu erfahren, was denn Herr Gothe nun zu tun gedenkt. Schließlich ist er ja Sozialstatdrat und seine Partei Regierungspartei in Berlin. Wenn jemand etwas tun kann, dann er.

  • 9G
    91381 (Profil gelöscht)

    Das ist ja eine sehr merkwürdige Betrachtungsweise:



    Der Berliner Bezirk "Mitte" verfügt seit langer Zeit über einen Bezirksstadtrat für Soziales.



    Was haben die Bezirksstadträte dafür in den letzten 30 Jahren geleistet? Ich denke, sie haben viel Gutes vorzuweisen und viele soziale Projekte initiiert, welche das Leben für ALG-II erleichtert und die Bewohler durch Sozialarbeit fördert.

    Was gefördert wird wächst aber! So ist es kein Wunder, dass gerade in Mitte diese Sozialstruktur entstanden ist.

    Diese Verantwortlichen hätten auch in Bildung statt Sozialleistungen investieren können, in Fordern statt Pampern, in Null-Toleranz und Leistung statt Kuschelpädagogik.



    Dies war aber nicht gewollt und daher ergibt sich dieses Ergebnis.

    Und scheinbar mögen die Bewohner die Kiez-Strukturen, in denen man sich so gut einrichten kann und soviel Unterstützung aus den Geldern der arbeitenden und Steuern zahlenden Bevölkerung an Infrastruktur, Sozialarbeitern, etc. bekommt - zusätzlich zu den individuellen ALG-II-Leistungen.



    Ja - tatsächlich. Es gibt so ein paar Leute, die müssen das erarbeiten, bevor es in Berlin verteilt werden kann. Berlin schaffte es tatsächlich in 2017 4,23 Mrd. von den anderen Bundesländern, primär BY und BW zu erhalten.