"Solidarität" mit Athen: Anschlag auf Hamburger Polizeiwache
Linksextremisten werfen Steine auf eine Polizeiwache und zünden Wagen an. Die Gruppe "Koukoulofori" will Solidarität mit Athener Protesten zeigen und droht für den Fall einer Räumung der "Roten Flora".
HAMBURG dpa | Nach dem Anschlag auf eine Hamburger Polizeiwache in der Nacht zu Freitag ist ein Bekennerschreiben bei der Hamburger Morgenpost eingegangen. Danach steht die Attacke im Zusammenhang mit dem Tod eines 15-jährigen Griechen, der am 6. Dezember 2008 in Athen durch eine Polizeikugel getötet worden war, teilte die Zeitung am Sonntag mit.
In einem eineinhalbseitigen Brief habe sich die Gruppe, die sich "Koukoulofori" (die Vermummten) nennt, zu den Taten bekannt, bei dem Streifenwagen angezündet, Fenster eingeworfen und Beamte mit Steinen attackiert worden waren. Die Wahl sei auf die Wache 16 im Schanzenviertel gefallen, weil sie für "Misshandlungen und rassistischen Terror" bekannt sei, heißt es in dem Brief. Die Polizei bestätigte die Existenz des Schreibens.
Mit dem Anschlag habe man an die "Ermordung" des Griechen Alexandros Grigoropoulos erinnern wollen. Man befinde sich ein einer "Revolte gegen Repressionsorgane", heißt es in dem Bekennerschreiben. Gleichzeitig wurde mit weiteren Anschlägen gedroht: Sollte die seit 20 Jahren besetzte Rote Flora am Schulterblatt geräumt werden, "werde ein munteres internationales Völkchen aus allen Ecken Europas für eine fulminante unvergessliche Erfahrung sorgen", erklärten die Verfasser.
Ein Jahr nach dem Tod des 15-jährigen Griechen gab es auch in Athen in der Nacht zu Sonntag massive Ausschreitungen. Vermummte zerstörten Autos und besetzten das Rathaus in einem Vorort. Mehr als 160 Menschen wurden von der Polizei in Gewahrsam genommen. Zwei Tage zuvor waren im Zentrum Athens zwei Polizisten angegriffen und verletzt worden. Der Tod des 15-Jährigen durch die Waffe eines Polizisten hatte vor einem Jahr eine beispiellose Gewaltwelle in Griechenland ausgelöst. Aber es gab auch friedliche Großdemonstrationen gegen Polizeigewalt und Arbeitslosigkeit.
Nach Anschlägen in Hamburg und Berlin in der Nacht zu Freitag hatte der Staatsschutz Ermittlungen aufgenommen. Parallel zu dem Angriff auf die Hamburger Polizeiwache durch Vermummte waren in Berlin die Außenstelle des Bundeskriminalamtes mit Molotowcocktails und zwei Abgeordnetenbüros mit Farbbeuteln attackiert worden. Das Landeskriminalamt (LKA) sieht derzeit allerdings keinen Zusammenhang.
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