Soldaten der russischen Armee: Aus dem Knast an die Front
Die russische Armee braucht Soldaten. Bei der Rekrutierung greift sie auf immer verzweifeltere Mittel zurück.
Die russische Armee werde alles bekommen, was sie brauche, hatte Präsident Wladimir Putin noch am Mittwoch großspurig vor hochrangigen Militärvertretern in Moskau angekündigt. Offensichtlich gehören dazu auch Migranten aus Tadschikistan ohne jegliche Kampferfahrung
Zwei von ihnen liegen jetzt in ihrer Heimat auf dem Friedhof. Das berichtet das russischsprachige Webportal Nastojaschee vremja unter Verweis auf den tadschikischen Dienst von Radio Freies Europa. Demnach hätten Boboaziz Tujdijew und Manutscher Schodow in Russland mehrjährige Haftstrafen abgesessen und seien direkt in den Ukrainekrieg geschickt worden.
Laut Tujdijews Vater habe sein Sohn, wegen eines Drogendelikts zu sechs Jahren Freiheitsentzug verurteilt, am 23. September am Telefon von diesem Himmelfahrtskommando berichtet, jedoch gesagt, er habe keine andere Wahl gehabt.
Die Leiche des 22-Jährigen wurde in der vergangenen Woche bestattet. „Er war am Hinterkopf verwundet, fast die Hälfte seines Kopfes fehlte“, so ein Onkel, der sich um die Überführung des Toten gekümmert hatte. Die russischen Behörden hätten zwar finanzielle Unterstützung versprochen, jedoch keine Kopeke herausgerückt. Für die Lieferung der „Fracht 200“ habe die Familie selber aufkommen und dafür Geld bei Migranten sammeln müssen. Im Fall des zweiten Tadschiken sei dessen Familie nicht über den Einsatz in der Ukraine informiert worden.
Migranten aus Zentralasien werden angeworben
Die Behörden Tadschikistans hätten die Information, dass tadschikische Bürger in Russland aus Gefängnissen in den Krieg geschickt werden, weder bestätigt noch dementiert, berichtet Nastojaschee vremja. Aus dem tadschikischen Konsulat in Jekaterinburg hieß es, man stehe in ständigem Kontakt mit inhaftierten Tadschiken, habe jedoch bezüglich von Personen, die zur Armee geschickt würden, weder „Beschwerden“ noch „genaue Informationen“ erhalten.
Laut Medienberichten werden in Russland vor allem auch Migranten aus Zentralasien gezielt für einen Einsatz in der Ukraine angeworben. Neben dem Versprechen einer für russische Verhältnisse überdurchschnittlichen Entlohnung wird als Köder auch ein schnellerer Erhalt der russischen Staatsbürgerschaft in Aussicht gestellt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
Sport und Krieg in der Ukraine
Helden am Ball
Rechte Gewalt in Görlitz
Mutmaßliche Neonazis greifen linke Aktivist*innen an
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Das Weihnachten danach
Nachhaltige Elektronik
Ein blauer Engel für die faire Maus
Studie zu Zweitem Weltkrieg
„Die Deutschen sind nackt und sie schreien“