Sozial- und ökoproduzierte Kleidung: Minister will den grünen Knopf
Rock und Hose, fair und öko: Gert Müller holt die Idee eines staatlichen Siegels aus der Altkleiderkiste. Damit erntet er vor allem Kritik.
Der grüne Knopf werde anspruchsvolle Standards im ökologischen und sozialen Bereich entlang der gesamten Lieferkette abdecken, heißt es aus dem Ministerium. Die Gespräche über die Ausgestaltung des Siegels werden jetzt im Textilbündnis geführt. Die Idee eines staatlichen Produktsiegels, das dem Verbraucher Orientierung bietet, ist schon vier Jahre alt. 2014 hatte Müller den grünen Knopf das erste Mal ins Spiel gebracht, war aber mit der Idee bislang an der Textilwirtschaft und auch Teilen der Zivilgesellschaft gescheitert.
Nun also ein neuer Versuch. Kirsten Brodde, Textilexpertin von Greenpeace, begrüßt das: Ein „grüner Knopf“ könne den Markt für sozial und ökologisch produzierte Kleidung entscheidend entwickeln, ähnlich wie das dem EU-Biosiegel für Lebensmittel gelungen sei, so Brodde. Hier existierten das staatliche Siegel und Label wie etwa Demeter nebeneinander. „KundInnen, die mehr tun möchten, könnten ja im Textilbereich auch künftig zu Siegeln wie dem GOTS oder der Fair Wear Foundation greifen“, sagt Brodde. Der grüne Knopf würde dann einfach signalisieren: Das hier ist ok.
Vage und realitätsfern
Gisela Burckhardt von Femnet hingegen hält nicht viel vom grünen Knopf: „Ich wundere mich, wie der Minister zu 100 Prozent sicher sein kann, dass die Kleidung fair ist“, so Burckhardt, „wie will er das kontrollieren?“ Die meisten Unternehmen, die heute im Textilbündnis sind, produzierten noch nicht fair, kritisiert die Frauenrechtlerin. „Ein Weg, um faire Kleidung möglich zu machen, wäre, Unternehmen gesetzlich zu verpflichten darauf zu achten, dass ihre Zulieferer die Menschenrechte nicht verletzen und Umwelt- und Sozialstandards einhalten“, sagt Burckhardt, „mit freiwilligen Maßnahmen kommen wir leider viel zu langsam vorwärts“.
Gegenwind erhält Müller erneut aus der Wirtschaft. Eine Sprecherin des Gesamtverbandes der deutschen Textil- und Modeindustrie kritisierte: „An unserer Haltung hat sich nichts geändert. Auch vier Jahre nach Ankündigung eines Textilsiegels sind die bisher bekannten Planungen des Ministers vage und absolut realitätsfern.“
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!