Sipri-Bericht und Ukraine-Krieg: Zeitenwende im Waffenhandel
Die Ukraine ist nun drittgrößtes Waffenimportland, so ein Sipri-Bericht. Auch anderswo schlägt sich Moskaus Krieg im globalen Rüstungshandel nieder.
Dabei war die Ukraine in den ersten 25 Jahren seit ihrer Unabhängigkeit im Jahr 1991 auf der Top-50-Liste von Sipri gar nicht zu finden. Das änderte sich erst mit den wachsenden Spannungen zu Russland und der Besetzung der Krim.
Die Trendberichte des Stockholmer Instituts umfassen jeweils eine Fünfjahresperiode, um stabilere Daten für den auf Jahresbasis oft stark schwankenden Waffenhandel abbilden zu können. In dem Trend, der nicht nur das vergangene Jahr, sondern auch den Zeitraum seit 2018 umfasst, rangiert die Ukraine mit einem Anteil von 2 Prozent an den globalen Waffenimporten bereits auf Rang 14 hinter Großbritannien und Kuwait.
Gegenüber der vorangegangenen Fünfjahresperiode zwischen 2013 und 2017, in der das Land in der Rubrik der Waffenhandelsländer mit einem Importanteil von weniger als 0,05 Prozent geführt wurde, errechnete Sipri eine Steigerung des Importwerts der der Ukraine gelieferten Rüstungsgüter um 8.631 Prozent. Die vier größten Herkunftsländer der Waffenimporte zwischen 2018 und 2022: die USA mit 34 Prozent, Polen mit 17, Deutschland mit 11 und Großbritannien mit 10 Prozent. Für Polen belief sich der Anteil der Waffenexporte in die Ukraine auf 95 Prozent der Warschauer Gesamtausfuhren an Rüstungsgütern.
Waren „die ausländischen Waffenlieferungen an die Ukraine von entscheidender Bedeutung für die ukrainischen Bemühungen, die russische Offensive zu stoppen“, schreibt Sipri, habe Russland seinen Angriffskrieg „im Gegensatz dazu nahezu ausschließlich mit im Land selbst produzierten Waffen geführt“. Was sich auch in der Statistik zeigt, wonach Russlands Rüstungsausfuhren weltweit um fast ein Drittel sanken.
Eine Tendenz, die sich nach Einschätzung von Siemon Wezeman von Sipri fortsetzen dürfte: „Die Invasion der Ukraine wird die Waffenexporte Russlands weiter einschränken. Und zwar zum einen deshalb, weil die Priorität Moskaus die Versorgung seiner eigenen Streitkräfte sein wird“, so der Forscher. Zum anderen, weil die Nachfrage anderer Staaten aufgrund der Handelssanktionen gegen Russland und dem zunehmendem Druck der USA und seiner Verbündeten, keine russischen Waffen mehr zu kaufen, weiter sinken werde.
Deutschland bleibt fünftgrößter Waffenlieferant
Bei den USA ist die Entwicklung entgegengesetzt. Der Anteil der USA an den globalen Rüstungsexporten stieg von 2013 bis 2017 und 2018 bis 2022 von 33 auf 40 Prozent, sie könnten bald für die Hälfte dieses Handels stehen. Die großen europäischen Waffenexportnationen hatten im fraglichen Zeitraum eine unterschiedliche Entwicklung. Deutschland ist weiterhin weltweit fünftgrößter Lieferant von Kriegsmaterial, der Anteil am globalen Markt sank aber um 35 Prozent und liegt nun bei 4,2 statt vorher 6,1 Prozent. Zu den besten deutschen Kunden gehörten Ägypten und Israel mit einem Exportanteil von 18 beziehungsweise 9,5 Prozent.
Der globale Waffenhandel schrumpfte zwischen 2013 und 2017 und zwischen 2018 und 2022 um 5,7 Prozent, wobei Ostasien mit einem Importplus von 21 Prozent eine Region mit entgegengesetzter Entwicklung war. Angesichts der Spannungen mit China und Nordkorea hat vor allem Japan seine Importe stark hochgefahren, aber auch Südkorea. An der Spitze der weltweiten Aufrüstungsspirale platzierte sich aber wie schon im Trendrapport des Vorjahrs Europa mit einem Waffenimportplus von nunmehr 43 Prozent. Für die europäischen Nato-Mitgliedstaaten gesondert gerechnet belief sich dies sogar auf 65 Prozent.
Die aktuellen Waffenlieferungen in die Ukraine seien dafür nur ein Teil der Erklärung, sagt der Sipri-Waffenhandelsanalytiker Pieter Wezeman. Die schon vor der Invasion der Ukraine durch Russland kräftig verschlechterten Beziehungen zwischen den meisten europäischen Staaten und Moskau hätten in vielen europäischen Ländern den Wunsch ausgelöst: „die Waffenarsenale auffüllen und das so schnell wie möglich“. Dieser Trend werde sich vermutlich fortsetzen, so der Experte vom Friedensforschungsinstitut.
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