Sizilianisches Privatprogramm: Mafiöse Strukturen bei der Anti-Mafia
Der kleine Fernsehsender Telejato schließt. Der Direktor galt als Anti-Mafia-Held – jetzt steht er selbst wegen Erpressung vor Gericht.
„Signori, si chiude“ – „Herrschaften, wir machen dicht“. Lakonisch ist der Titel, unter dem der kleine sizilianische Privatsender Telejato auf seiner Website das eigene Aus mitteilt. Sang- und klanglos geht damit die Geschichte eines Senders zurück, der unter seinem Direktor Pino Maniaci bis vor einem Jahr als eine der mutigsten Stimmen gegen die Mafia galt – bis der Chef selbst im April 2016 ins Gerede kam als einer, der seinerseits nicht vor mafiösen Methoden zurückschreckte.
Die Kleinstadt San Giuseppe Jato vor den Toren Palermos ist seit je eine Hochburg der Cosa Nostra. Umso heldenhafter wirkte Pino Maniaci, der immer wieder die Machenschaften der Clans anprangerte oder korrupte Kommunalpolitiker bloßstellte. Das trug ihm Drohungen und Vergeltungsakte ein. Selbst Ministerpräsident Matteo Renzi rief Maniaci Ende 2014 an, nachdem dessen beide Hunde umgebracht worden waren – allerdings nicht von einem Mafioso, sondern vom Ehemann seiner Geliebten, was damals außer Maniaci keiner wusste.
Um den untadeligen Ruf des Antimafia-Helden war es dann vor einem Jahr geschehen. Die örtlichen Carabinieri filmten ihn, wir er bei dem Bürgermeister des Städtchens Borgetto Geld eintrieb, mit kaum verhüllten Drohungen, anderenfalls könne es auf seinem Sender unschöne Enthüllungen über den Kommunalpolitiker geben. Jetzt steht Maniaci vor Gericht, wegen Erpressung. Doch als Grund für die Schließung von Telejato nennt er diesen Prozess nur am Rande (eine „Schlammschleuder“ sei da gegen ihn in Bewegung gesetzt worden).
Vor allem die zahlreichen Verleumdungsklagen von Journalisten und Richtern gegen ihn machten ihm die Weiterarbeit unmöglich, so Maniaci – Klagen, die unter anderem auf Enthüllungen über den großen Korruptionsring um eine Palermitaner Richterin zurückgehen, der die Verwaltung beschlagnahmter Immobilien oblag. „Nicht erlösbar“ sei Sizilien, schließt Maniaci bitter – doch er selbst ist möglicherweise allzu sehr selbst Teil eben dieses Siziliens.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!