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Sondierung zur FinanzpolitikJamaikas „schwarze Null“

Auf einmal ging es bei den Sondierungen in Berlin ganz schnell. Bei den Themen Haushalt und Steuern kommen sich die potenziellen Partner näher.

10 Euro, 20, 50 – nur der Geldschein „schwarze Null“ findet sich nicht Foto: dpa

Berlin dpa | CDU, CSU, FDP und Grüne haben sich auf weitreichende Leitlinien für die Finanzpolitik eines Jamaika-Bündnisses verständigt. Man wolle keine neuen Schulden machen und auch künftig einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen, heißt es in einem Papier, auf das sich alle Seiten am Dienstagabend in stundenlangen Verhandlungen geeinigt hatten.

Darin wird unter anderem festgelegt, dass keine neuen Substanzsteuern eingeführt werden sollen. Die von den Grünen noch im Wahlprogramm verlangte Vermögensteuer für Superreiche dürfte damit vom Tisch sein.

Mit diesem Punkt ist möglicherweise auch eine hohe finanzpolitische Hürde für die Union und die FDP bei einer Zusammenarbeit mit den Grünen abgeräumt. CDU/CSU und Liberale hatten sich strikt gegen eine Vermögensteuer ausgesprochen. Die FDP sieht mit der Einigung auf das Ziel eines ausgeglichenen Haushalts die „Schwarze Null“ gewahrt.

Als Vorgabe für eine schwarz-gelb-grüne Steuer- und Finanzpolitik wird in dem Papier neben dem ausgeglichenen Haushalt festgehalten, man sei sich einig, „dass die Schuldenbremse des Grundgesetzes eingehalten werden“ müsse. Unter diesen Vorgaben wolle man die bisherige mittelfristige Finanzplanung überprüfen und finanzielle Spielräume gemeinsam ausloten.

Wichtige Einzelpunkte

Auf Basis dieser Spielräume sollten „Entlastungsmaßnahmen und Investitionsbedarfe bestimmt“ werden, schreiben die Verhandler. Den Investitionsbedarf in Deutschland wollen die möglichen Partner in elf Themenbereichen ermitteln und aufeinander abstimmen.

Als mögliche Steuerentlastungsvorhaben eines Jamaika-Bündnisse werden wichtige Einzelpunkte aufgezählt:

– Die Entlastung von Familien mit Kindern sowie von Beziehern unterer und mittlerer Einkommen. Ein solcher Schritt war von allen Seiten angestrebt worden, besonders aber von CDU, CSU und Grünen.

– Der Abbau des Solidaritätszuschlags, wobei kein Zeitrahmen genannt wird. Die Union hatte bisher erklärt, sie wolle den „Soli“ ab 2020 schrittweise schnellstmöglich abschaffen. Nach dem Willen der FDP soll der „Soli“ schon bis 2019 vom Tisch sein.

– Die Förderung der energetischen Gebäudesanierung. Darunter wird etwa die Modernisierung von Gebäuden verstanden, um den Energieverbrauch zu mindern.

– Die Förderung des Mietwohnungsbaus. So setzt sich die Union bisher dafür ein, beim Erstkauf eines Eigenheims die Grunderwerbsteuer zu erlassen. Die FDP tritt bei der Grunderwerbsteuer für einen Freibetrag für Immobilien von bis zu 500.000 Euro ein.

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20 Kommentare

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  • "Man wolle keine neuen Schulden machen und auch künftig einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen, heißt es in einem Papier, auf das sich alle Seiten am Dienstagabend in stundenlangen Verhandlungen geeinigt hatten."

     

    So liest sich das, wenn eine linksliberale Partei sich für eine neoliberale Koalition entscheiden will. Die schwarze Null ist für arme und bedürftige Bevölkerungsgruppen die dicke rote Null. Diese Regierung wird genauso wenig etwas ändern an dem Status Quo wie alle Regierungen seit 2003 vorher. Es wird darauf hinauslaufen, dass arme, arbeitslose und randständige Menschen augegrenzt, behindert, verhindert und weiter verarmt werden. Für die Regierungsbeteiligung müssen die Grünen ein Opfer bringen und weil sie Angela Merkel nicht verstehen, präsentieren sie sich selbst als Opfergabe. Na dann viel Spaß beim Sozialabbau, bei der Verarmung von Familien und Rentnern - die schwarze Null ist es echt wert! Super Deal!

    P.S. Wenn jemand vor sich selbst warnt, dann aber so. Treuloser kann eine Partei wohl gar nicht sein, aber das interessiert seit Gerd Schröder wohl niemanden.

  • Gut so, immer weiter Schulden machen führt doch zu nichts außer der nächsten Krise. Es ist ja nicht so, dass wir kein Geld ausgeben. Es muss nur an die richtigen Stelleng geleitet werden. Ich weiß auch nicht wo diese Schwarzmalerei herkommt. Wenn man so in den Kommentaren leist, könnte man meinen wir leben alle in einem Entwicklungsland ohne fließend Wasser und Strom...

  • 8G
    82236 (Profil gelöscht)

    Schwarze Null= Schwarzes Investitionsloch.

    Weiterhin kaputte Schultoiletten.

    Knietiefe Löcher im Asphalt.

    Europa wird sich freuen.

  • Keine neuen Schulden, keine Steuererhöhungen, dafür hier und da eine Steuersenkung, d.h. also Privatisierung von bisherigen staatlichen Gütern und Kürzungen im Transferbereich.

     

    Richten wir uns also mal auf das ersatzlose Wegfallen von HartzIV ein und auf eine Rente mit 85 von ca. 200 € monatlich, wenn es hoch kommt.

     

    Muss den Grünen sehr schwer gefallen sein, 12 Jahre lang keine sozialen Sauereien mehr machen zu können nach ihrer Zustimmung zu HartzIV. Jetzt können sie alles noch viel schlimmer machen.

  • Sorry - is doch alles klar -

    Newahr.

     

    "…finanzielle Spielräume gemeinsam ausloten.…"

    kurz - Null.

    Da kann frauman nur - eben!

    Schwarz vor Augen werden - gell!

  • Die Grunderwerbsteuer und den Soli abschaffen finde ich gut. Horst Seehofer und Lindner haben bereits ihre fiskalpolitischen Ziele genau formuliert. Steuersenkungen, Schuldensenkung und hohe Investitionen in Bildung und Digitalisierung. Und das ist ohne weiteres möglich, sieht man sich die Einsparungspotenziale bei den Renten und Sozialtransferleistungen des Staates genauer an.

    Sozial ist keine Schulde zu machen und Steuersenkung macht wirklich frei.

    • @Nico Frank:

      "Sozial ist keine Schulde zu machen und Steuersenkung macht wirklich frei." - Was Blöderes ist Ihnen auch nicht mehr eingefallen. Oder ist das ein Satire-Beitrag? Besonders das mit dem: "macht...frei" kommt mir irgendwie so bekannt vor. Woher bloß?

      • 8G
        83379 (Profil gelöscht)
        @Ute Krakowski:

        keinerlei Argumente, Beleidigungen und unpassende Vergleiche.... Wow ich bin beindruckt von ihrem Niveau.

        • @83379 (Profil gelöscht):

          Naja, die Aussage "sieht man sich die Einsparungspotenziale bei den Renten und Sozialtransferleistungen des Staates genauer an" lässt schon den Verdacht aufkommen, dass dies ein Satirebeitrag sein könnte.

  • "Die Entlastung von Familien mit Kindern sowie von Beziehern unterer und mittlerer Einkommen"

     

    Eine 2+2-Familie ist bis etwa 27.000 brutto (31.000 bei Ausbildung/Betreuung) p.a sowieso steuerfrei. Sämtliche Entlastungen, egal auf welcher Stufe, wirken bei den "Besserverdienenden" 100%ig, bei den Niedrigverdienern fast gar nicht. Aber man kann doch fiskalpolitischen Sand in die Augen streuen...

  • Nullen

     

    Die Zukunft wird kaputtgespart.

    Es lebe die schwarze Null!

  • 5G
    571 (Profil gelöscht)

    Foto: dpa

    Frage: Werden mit Jamaikas Schwarzer Null die alten Euroscheine wieder eingeführt?

  • „Die Förderung des Mietwohnungsbaus. So setzt sich die Union bisher dafür ein, beim Erstkauf eines Eigenheims die Grunderwerbsteuer zu erlassen.“

     

    Aha - ich fördere Mietwohnungsbau, indem ich Eigenheimwohnungsbau fördere.

     

    Gutgut, na dann haben ja alle ein Dach über dem Kopf. Oder ein Brett davor.

    • @funke:

      Der Satz hat mich auch verwirrt. Ich vermute, er war eher so gemeint, dass jetzt "Förderung des Mietwohnungsbaus" im Programm steht, obwohl die Union sich bisher für den Eigenheimwohnbau eingesetzt hat.

    • @funke:

      Hallo Funke

       

      1. Nicht alle Eigentumswohnungen werden selbst genutzt

       

      2.) Leute die Ihre Eigentumswohnung selber nutzen machen meist eine Mietwohnung frei

      • @Nobody:

        Vielleicht recherchieren Sie ja bei Gelegenheit mal, wie viele Eigentumswohnungen in Großstädten allein als Kapitalanlage gekauft werden. Will sagen: Solches Vorgehen ist, wie auch der Verzicht auf Vermögenssteuer, ein weiterer Baustein zur Vermehrung großer Vermögen. Für die Armen: Niente

        • @Ute Krakowski:

          Wohnungen, die als Kapitalanlage erworben werden, stellen i.d.R. keinen "Erstkauf" dar. Und werden damit weiterhin mit der Grunderwerbssteuer bedacht.

      • 8G
        81331 (Profil gelöscht)
        @Nobody:

        ...sinnvoll wäre eine Förderung von sog. Genossenschaftswohungen, nicht von Mietwohnungen, oder Eigentumswohnungen.

  • 7G
    78110 (Profil gelöscht)

    "Die Vereinbarungen der potenziellen Koalition zu Haushalt und Steuern haben Substanz. [...] [

    In den weitreichenden Leitlinien] wird unter anderem festgelegt, dass keine neuen Substanzsteuern eingeführt werden sollen."

     

    Wo ist sie denn nun, diese Substanz?

    • @78110 (Profil gelöscht):

      Substanz hat der Ausbau der Privatisierung staatlichen Eigentums, die Vermehrung großer Vermögen, die weitere Spaltung der Gesellschaft, die Entrechtung der Nicht-Erben - das unaufhaltsame Fortschreiten der neoliberalen Gesellschaftsordnung halt. Braucht sich keiner zu wundern, wenn die AfD immer mehr Zulauf kriegt.