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Shitstorm für schwedischen Spieler„Bastard“, „Gorilla“, „Hurensohn“

Schwedens Nationalspieler Jimmy Durmaz erhält nach dem Spiel gegen Deutschland Todesdrohungen. Sein Foul führte zu Kroos’ Last-Minute-Treffer.

Schiedsrichter Szymon Marcniak spricht nach dem Spiel mit Jimmy Durmaz Foto: AP

Stockholm taz | „Verdammter arabischer Bastard“, „ekliger Gorilla“, „selbstmordbombender Hurensohn“. Das Siegestor der deutschen Mannschaft durch den von Toni Kroos verwandelten Freistoß war erst wenige Minuten alt, als über Jimmy Durmaz ein Shitstorm hereinbrach. Auf den sozialen Medienkonten des 29-jährigen schwedischen Mittelfeldspielers, der in der Schlussminute das Foul an Timo Werner verursacht hatte – „Ja, ich habe seine Ferse getroffen“ –, häuften sich Beleidigungen, rassistische Beschimpfungen und sogar Todesdrohungen. Rund 3.000 Kommentare waren es allein unter Durmaz’ jüngstem Instagram-Foto.

Statt hasserfüllter Angriffe überwogen allerdings spätestens am Sonntagmorgen bereits Postings und Hashtags wie #stårmedJimmy­Durmaz, #backajimmydurmaz, #röttkorttillrasism, #kickoutracism oder #sägnejtillrasism, in denen Durmaz verteidigt und unterstützt wird.

Und auch seine Mitspieler sprangen ihm sofort zur Seite. „Kein Schatten fällt auf Jimmy, es gibt nichts Negatives gegen ihn zu sagen“, erklärte Albin Ekdal. „Man gewinnt als Mannschaft und man verliert als Mannschaft.“ Ähnlich äußerte sich Emi Forsberg: „Es irritiert mich wirklich und macht mich verdammt traurig, dass die Leute so wenig Respekt haben.“

Mannschaftskollege Pontus Jansson ist sich sicher, „dass der größte Teil der Schweden hinter Jimmy steht“. Der sei nicht nur „ein fantastischer Mensch“, sondern ohne seine Leistungen in den Qualifikationsspielen hätte es die Mannschaft womöglich gar nicht nach Russland geschafft. Und Jansson betont: „Rassismus hat im Fußball absolut nichts zu suchen!“

Große Unterstützung

Unter den aufmunternden Grüßen, die Durmaz erhielt, finden sich auch die Namen zahlreicher Künstler und schwedischer PolitikerInnen. Darunter die von Ebba Busch Thor, der Vorsitzenden der Christdemokraten, die Durmaz nicht nur für seinen Einsatz dankt, sondern sich auch „auf eure Revanche gegen Mexiko“ freut.

Durmaz selbst – geboren im schwedischen Örebro, seine Mutter stammt aus dem Libanon, der Vater aus der Türkei, der nach Malmö FF, Gençlerbirliği Ankara und Olympiakos Piräus nun beim FC Toulouse spielt – gibt sich gelassen. „Hasskommentare bin ich gewohnt. Die bekomme ich immer wieder. Die können mich ruhig weiter hassen.“ Und er fügt hinzu: „Sie sind mir auch egal. Wer glaubt, mir etwas sagen zu müssen, soll kommen und es mir ins Gesicht sagen: Ich stehe hier stolz und ich repräsentiere mein Land.“

Håkan Sjöstrand, Generalsekretär des schwedischen Fußballverbands, teilte am Sonntag mit, der Verband habe bei der Polizei Strafanzeige wegen Drohungen erstattet.

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5 Kommentare

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  • Seit den Nullerjahren, seit Sarrazin sein rassistisches Machwerk veröffentlicht hat, seit unsägliche Schund- und Hetz-Webportale (deren Namen ich hier nicht wiederholen brauche), seit (lange vor dem September 2015!) im Jahr 2013 eine Kloake sich zur politischen Partei AfD umetikettierte, seit dieser Zeit ist das gesellschaftliche Klima kontinuierlich von Rechtsaußen vergiftet worden. In anderen Ländern lief es ähnlich.

     

    In Dänemark bewirkten die Rechtspopulisten, dass Geflüchtete, die bereits in festen Winterunterkünften einquartiert worden waren, wieder raus in die Winterkälte 2015/16 in Zelte verfrachtet wurden. Pure Niedertracht.

     

    In GB fuhren die UKIP & Rechtsaußen-Tories eine Brexit-Kampagne, die knallhart rassistisch & fremdenfeindlich motiviert war. Am Tag nach dem Referendum klebten die ersten Aufkleber an Briefkästen von Arbeitsimmigranten "Raus mit euch!"

     

    Und in Schweden gibt´s die sich selbst "Schwedendemokraten" nennendem Rechtsextremisten, die zum Teil rechtsterroristische Urprünge haben.

     

    Rassismus hat Konjunktur. Rechtskonservative in CSU (und CDU wie Spahn & seine Zuarbeiter Linnemann, von Stetten) testen das Terrain aus, was "geht" in der politischen Auseinandersetzung. Mittlerweile fungieren Leute wie Dobrindt, Söder und Seehofer als Scharnier zwischen Rechtsradikalen und der diffusen "Mitte". Das Vokabular ("Überfluten", "Staatsversagen", "Kontrollverlust", "Asyltourismus", "Merkel hat alle eingeladen (wen... ganz Afrika? Die ganze Welt? Wer bietet Mehr?) "Alleingang".

     

    Phrasen, bis vor einem Jahr auf dem rechtsradikalen AfD-Spektrum beschränkt, gehen heute Leuten wie Söder ohne Wimpernzucken von den Lippen.

     

    Die Schäbigkeit, die immer wieder gleichen platten Phrasen, fast täglich mit BILD-Schlagzeile begleitet, finden schließlich im Geschrei des dunkeldeutschen Online-Mitläufertums seinen Widerhall. Egal ob in Deutschland, Österreich oder hier in Schweden.

     

    J. Durmaz war das letzte Opfer, ein Mann der einfach nur Fußball spielt.

  • Früher hat man solche Arschlöcher nicht wahrgenommen, sie hielten sich in ihren Filterkloaken auf, blieben unter sich und belästigten mich nicht mit ihren rassistischen Aussonderungen. Im Zeitalter der neuen Medien steigen sie aus ihren Kloaken ins Licht und versäuchen mir die Luft. Ich könnte fast schreien ; zensiert das Internet ! Sorry mir gehen gerade die Pferde durch.

  • Viel entscheidender ist das Verhalten der DFB-Offiziellen nach Spielende. Sie folgten der bösen 'Tradition' von 1958, da flogen die 'Wunder von Bern-Elf' gegen Schweden aus der WM. Was geschah danach? Schwedische Autos in Deutschland wurden demoliert, Schweden angegriffen, es gab Zeitungskommentare die voller Nazi-Deutsch waren a la 'Minderwertige Rasse' usw. 60 Jahre danach - nix dazugelernt . "....schlaaand" zum kotzen.

    • @Philippe Ressing:

      Nach NS Ideologie sind aber die Schweden keine "minderwertige Rasse."

  • Der „selbstmordbombende Hurensohn“ ist ein syrischer Christ. Dummes Nazipack, nicht mal bei Wikipedia nachschauen können die versoffenen Penner.