Sexuelle Übergriffe in Hamburg: Prozess endet mit Freisprüchen
Nach sexuellen Übergriffen auf Frauen in Hamburg ermittelten Polizei und Staatsanwaltschaft. Dabei hätten Beamte Fehler gemacht, kritisiert nun ein Gericht.
Die 18-Jährige habe sich vor der ersten Vernehmung bei der Polizei Bilder eines Fotografen anschauen können, die die Geschehnisse an der Reeperbahn und der Großen Freiheit dokumentierten. Erst danach sei sie befragt worden. Dieses Vorgehen verfälsche die Wiedererkennungsleistung der Zeugin, stellte das Gericht fest.
Die Angeklagten erhalten für ihre Zeit in Untersuchungshaft eine Entschädigung von 25 Euro pro Tag, insgesamt jeweils um 4.600 Euro. Richterin Anne Meier-Göring habe sich persönlich schockiert über die Ermittlungsfehler geäußert, sagte der Sprecher. Das Verfahren habe nach ihrer Ansicht gezeigt, wie leicht sich der Rechtsstaat unter dem Druck der öffentlichen Meinung, der Medien und der Politik erschüttern lasse.
Die Staatsanwaltschaft hatte den Angeklagten vorgeworfen, die junge Frau auf St. Pauli sexuell bedrängt zu haben. Sie hätten sich in der Silvesternacht mit weiteren, bislang nicht identifizierten Männern zu sexuellen Übergriffen verabredet. Die Verwirrung der Frauen hätten sie zu Diebstählen ausnutzen wollen. Einer von ihnen sollte versucht haben, das Handy der 18-Jährigen zu entwenden. Zum Prozessauftakt hatten die Angeklagten die Vorwürfe zurückgewiesen.
Insgesamt sollen in der Silvesternacht in Hamburg mehr als 400 Frauen belästigt worden sein. Bereits im Mai war ein erster Prozess um die Übergriffe mit einem Freispruch zu Ende gegangen. Ende August hatte die Strafkammer von Meier-Göring einen jungen Afghanen wegen sexueller Nötigung und Körperverletzung am Neujahrsmorgen zu einer Jugendstrafe von zwei Jahren auf Bewährung verurteilt. Diese Tat war in der Nähe des S-Bahnhofs Stellingen verübt worden.
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