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Sicherheit in Israel und PalästinaAbbas will Kooperation beenden

Die Zusammenarbeit von Palästinensern und Israelis im Bereich Sicherheit ist ein erstaunlicher Aspekt des Nahostkonflikts. Droht jetzt das Aus?

Droht nicht zum ersten Mal mit dem Ende der Sicherheitskooperation: Abbas am Samstag in Kairo Foto: ap

Berlin taz | Eine besonders wichtige Rede hatte die palästinensische Führung angekündigt. Vor versammelter Mannschaft ergriff Präsident Mahmud Abbas am Wochenende dann auch das Wort, um seine Sicht auf den amerikanisch-israelischen Nahost­plan darzulegen, den US-Präsident Donald Trump und Israels Premier Benjamin Netanjahu vergangenen Dienstag vorgestellt hatten.

„Ich werde diese Lösung niemals akzeptieren“, versprach Abbas den Außenministern der Arabischen Liga am Samstag in Kairo, „ich werde nicht als derjenige in die Geschichte eingehen, der Jerusalem verkauft hat.“

Die strikte Ablehnung des Plans, der vorsieht, dass Israel Teile des Westjordanlands annektiert und ganz Jerusalem als Hauptstadt bekommt, ist wenig überraschend. Doch Abbas fuhr fort: „Wir haben die israelische Seite informiert, dass es keinerlei Beziehungen mit ihr und den USA geben wird, inklusive der Sicherheitsverbindungen.“

Damit bezog er sich auf die enge Sicherheitszusammenarbeit der palästinensischen Führung mit Israel. Diese ist einer der bemerkenswertesten Aspekte der komplexen Situation in Nahost. Denn so verhärtet die Fronten auch sein mögen, sind sich beide Seiten doch im Klaren darüber, dass sie, was die Sicherheitslage im Westjordan­land angeht, gemeinsame Interessen verfolgen.

So arbeiten die palästinensischen Sicherheitskräfte – Polizei und Geheimdienst – mit ihren israelischen Kollegen zusammen, etwa um Terroranschläge zu verhindern und mittelfristig ein Erstarken der Hamas, die im Gazastreifen herrscht, im Westjordanland zu unterbinden. Die Palästinenser teilen nachrichtendienstliche Informationen mit der israelischen Armee und arbeiten gemeinsam mit ihren Kollegen daran, die Lage im Westjordanland, etwa im Fall von Unruhen, stabil zu halten.

Die Kooperation geht zurück auf die Oslo-Verträge der neunziger Jahre, mit denen die Palästinensische Autonomiebehörde (PA) geschaffen wurde, der Abbas heute als Präsident vorsteht. Allerdings sind die Sicherheitskräfte der PA nur für jene Gegenden im Westjordanland verantwortlich, die unter voller Kontrolle der Palästinenser stehen: die sogenannte A-Zone, die etwa 18 Prozent des Territoriums des Westjordanlands ausmacht und in der Städte wie Ramallah liegen. In der B-Zone ist Israel mitverantwortlich, in der C-Zone allein zuständig.

Abbas unter Druck

Ob Abbas die Zusammen­arbeit aber tatsächlich aufkündigt, ist fraglich, auch wenn er seitens der Hamas und anderer Kritiker unter massivem Druck steht. Sie sehen in seiner PA ein ausführendes Organ der israelischen Besatzung. Abbas hat bereits etliche Male ein Ende der Zusammenarbeit angedroht, doch seinen Worten folgten nie Taten.

Sollte jedoch die israelische Regierung, die sich vor der Knesset-Wahl am 2. März momentan im Wahlkampf befindet, mit der ebenfalls mehrfach angekündigten Annektierung Ernst machen, würde der Druck auf Abbas steigen.

Eine Verletzung der Abkommen von Oslo

Mahmud Abbas, Palästinenserpräsident

Mit einem Ende der Sicherheitszusammenarbeit würde er dann allerdings an ebenjenen Oslo-Abkommen rütteln, die seine PA überhaupt erst geschaffen haben. In Kairo verteidigte er die Vereinbarungen am Samstag noch und warf den USA und Israel eine „Verletzung der Abkommen von Oslo“ vor.

Von der Arabischen Liga erhielt Abbas indes Rückendeckung: Trumps Nahostplan kritisierte die Organisation bei ihrem Treffen als „ungerecht“. Die arabischen Staaten würden nicht mit den USA kooperieren, um den Plan umzusetzen.

Während es nach der Vorstellung des Plans vielerorts weitgehend ruhig geblieben war – Massenproteste blieben aus –, kam es im Gazastreifen am Wochenende zu Konfrontationen. Die israelische Luftwaffe bombardierte mehrere Ziele der Hamas. Diese hatte zuvor Geschosse auf israelisches Gebiet abgefeuert.

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1 Kommentar

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  • "gemeinsame Interessen", naja, die Interessen von Abbas sind nicht gleichzusetzen mit den Interessen der Palästinenser. Er ist vor allem an seiner Macht interessiert, daher auch die Zusammenarbeit mit den USA und Israel. Zum Verhindern eines mittelfristigen "Erstarken der Hamas" gehört für ihn z.B. auch, dass er Hilfsgüter für Kinder in Gaza blockiert oder Israel darum bittet die Elektrizität zu drosseln. Er weiß das auch alles, sonst hätte er sich in den letzten 15 Jahren mal wieder zur Wahl gestellt...