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Sonderweg für WirtschaftsflüchtlingeGute Ausbildung als Eintrittskarte

Umständliche Asylverfahren? Nicht für hochqualifizierte Flüchtlinge. Ihnen soll die Prozedur nach Plänen der Integrations-Beauftragten erspart bleiben.

Streikende Flüchtlinge in Berlin. Für gut Ausgebildete könnte es bald leichter werden. Bild: dpa

BERLIN/HAMBURG rtr/afp | Gut ausgebildeten Wirtschaftsflüchtlingen sollten nach den Vorstellungen der Integrationsbeauftragten Maria Böhmer Asylverfahren erspart werden. „Ich möchte nicht, dass qualifizierte Arbeitskräfte meinen, unbedingt Asyl beantragen zu müssen,“ sagte die CDU-Politikerin dem Spiegel. „Es gehört zur Willkommenskultur, sie nicht in die falsche Richtung laufen zu lassen,“ fügte die Regierungsvertreterin hinzu.

Um Wirtschaftsflüchtlingen zu helfen, regt der Präsident des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bamf), die oberste deutsche Asylbehörde, Manfred Schmidt, laut Spiegel-Bericht vom Sonntag eine neue Vorstufe des Asylverfahrens an. Darin solle geprüft werden soll, ob ein Flüchtling als Arbeitsmigrant infrage komme.

„Wir müssen heute 70 Prozent der Anträge ablehnen, das sind meist Menschen, die aus wirtschaftlicher Not ihre Heimat verlassen haben, und die treffen dann auf unser Asylverfahren, in dem wirtschaftliche Fluchtgründe nicht gelten“, sagte Schmidt dem Spiegel. Darunter seien Studenten und hoch qualifizierte Facharbeiter. Weil aber ihr Schlepper erzählt habe, sie sollten „Asyl“ sagen, säßen sie in der Falle des Systems. Das sei angesichts der gleichzeitigen Suche nach Fachkräften in Deutschland „schizophren“, sagte Schmidt.

In eine ähnliche Richtung geht auch ein Vorstoß des sächsischen Innenministers Markus Ulbig (CDU). Er will gut ausgebildeten Asylbewerbern ebenfalls Aufenthaltstitel als Arbeitsmigranten verschaffen. Ihm geht es allerdings nicht um eine vorgeschaltete Prüfung, sondern um einen Abzweig aus bereits länger laufenden Asylverfahren. Nach Prognosen des Bamf werden im laufenden Jahr erstmals seit 1997 wieder mehr als 100.000 Asylbewerber nach Deutschland kommen.

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21 Kommentare

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  • U
    Ursula

    Deutschland braucht dringend ein Zuwanderungsgesetz nach dem Vorbild anderer Länder (Kanada,Australien,USA). Dabei soll Zuwanderung an durch ein Punktesystem geregelt werden ,in dem berufliche Qualfikationen, Jobmöglichkeiten die entscheidende Rolle spielen.Ohne Beruf und Job keine Zuwanderung.

    Wer dies nicht erfüllt und kein Asyl erhält, muss dann zurückgehen.

    • @Ursula:

      Kann es sein, dass Du Zuwanderung auf dem Boden der Freizügigkeit in der EU einerseits und Asylsuche wegen politischer Verfolgung andererseits hier miteinander verknüpfst? Wärst Du ja nicht die Erste.

      • @Viccy:

        Das Resultat für Europa ist ja auch das selbe.

        • @Jabba666:

          Joah, aber z.B. Steuererhöhungen um Leben bedrohter Menschen zu retten, kann man doch eher vertreten als Steuererhöhungen, um "nur" den Lebenskomfort bestimmter Menschen zu erhöhen.

          • @Viccy:

            Eigentlich war das Wahlversprechen ja die Steuern überhaupt nicht anzuheben.

            Die Schmerzgrenze ist durchaus erreicht, zumal die Kaufkraft stetig sinkt.

  • Ein sehr vernünftiger Vorschlag, denn es muss verschiedene Einwanderungsmöglichkeiten geben - nur sollte nicht die eine gegen die andere ausgespielt werden. Eine grosszügige Familienzusammenführung gehört dazu, genauso wie die Zulassung von qualifizierten (oder benötigter) Arbeitskräften zum hiesigen Arbeitsmarkt. Davon zu trennen ist die Aufnahme von Flüchtlingen, die humanitär begründet ist, und eine völkerrechtliche Verpflichtung darstellt. Ich hoffe, Frau Böhmer hat das Ohr (und die Zustimmung) ihrer Kanzlerin.

  • Was Kanada und den USA recht ist, sollte uns billig sein. Ein Land sollte das gute Recht haben, sorgfältig zu selektieren wen es als Gast hereinbittet oder als Nicht asylberechtigt ablehnt. Das ist jede gewählte Regierung seinen Wählern schuldig, das schwört jeder Kanzler bei Amtsantritt.

    • @Jabba666:

      Naja, aber bei den Ghettos in den USA und der enormen Trennmauer zwischen "guten" und "schlechten" Gegenden hat da ja auch irgendwas nicht so gut geklappt.

      • @Viccy:

        Das war aber jetzt mal garnichts!

        Die Schwarzen in den USA sind weitestgehend Nachfahren der Sklaven und schon lange US Bürger. Ihre Abschottung in Ghettos hat nichts mit einer verfehlten Einwanderung zu tun, sondern eher mit einem maroden Bildungssystem.

        • @Jabba666:

          Okay, klingt einleuchtend.

  • Damit war zu rechnen - angebliche Humanisierung der Flüchlingspolitik als instrumentelle Variante zur Arbeitskräfterekrutierung: Die Guten ins Töpfchen, die Schlechten ins Kröpfchen oder besser, in überbelegte Auffanglager mit der fast sicheren Garantie der Rückführung, so das Meer nicht bereits bei den Schiffbrüchigen seinen Tribut gefordert haben sollte. Doch wie ist dem Teufelskreis nebst dessen unappetitlichen Begleiterscheinungen zu entgehen? Eine gänzliche Öffnung der Außengrenzen dürfte kaum möglich sein; sie würde ohnehin im Inneren zu bürgerkriegsähnlichen Zuständen führen. Ohne entschiedene Verbesserungen bei den Herkunftsländern der Flüchtlinge mit der Rücknahme der verheerenden Globalisierung wird der anhaltende Flüchtlingsstrom kaum zu bremsen sein. Doch die explodierende Bevölkerungsentwicklung vor allem in Afrika und Asien dürfte auch dem Grenzen setzen. Immerhin wird die Weltbevölkerung, größere verheerende Krisen einmal ausgeklammert, am Ende des Jahrhunderts auf zehn Milliarden angestiegen sein. Ziehen wir uns also warm an und läuten für die weiter anrennenden oder anschwimmenden Flüchtlingen schon mildtätig das Sterbeglöcklein. Die Welt ist aus den Fugen!

    • J
      Johnny
      @Bernd Klees:

      Ich denke das dann mal ganz auf's private runter: Bitten Sie jeden Menschen pauschal zu sich hinein und beherbergen ihn ohne zu Zögern oder machen Sie das von Ihrer Sympathie zu den Menschen abhängig?

      • G
        Gast
        @Johnny:

        Einen ganzen Nationalstaat auf den Bereich einer Wohnung verkleinern, das nenne ich mal verkürzt!

        So simpel wie Sie das gerne hätten, kann man es nicht machen.

        • @Gast:

          Nun ja, es beruht immerhin der kategorische Imperativ auf dieser "Wie im Kleinen, so im Großen"-Anschauung.

  • S
    Schramm

    "Sonderweg" für Menschenraub!

     

    Modifizierter (modernisierter) Kapital-Faschismus heute: Selektion für Wirtschaftsflüchtlinge!

     

    "Abwerbung" und Menschenraub der Hochqualifizierten ist keine Lösung für die Überwindung von Ausbeutung und Armut!

     

    "Hochqualifizierte Flüchtlinge" für Deutschland und die europäischen Reichtums- und Wohlstandsregionen, ist nicht nur ein moralisches und soziales Verbrechen, es ist ein bewusster Menschenraub auf Kosten der sozialen, ökonomischen und ökologischen Entwicklung und deren Zukunft, der (vorsätzlich) in Armut und Unterentwicklung gehaltenen Länder und Regionen (- so auch der unfreiwilligen Lieferanten von Bodenschätzen und Rohstoffen an die entwickelten kapitalistischen und imperialistischen Wirtschaftsmetropolen)!

     

    Notwendig wäre heute, eine Neuauflage der nationalen und sozialen Befreiungsbewegung in den Herkunftsländern. Eine Befreiungs- und soziale Emanzipationsbewegung, gegen nationale und imperialistische Ausbeutung, gegen den Raub der Bodenschätze und Rohstoffe, gegen sozial-ökonomisch-ökologische und gesellschaftspolitische Rechtlosigkeit. Eine Befreiungsbewegung für die nationale Selbständigkeit und die Beseitigung der ökonomischen Ausbeutung. Für die Beseitigung der nationalen und regionalen Unterwerfung und Abhängigkeit. Für ein Ende des europäischen, saudi-arabischen, japanisch-chinesisch-indisch-asiatischen und nordamerikanischen Imperialismus!

     

    Die Nationalisierung aller Bodenschätze und Rohstoffe, der ausländischen Industrien und Konzerne, auch gegen den NATO-EU-Widerstand, müsste auch im Zukunfts-Interesse der jeweiligen nationalen und internationalen "hochqualifizierten Fachkräfte" liegen. Dies wäre ein erster Anfang für die ökonomische Entwicklung und soziale Emanzipation (Befreiung) in den heutigen Armutsregionen - und sog. "Entwicklungsländern"!

  • P
    PeterWolf

    Die Idee erscheint erstmal gut, aber wie viele Facharbeiter (z.B. Elektriker ) nach unseren Standards gibt es eigentlich in z.B. Eritrea?

    Oder möchten Sie die Standards von Eritrea hier einführen?

  • G
    Gast

    Was für ein "Mensch" muss man sein, um so etwas ernsthaft zu fordern?

    Einfach nur Ekel erregend.

    Menschen in nützlich und schädlich einteilen, die verwertbaren dürfen am Wohlstand teilhaben und der unwirtschaftliche Teil wird als Ausschuss dem Elend und letzten Endes dem Tod überlassen.

     

    Hatten wir in ähnlicher Weise schon mal...

    • @Gast:

      Ich habe schon drauf gewartet, dass endlich jemand den unpassenden NS Vergleich bemüht. Man kann die Uhr danach stellen.

      Ich sehe da überhaupt keine Ähnlichkeit.

      • G
        Gast
        @Jabba666:

        Ich habe meinen Beitrag jetzt noch ein paar mal gelesen und muss feststellen: ich habe nirgends etwas von NS erwähnt.

         

        Dafür, dass Sie "da überhaupt keine Ähnlichkeit sehen", assoziieren Sie es ziemlich eindeutig mit.. ja, mit was denn?

        • @Gast:

          Also, was meinten Sie denn dann mit: "Hatten wir in ähnlicher Weise schon mal PunktPunktPunkt", wenn es *nicht* dIE Tötungsmaschinerie der Nazis gewesen sein sollte?

        • @Gast:

          Sie wissen doch, wie ich das meine. Was soll denn diese Kokettieren?