Sigmar Gabriel schreibt für Holtzbrinck: Vorbild für freie Journalisten
Sigmar Gabriel verdient als Autor bei der Holtzbrinck-Gruppe zwischen 15.001 und 30.000 Euro – pro Monat. Gut verhandelt, Siggi!
„Ihr werdet also auch künftig viel von mir hören – und lesen“, schrieb Sigmar Gabriel Ende Juni auf seiner Webseite. Das war nicht als Drohung gemeint, sondern als überschwängliche Ankündigung. Sigmar Gabiel wurde Journalist.
Seit Ende Juni ist er als „Autor und Gesprächspartner für aktuelle politische Fragen“ bei den Medien der Dieter-von-Holtzbrinck-Gruppe tätig. Dazu gehören unter anderem das Handelsblatt, der Tagesspiegel, Die Zeit und die Wirtschaftswoche.
Auf seiner Bundestagswebseite hat Gabriel nun veröffentlicht, wie viel er mit diesem Job verdient. Unter „Publizistische Tätigkeit“ ist aufgelistet: „Dieter-von-Holtzbrinck Media Group, Stuttgart, monatlich, Stufe 4“. Stufe 4 bedeutet: Einkünfte zwischen 15.001 und 30.000 Euro.
Weder die Holtzbrinck-Gruppe, noch Sigmar Gabriel selbst, wollten diesen Verdienst gegenüber der taz kommentieren. Auch dazu, wie viel Gabriel für dieses Gehalt monatlich liefern muss, wollte niemand etwas sagen.
Freien-Honorare liegen meist darunter
Eine Internetrecherche ergibt: Der einstige Ministerpräsident von Niedersachsen, einstige SPD-Popbeauftragte, einstige Umweltbundesminister, einstige Wirtschafts- und Außenminister, einstige SPD-Vorsitzende und vieles andere Einstige hat Wort gehalten und von sich hören lassen. Sieben Gastkommentare erschienen seit Ende Juni online auf der Seite des Tagesspiegels, drei beim Handelsblatt, zwei bei der Wirtschaftswoche, keiner bei der Zeit, sieht man von einem Vorabdruck seines Buches in der Wochenzeitung ab.
Gabriel bedient dabei ein breites Themenspektrum. Er schreibt über Europas Rolle in der Welt („Die Welt steht Kopf“), die Digitalisierung („Wie ich die Zukunft suchte – und fand“), über Russland, den Westen, die Saudis und die USA. Nur, rechtfertigt das ein monatliches Gehalt von 15.001 bis 30.000 Euro?
Je nachdem, wie man das bemisst. Laut Tageszeitungstarifvertrag, der unter anderem auf der Seite des Deutschen Journalisten-Verbands (DJV) einzusehen ist, verdient ein festangestellter Vollzeit-Redakteur ohne Berufsqualifikation (also ohne journalistische Qualifikation, die liegt bei Sigmar Gabriel ja nicht vor) im ersten bis dritten Berufsjahr monatlich 3.139 Euro brutto. Freie Autoren werden allerdings in der Regel nach Zeilensatz bezahlt. Der liegt, auch laut DJV, bei Publikationen mit einer Auflage von mehr als 100.000 Stück bei maximal 1,55 Euro. Gabriels Satz dürfte ein bisschen drüber liegen. Gut verhandelt.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Tabubruch der CDU
Einst eine Partei mit Werten
Jugendliche in Deutschland
Rechtssein zum Dazugehören
Jens Bisky über historische Vergleiche
Wie Weimar ist die Gegenwart?
Krieg und Rüstung
Klingelnde Kassen
Denkwürdige Sicherheitskonferenz
Europa braucht jetzt Alternativen zu den USA
Social-Media-Star im Bundestagswahlkampf
Wie ein Phoenix aus der roten Asche