Snapchat geht ab: Teure Schnappschüsse an der Börse
Der Bildchen-Verschickdienst Snapchat spielt an der Wallstreet 3,4 Milliarden Dollar ein. Die App ist beliebt, weil die soziale Kontrolle gering ist.
Es ist eine Wette auf die Zukunft, die manche Händler mit Skepsis betrachten. Snapchat muss noch beweisen, ob es ein tragfähiges Geschäftsmodell ausbildet. Augenblicklich ist die App bei ihrer Zielgruppe, den 16- bis 24-Jährigen, sehr beliebt. Angeblich 60 Prozent nutzen Snapchat in den USA. Auch in Europa sind es Millionen.
Der Reiz besteht darin, Fotos zwischen Smartphones zu verschicken, die nach Ablauf von ein bis zehn Sekunden beim Empfänger wieder verschwinden. Die jungen Leute können ihre Smartphoneschnappschüsse mit Bildchen, Symbolen und Krickelkrakel veredeln, wodurch sie noch lustiger werden.
Weil die Bildchen sofort im digitalen Orbit verglühen, wird Schwachsinn verschickt, den man sich sonst nicht zu posten traute. Die soziale Kontrolle ist gering. Likes und öffentliche Kommentare wie bei Facebook gibt es bei Snapchat nicht. Text spielt kaum eine Rolle. Die Jugendlichen stehen nicht ständig unter dem Druck, von außen bewertet zu werden.
Wie andere kostenlose Internetanwendungen auch muss Snapchat Geld mit Werbung verdienen. Das funktioniert etwa so: „Unternehmen haben großes Interesse daran, passende Werbung mithilfe sogenannter Geolocationfilter zu platzieren“, erklärt Timm Lutter vom Internetverband Bitkom.
Einnahmen mit Werbung
„Die App auf dem Smartphone erkennt dabei den Ort, an dem sich der Besitzer aufhält, beispielsweise eine Bar oder ein Kino. Diese stellen sofort Informationen zur Verfügung, mit denen der Smartphonekunde versendete Fotos garnieren kann. Die Werbebotschaft erreicht so seine Freunde“, sagt Lutter.
Diese Werbung funktioniert in den USA schon gut, auch hierzulande dürfte sie sich verbreiten. Gegenwärtig stellt Snapchat bereits regelmäßig neue Filter zur Verfügung, um die Fotos zu verändern. Für die Nutzer in Berlin gibt es spezielle Berlin-Filter, selbst für einzelne Schulen existieren zugeschnittene Angebote. Steht man auf dem Schulhof, kann man bestimmte Symbole nutzen, die nur dieser Schule zugeordnet sind.
Zur Zeit soll Snapchat 158 Millionen aktive Nutzer haben. In jüngster Zeit ging der Zuwachs jedoch zurück, weil Facebook ähnliche Funktionen in seine Programme Whatsapp und Instagramm einbaute. So ist die Frage auch, ob Snapchat sind gegen diese Konkurrenz behaupten kann.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste